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0236 - Ich ging in die Höhle des Löwen

0236 - Ich ging in die Höhle des Löwen

Titel: 0236 - Ich ging in die Höhle des Löwen
Autoren: Ich ging in die Höhle des Löwen
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Freundschaft«, sagte er.
    Wenige Minuten nachdem Fred gegangen war, kam der Schließer herein, ein alter Mann kurz vor der Pensionsgrenze.
    »Haben sie dir zu essen gegeben?« fragte er. Ich verneinte.
    »Ich dachte es mir. Ich werde dir etwas besorgen.«
    Er schlurfte wieder hinaus und kam nach einiger Zeit mit einer großen Tasse Tee und einigen Sandwiches zurück, die offenbar aus seinen eigenen Beständen stammten.
    Der alte Schließer war der erste anständige Mensch, dem ich in diesem merkwürdigen Polizeipräsidium begegnete, Leutnant Tom Tarner ausgenommen.
    ***
    Nicht Sergeant Bred holte mich am anderen Morgen, sondern zwei Cops waren es, die ich noch nicht gesehen hatte. Sie brachten mich nicht in das Vernehmungszimmer 3, sondern in das Zimmer des Polizeichefs selbst.
    Chester Walbrun thronte in einem mächtigen Schreibtischsessel. Ich mußte mich in einen Holzsessel setzen. Meine Hände wurden an den Lehnen festgeschnallt.
    Mit einer Handbewegung scheuchte Walbrun die Cops hinaus. Er musterte mich eine Weile.
    Schließlich entnahm er einer Kiste eine riesige Zigarre, biß die Spitze ab, spuckte sie ins Zimmer und steckte sich das Ding umständlich zwischen die Lippen.
    Er öffnete einen Aktenordner, der vor ihm lag und begann seinen Inhalt zu studieren. Ich schien für ihn nicht zu existieren.
    Plötzlich hob er den Walroßschädel und schrie mich an:
    »Du hast gestern kein Geständnis abgelegt! Hier in dem Protokoll steht, daß du des Raubes dringend verdächtigt bist, und daß dein Verbleib in der Haft auf unbeschränkte Zeit gerechtfertigt erscheint.«
    »Ich habe kein Protokoll unterschrieben«, antwortete ich, »und der Quatsch, den Ihr Leutnant zusammenschmiert, interessiert mich nicht.«
    »Du wirst schon noch ein Protokoll unterschreiben«, bellte er, »das Protokoll, in dem dein Geständnis steht.«
    »Ich habe noch nie so komische Methoden erlebt wie in Ihrem Verein, Chef.« Er stieß seinen Zeigefinger gegen mich vor.
    »Aha, du hast also nicht zum ersten Male mit der Polizei zu tun.«
    »Haben Sie nicht gesehen, daß ich erst vor einigen Monaten aus dem Kittchen entlassen wurde? Der Entlassungsschein liegt bei meinen Papieren. Sie könnten sich denken, Chef, daß ich vorher mit der Polizei in Berührung kam, oder haben Sie angenommen, der Staatsanwalt hätte mich persönlich eingefangen.«
    »Noch ’ne freche Bemerkung, und ich setze dich auf Wasser und Brot!«
    Ich hörte, daß die Tür geöffnet wurde. Walbrun hob den Kopf und fragte:
    »Was willst du hier? Ich habe dir tausendmal gesagt, du sollst nicht während der Dienstzeit her kommen.«
    »Chess, ich muß dich aber sprechen.«
    Die Dame tauchte in meinem Gesichtskreis auf. Sie ging um den Schreibtisch herum und auf den Polizeichef zu, der wütend seine Zigarre in den Aschenbecher legte und sich aus dem Sessel hochwuchtete.
    »’raus mit dir, Lil!« knurrte er, aber er knurrte es in einem gewissen Sinne auf zärtliche Weise.
    Ich will nicht behaupten, daß die so plötzlich aufgetauchte Lil ein Klassegirl war, aber es war ’ne ganze Menge an ihr dran. Sie mochte zwanzig Jahre oder mehr Jahre jünger sein als Walbrun, und sie hatte eine Art, sich zu bewegen, die einen Tobsüchtigen milde, und einen Sanftmütigen wild machen konnte.
    Ohne mich zu beachten, schmiegte sie sich in Walbruns Arme.
    »Behandle mich nicht grob«, schmollte sie. Es klang wie Katzenschnurren, aber ich konnte ihre Augen sehen, die einen harten und wachen Blick hatten.
    Walbrun versuchte, sie von sich abzuschieben.
    »Chess, es handelt sich um eine Kleinigkeit, aber für mich ist es sehr wichtig.«
    Walbrun kapitulierte.
    »Gut, sprechen wir draußen darüber.«
    Jetzt, da sie ihren Willen durchgesetzt hatte, schien Lil es nicht mehr eilig zu haben. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit mir zu.
    »Was hat den Mann verbrochen?« fragte sie und betrachtete mich, als wäre ich ein gefährliches Tier im Zoo.
    »Was geht es dich an?«
    »Chess, ich möchte es aber wissen. Bitte, sage es mir!«
    Ich hatte schon bei unserer ersten Begegnung gemerkt, daß Walbruns Nerven miserabel waren. Er vermochte seinen Willen nicht durchzusetzen.
    »Er hat die ›Alte Carolina-Bank‹ ausgeraubt.«
    »Oh, das ist der ›Einzelgänger‹. Offensichtlich gewann ich für Lil an Interesse.«
    Ich grinste. »Chef, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie sich inkorrekt ausdrücken. Ich habe die Bank nicht ausgeraubt, sondern Sie verdächtigen mich, es getan zu haben.«
    Miß Lil runzelte die
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