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03 - Der Herr der Wölfe

03 - Der Herr der Wölfe

Titel: 03 - Der Herr der Wölfe
Autoren: Heather Graham
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unterwerfen. Im Hof tobten immer noch erbitterte Kämpfe. Die Gräfin wurde nicht mehr gebraucht, um ihre Männer zu befehligen, also konnte sie sich an einen sicheren Ort zurückziehen.
    »Ich bin durchaus imstande, für mich selber zu sorgen, Philippe«, beteuerte sie. »Rasch, kümmert Euch um unsere Leute ! «
    Ihre Entscheidung schien ihm zu missfallen, doch sie gab ihm keine Zeit zu widersprechen. Sie eilte zu den Turmstufen und stieg hinauf, so schnell es das Gewicht ihrer Rüstung erlaubte. Nun musste sie erst einmal ihre Gedanken ordnen. Wie sollte sie ihn begrüßen? War das überhaupt nötig? Gab es keine Möglichkeit, einfach davonzulaufen? Aber wollte sie das? Vielleicht war die Zeit gekommen, wo sie beide vereint werden sollten.
    Eine Stufe war zerbrochen, von der Wucht einer herabstürzenden Axt getroffen. Melisande sprang über die Lücke hinweg und floh zu ihrem Turmzimmer. Dort riss sie sich hastig die Rüstung vom Körper, obwohl sie ihre eigene Feigheit verachtete. Aber sie hoffte, ihr Anblick wäre ihm auf dem Schlachtfeld entgangen und er würde nicht glauben, dass sie ihm das Tor absichtlich versperrt hatte.
    Närrin, schalt sie sich. Feigling! Sie war hier die Gräfin, r nur der jüngere Sohn eines Königs, der sein Glück suchte und sich an ihrem rechtmäßigen Erbe bereichern wollte. Nein, sie brauchte weder Furcht noch Demut zu zeigen. ,
    Zusammenmit der Rüstung hatte sie auch ihr Schwert fallen lassen. Nun hob sie es auf und schaute sich unbehaglich im Zimmer um.
    Ihr Blick streifte das Bett, die kühlen, sauberen Leintücher und die Pelzdecke. Krampfhaft schluckte sie und zitterte wieder.
    Hier wollte sie nicht zur Rede gestellt werden. Sie eilte hinaus zur Brustwehr und schaute in den Hof hinab. Ihr Herz drohte stehenzubleiben, als sie seinem Blick begegnete. Hitze und Kälte, Feuer und Eis …

     

Kapitel 2
    Conar MacAuliffe saß auf seinem großen Schlachtross und erwiderte ihren Blick. Endlich, dachte er. Da stand sie, die kleine Furie, hoch oben an der Brustwehr, in ihrer ganzen Schönheit. Er konnte es kaum erwarten, sie zwischen seine Finger zu bekommen. Umgeben vom Kampfgewühl, das allmählich erstarb, schaute er zu ihr hinauf. Durch die Rauchwolken, die von brennendem Öl und Flammenpfeilen aufstiegen, betrachtete sie ihn. Nie zuvor hatte ihn jemand so verächtlich angesehen, und er fragte sich, warum sie das wagte - jetzt, wo er sein Recht auf die Festung unter Beweis gestellt und gesiegt hatte.
    Sie zitterte nicht. Vielleicht fühlte sie sich in Sicherheit, weil sie weit genug von ihm entfernt war, obwohl er sie mühelos mit wenigen Schritten erreichen konnte. Er brauchte nur abzusteigen und die steinerne Turmtreppe hinauszustürmen.
    Aber seine Nähe schien sie nicht zu erschrecken. Hochnäsig starrte sie herab, und er musterte sie prüfend. So lange hatte er sie nicht gesehen. Sie war eine ungewöhnliche Frau, sehr groß für ihr Geschlecht. Wenn sie ihm gegenüberstand, würde sie den Kopf kaum heben müssen, um ihm in die Augen zu sehen. Ihr üppiges, prachtvolles schwarzes Haar schimmerte wie eine mondlose Nacht. Leicht gewellt wie Vogelgefieder lag es auf ihrem Rücken. Ihr Gesicht leuchtete hell wie Elfenbein mit rosigen Wangen und schön geschwungenen roten Lippen. Allen Göttinnen oder christlichen Engeln konnte sie das Wasser reichen.
    Doch man musste sie wohl eher mit den Göttinnen vergleichen, denn einige waren bekannt für ihr wildes Temperament und ihre Launen. Keinesfalls konnte man sie als Engel bezeichnen. Der würde sich freundlich und gütig zeigen, ohne diesen herausfordernden, vernichtenden Blick. Unbeugsamer Stolz straffte ihren Rücken. Nein, Demut zählte nicht zu ihren Tugenden, das wusste Conar längst.
    Sie hatte sich nicht verändert und unterschied sich kaum von dem Kind, das ihm vor so langer Zeit begegnet war. Am Tag ihres Triumphes, den sie mir verdankt, erinnerte er sich und unterdrückte ein Grinsen. Aber das waren andere Zeiten gewesen. Damals hatten sie ihre Streitkräfte vereint und den Sieg errungen. Jetzt hatte sie seine Hilfe in Anspruch genommen und ihm das Tor verschlossen. Aber er war durch die Mauer gestürmt, und nun sollte sie ihm nicht noch einmal entrinnen. Weder Arglist noch Kampfkraft oder Zorn würden ihr nützen.
    Lächelnd versuchte er, die Farbe ihrer Augen auszumachen, die er so gut kannte. Er klappte das Visier seines Helms hoch, wollte ihr sein Gesicht zeigen und fragte sich, ob dieser Anblick den Trotz aus ihrer
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