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043 - Der Mann von Marokko

043 - Der Mann von Marokko

Titel: 043 - Der Mann von Marokko
Autoren: Edgar Wallace
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eine Anstellung als Nachtwächter hatte. Morlake wollte durch das Warenhaus nur seinem Ziel, einer Bank, näher kommen. Auf dem Weg durch das Geschäftshaus hatte er Binger bewußtlos auf dem Boden gefunden. Der Mann war durch ein offenes Oberlicht gefallen und hatte sich schwer verletzt. Morlake verband ihn so gut wie möglich und brachte ihn in ein Hospital.
    Binger vermutete, daß ›der Schwarze‹ der Schrecken aller Bankdirektoren des Landes, sein Wohltäter war. Auf diese Weise waren die beiden zusammengekommen. Für James Morlake konnte keine große Gefahr daraus entstehen, denn er war ein Menschenkenner und wußte, daß Binger ihm treu ergeben war.
    »Vielleicht werde ich in den nächsten Tagen ein ehrenwertes Mitglied der Gesellschaft, Binger«, sagte er lachend.
    »Das hoffe ich inständigst. Ich bete jeden Tag darum«, sagte der Mann ernst. »Es ist kein schöner Beruf - Sie sind immer die ganzen Nächte fort - das schadet der Gesundheit! Und als alter Soldat kann ich Ihnen nur sagen, daß Ehrlichkeit die beste Politik ist.«
    »Davon bin ich auch überzeugt. Aber nun hören Sie einmal zu. Mein Wagen soll an der Ecke der Albemarle Street auf mich warten, und zwar um zwei Uhr in der Nacht. Es regnet ein wenig, das Verdeck muß hochgeschlagen werden. Stecken Sie hinten eine Nummer von Oxford an, die Sussex-Nummer legen Sie unter den Sitz. Eine Thermosflasche mit Kaffee und ein paar Butterbrote - das ist alles.«
    »Gut Glück!« sagte Binger mit schwacher Stimme.
    »Ich wollte, Sie meinten das auch wirklich«, entgegnete James Morlake, als er sich erhob, den langen, schwarzen Mantel vom Diwan nahm und die Pistole und das Werkzeug in die Tasche steckte ...

2
    Stephens, der Butler in Creith House, las in der Morgenzeitung, daß ›der Schwarze‹ wieder einen Einbruch verübt hatte. In raffinierter Weise war der Mann in die Burlington-Bank eingedrungen, hatte die Wachleute betäubt und die Alarmvorrichtungen unbrauchbar gemacht. Stephens war eine mitteilsame Natur und erzählte die Neuigkeit seinem Herrn, als er ihm den Morgenkaffee servierte. Hätte er dieselbe Geschichte dem Gast berichtet, der sich gerade im Haus aufhielt, so würde er eine größere Sensation hervorgerufen haben. Aber aus vielen Gründen konnte er Mr. Ralph Hamon nicht leiden. Bei seinen ersten Besuchen war dieser Herr dem Lord gege nüber sehr höflich gewesen, hatte sich in Gegenwart der jungen Lady bescheiden benommen und sich die größte Mühe gegeben, ihr zu gefallen. Aber mit der Zeit hatte sich das Verhalten des Finanzmannes gegenüber der Familie des Lords bedeutend geändert, und Stephens war aufgebracht und böse darüber.
    Er stand am großen Fenster des getäfelten Bankettsaals und starrte über die breite grüne Rasenfläche zu dem Fluß hinüber, der im Norden die Grenze des Landsitzes bildete. Es war ein herrlicher Frühherbstmorgen, und die Bäume glänzten noch in grünem Laub. Nur hier und dort färbten sich schon einige Blätter gelb und rot. Besonders schön leuchteten die Baumgruppen auf No Man's Hill.
    »Guten Morgen, Stephens!«
    Der Butler drehte sich schuldbewußt um, als er die Stimme des Mannes hörte, an den er eben gedacht hatte.
    Ralph Hamon war geräuschlos eingetreten. Er war von mittlerer Größe, hatte eine gedrungene Gestalt und neigte etwas zur Korpulenz. Stephens schätzte ihn auf fünfundvierzig. Hamons großes Gesicht war bleich und im allgemeinen ausdruckslos. Die hohe, kahle Stirn, die dunklen, tiefliegenden Augen und die harten Linien seines wenig schönen Mundes deuteten auf Klugheit und Geschicklichkeit. Die Kahlheit des Kopfes war noch deutlicher zu sehen, als er sich bückte, um eine Stecknadel vom Parkett aufzuheben.
    »Das nennt man Glück«, sagte er und steckte sie unter die Klappe seines eleganten Anzugs. »Besser kann man den Tag gar nicht anfangen, als daß man etwas findet, was man gebrauchen kann.«
    Stephens hatte auf der Zunge, daß die Stecknadel schon jemand gehörte, aber er beherrschte sich.
    »Der Schwarze war wieder an der Arbeit«, erwiderte er nur.
    Hamon runzelte die Stirn und nahm ihm hastig die Zeitung aus der Hand.
    »Der Schwarze - wo denn?«
    Während er den Artikel las, verdüsterten sich seine Züge noch mehr.
    »Diesmal hat er die Burlington-Bank erwischt«, sagte er zu sich selbst. »Ich möchte nur wissen . ..?« Er warf Stephens einen Blick zu. »Sonderbar. Ist Lord Creith schon heruntergekommen?«
    »Nein.«
    »Und Lady Joan?«
    »Die Lady ist vor einer Stunde
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