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0459 - Reklame für den toten Boß

0459 - Reklame für den toten Boß

Titel: 0459 - Reklame für den toten Boß
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erzählen. Denn ich habe dir schon gesagt, daß ich meinen Onkel nur ganz flüchtig kannte und überrascht war, daß ich den ganzen Krempel übernehmen sollte.«
    »Einen Krempel, der immerhin seine zwanzig Millionen wert ist«, fügte Amalie hinzu.
    »Ich sehe, du bist gut informiert. Weißt du, was mich wundert?«
    »Nein.«
    »Daß Clayton dich nicht in seinem Testament berücksichtigt hat. Wo er doch Junggeselle war.«
    »Du täuscht dich in mir«, erwiderte sie beleidigt, »ich bin nicht irgendeine, die dem Geld nachläuft. Unsere Freundschaft war an bestimmte Regeln gebunden. Wir sahen uns selten mehr als beim Rennen. Es war mehr eine Interessengemeinschaft.«
    Sie machte eine Kunstpause und nippte an ihrem Brandy.
    »Auf unsere Interessengemeinschaft«, sagte ich und hob ebenfalls das Glas.
    »Schließlich war Clayton einige Jahrzehnte älter als ich«, fügte sie mit leise bebender Stimme hinzu, »in unserem Falle wäre das anders.«
    Sie brachte wieder einen verführerischen Augenaufschlag an, der garantiert männerwirksam war. Das Girl rückte immer näher an mich heran. Ich atmete ihr aufdringliches Parfüm ein.
    Einige männliche Gäste wurden auf uns aufmerksam. Diese Männer überschütteten mich mit neidischen Blicken.
    Ich bestellte zwei Whisky.
    »Hat mein Onkel eigentlich von mir gesprochen?« fragte ich nach einer Weile.
    »Nein, er sprach nie von sich«, antwortete sie geschickt, »vielleicht war Eifersucht im Spiel. Und er hätte allen Grund gehabt, eifersüchtig auf dich zu sein, Harry«, flüsterte sie und rückte noch dichter an mich heran.
    »Ich befürchte, daß du bei diesem Manöver jeden Augenblick vom Barhocker kippst.«
    »Danke«, erwiderte sie artig.
    »Sag mal, war Clayton nicht eifersüchtig auf deine anderen Verehrer?«
    Die Frage war mit einem Volltreffer zu vergleichen. Amalie runzelte die Stirn. Ihre Nasenflügel bebten.
    »Ich habe dir schon einmal gesagt, daß du dich irrst, ich mache mir nichts aus flüchtigen Männerbekanntschaften.«
    Gleichgültig, was sie im Schilde führte, Amalie spielte ihre Rolle ausgezeichnet. Sie legte ihre schmale Hand auf meinen Arm und sah mich an.
    »Du mußt mir glauben, daß es sich wirklich um eine flüchtige Bekanntschaft gehandelt hat, die sich auf das Rennen und einen anschließenden Barbesuch bezog«, sagte sie mit warmer Stimme. »Clayton war ein angenehmer Plauderer.«
    »Das kann ich leider nicht von mir sagen. Übrigens kanntest du seinen Butler?«
    »Nein, ich war noch nie in Claytons Marmorvilla.«
    »Aber du hast sie von außen gesehen.«
    »Nein, warum?«
    »Wie kommst du sonst auf Marmor?«
    »Ach, habe ich Marmor gesagt? Dann muß Clayton selbst davon gesprochen haben. Aber was ist mit dem Butler?«
    »Er ist in dieser Prachtvilla erschossen worden.«
    »Wie gräßlich.«
    »Ja, als ich heute ankam, fand ich seine Leiche. Er muß schon einige Tage tot sein. Weißt du, ob Clayton Feinde gehabt hat?«
    Sie schaute an mir Vorbei und schüttelte langsam den Kopf.
    Ich zog eine Dollarnote aus meiner Jackentasche, legte sie auf die Theke, nickte dem Mixer zu und rutschte vom Hocker.
    Als ich Amalie half, vom Hocker herunterzuklettern, ließ sie sich in meine Arme fallen.
    Sie fuhr mit ihrer linken Hand an ihre Stirn und murmelte:
    »Harry, du wirst es kaum glauben, aber ich bin total betrunken. Offenbar kann ich keinen Alkohol mehr vertragen. Bringst du mich bitte in mein Hotel?«
    »Gern«, sagte ich und führte sie zur Garderobe.
    Im Taxi sank Amalie an meine Schulter. Ihr breitkrempiger Hut lag neben mir auf der Sitzbank.
    »Fahr mit mir zum Airport«, bettelte sie, »laß uns verschwinden aus New York.« Ihre Finger krallten sich wie ein Schraubstock um meinen Arm.
    »Ich werde dich in deinem Hotel abliefern, dann wirst du ins Bett gehen und deinen angeblichen Rausch ausschlafen«, entgegnete ich.
    »Du mußt eine Tasse Mokka mit mir trinken.«
    Sie schlug die Augen auf und setzte sich aufrecht. Dabei ließ sie meinen Arm los und ordnete mit wenigen Griffen ihre Frisur.
    Amalie trippelte auf die Rezeption /.u und ließ sich einen Zimmerschlüssel aushändigen. Sie schwenkte ihn in der linken Hand und gab mir mit dem Kopf einen Wink, ihr zum Aufzug zu folgen. Plötzlich schien sie wieder nüchtern.
    Das Girl drückte den sechsten Stock. Nach der Zimmernummer mußte ihr Apartment jedoch im achten liegen.
    Der Lift sauste völlig geräuschlos nach oben. Wir stiegen im sechsten aus. Ich ließ Amalie vorangehen. Sie trippelte über den
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