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0232 - Die Melodie der Tommy-Gun

0232 - Die Melodie der Tommy-Gun

Titel: 0232 - Die Melodie der Tommy-Gun
Autoren: Die Melodie der Tommy-Gun
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mir eine an und ließ sie im Mundwinkel hängen, damit der Rauch in meine Nase steigen konnte.
    Ich knipste die Lampe aus und versuchte mir klarzumachen, dass ich vielleicht viele Stunden würde warten müssen. Ich weiß nicht mehr, wie viele Zigarettenreste ich hinab in die gurgelnden Fluten hatte fallen lassen, als sich ein fernes Krachen in unzähligen Widerhallen durch die Tunnel und Kanäle brach. Die Echos schienen aus allen Richtungen dieses Labyrinths gleichzeitig zu kommen. Es war völlig unmöglich, die wahre Herkunft dieses Lärms allein dem Gehör nach festzustellen.
    Ich warf die gerade angerauchte Zigarette hastig hinab in den Kanal, nahm die Taschenlampe, ohne sie einzuschalten, in die linke, die Pistole in die rechte Hand und wartete. Das letzte Echo des Kraches verrollte irgendwo in der Ferne wie ein langsam verklingender Donner. Lange Zeit umgab mich nichts anderes als die feuchte Finsternis und das brausende Gurgeln der Abwässer. Dann war es mir, als hätte ich irgendwo in dieser undurchdringlichen Dunkelheit die hastigen, hallenden Schritte eines Mannes gehört. Wieder wurden sie von den Echos aus hundert und aber hundert Tunneln, Kanälen, Querkanälen und Seitengängen vervielfältigt, sodass es gänzlich unmöglich war, Ursprung und Echo auseinander zu halten. Dennoch schien es mir, als ob diese Schritte sich näherten. Wenig später gellte ein eigenartiger, unbeschreiblicher Laut lang gezogen und sofort von den Echos übernommen durch das unterirdische Gewirr der Kanäle. Gleich darauf gab es einen zweiten, jetzt aber lauteren Krach, und diesmal war ich sicher, dass es der Krach einer abgeschossenen Pistole war.
    Ich lauschte angestrengt. Auf einmal waren die Schritte so nah, dass ich sie deutlich von ihrem Echo unterscheiden konnte. Die Schritte selbst waren heller, metallischer, während das Echo dumpfer klang.
    Ganz in der Nähe musste ein Seitenkanal münden, denn aus diesem kam der Lärm der Schritte. Dumpf und undeutlich hörte ich, wie eine Stimme, die weiter entfernt zu sein schien als die Schritte, lang gezogen rief:
    »Haaalt! Steeehenbleiben! Ich schieße!« Aber so undeutlich diese Stimme auch klang, ich erkannte doch, dass es Phils Stimme war. Irgendwie musste er dem zweiten Drysen von sich aus auf die Spur gekommen sein. Wir hatten ihn also zwischen uns.
    Urplötzlich verstummten die Schritte. Abermals krachte ein Schuss, und das Echo brach sich donnernd an den Wänden.
    Ich drückte mich mit dem Rücken an die feuchte Mauer hinter mir und lauschte. Wieder gab es nichts anderes als das dumpfe Brausen in der undurchdringlichen Finsternis. Ich spürte, wie eine nervöse Spannung sich in mir ausbreitete. Meine Handflächen wurden feucht.
    Eine Sekunde schien sich zu einer halben Ewigkeit auszudehnen. Und dann wusste ich auf einmal, dass Drysen in meiner unmittelbaren Nähe sein musste. Ich konnte ihn nicht sehen, nicht hören, ja nicht einmal den Luftzug seines Atems fühlen, aber irgendetwas sagte mir, dass er dicht bei mir stehen musste. Ich fühlte sogar, auf welcher Seite er stand. Oder bildete ich es mir nur ein, weil ich wusste, aus welcher Richtung seine Schritte gekommen waren?
    Mit dem linken Daumen suchte ich den kleinen Knopf, mit dem die Taschenlampe ein- und ausgeschaltet wurde. Als ich ihn gefunden hatte, stemmte ich den Daumennagel dagegen und drückte den Knopf nach vorn.
    Licht flammte auf. Wie ein Geisterfinger schnitt der Lichtkegel durch die Finsternis. Ich hatte die Taschenlampe zu tief gehalten. Der braunkarierte Stoff eines Campingbeutels schien im Lichtkegel meiner Lampe wie in einem leeren Raum zu schweben. Als ich die Lampe hob, gerieten die beiden bläulich schimmernden Nylonstrippen ins Licht, die von einer Männerhand gehalten wurden.
    Es ging alles viel schneller, als es sich beschreiben lässt. Wie ein Blitz durchfuhr mich die jähe Erkenntnis, dass ich ihm jetzt ein gutes Ziel bot.
    Noch ehe ich auch nur seinen Oberkörper im Lichtschein hatte, ließ ich mich flach nach vorn fallen. Es war keine Sekunde zu früh. Dicht an meinem rechten Ohr vorbei zischte ein Stahlmantelgeschoss, während der Lärm des Schusses meine Trommelfelle bis zum Zerreißen spannte und sekundenlang schrill nachklang.
    Ich hätte selbst nach vorn feuern können, aber ich hatte Angst, dass Phil vielleicht im selben Augenblick aus dem Seitenkanal heraus auftauchen könnte. Er wäre dann so gut wie Drysen in der Schusslinie gewesen. Noch im Fallen hatte ich mit dem Daumennagel
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