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0153 - Die kleinen Riesen

0153 - Die kleinen Riesen

Titel: 0153 - Die kleinen Riesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Fuchs«, sagte sie heiser. »Er wollte zum Kaninchenstall. Ich habe ihn ver jagt.«
    »Toll!« sagte das Mädchen. Ihre Augen strahlten.
    »Jetzt geh aber schlafen. Gute Nacht!«
    Iris eilte wieder zurück. »Und mach dein Fenster fest zu. Laß die Rolläden herunter«, rief ihr Monika nach.
    »Warum? Es ist eine so schöne, warme Nacht!«
    »Vielleicht kommt der Fuchs wieder. Möchtest du, daß er in dein Zimmer kommt?«
    Wenig später hörte sie, wie sich die Rolläden senkten. Sie atmete erleichtert auf. Hier in der Stadt, dachte sie, gibt es keine Füchse.
    Dann legte sie die Pistole auf den Schreibtisch und starrte das Telefon an. Sollte sie die Polizei anrufen?
    Aber – vielleicht war sie nur einer Halluzination erlegen. Denn für einen Menschen war die seltsame, dunkle Gestalt, die sich nur als Schatten gezeigt hatte, viel zu breit gewesen…
    ***
    Monika Burger fand in dieser Nacht keinen Schlaf. Immer wieder mußte sie an die rätselhafte Schattengestalt denken, die sie zu sehen geglaubt hatte. Wer war das gewesen? Oder – was? Sie entsann sich, daß Iris nach einem Zyklopen gefragt hatte. Gab es einen Zusammenhang? Monika hatte gehört, daß kindliche Fantasie zuweilen hellseherische Fähigkeiten erreichen sollte. »Bei Kindern«, hatte der Parapsychologe gesagt, dessen Vortrag sie einmal mit halbem Ohr gehört hatte, »sind die parapsychologischen Fähigkeiten, die wir in der Steinzeit alle einmal besaßen, zuweilen noch schwach vorhanden. Je älter sie werden, desto schwächer werden diese Fähigkeiten, bis sie schließlich ganz verdrängt werden.«
    Sie wußte nicht mehr, in welchem Zusammenhang der Mann das gesagt hatte. Jetzt aber machten ihr diese Worte zu schaffen. Die Odyssee – der Zyklop… hatte sie nicht Iris mit den Worten beruhigt, daß Polyphem längst tot war? Und kurz darauf hatte sie im Garten den Schatten gesehen, der von seiner übermenschlichen Breite her durchaus ein Riese sein konnte, wenn sie es so sah!
    Aber es fehlte ihm an der Größe! Die Proportionen stimmten einfach nicht!
    Warum mußte Heinz ausgerechnet jetzt in Italien sein! Sie sehnte sich plötzlich nach jemandem, dem sie völlig vertrauen konnte, mit dem sie sich über die Erscheinung aussprechen konnte. Immer wieder trat sie an die Terrassentür, sah hinaus, ob sich etwas bewegte.
    Doch der Schatten tauchte nicht wieder auf.
    Sie konnte nicht einschlafen. Ein normaler Einbrecher hätte ihr nicht solches Kopfzerbrechen beschert. Aber das hier – es war kein Schatten gewesen, der über den Boden glitt; kein Schatten, wie ihn ein Mensch im Mondlicht wirft. Sondern das, was sie als Schatten ansah, waren die im Gegenlicht als dunkles Etwas erkennbaren Konturen eines Wesens gewesen, so, wie es dort stand und sich bewegt hatte.
    Aber es gab keine Menschen, die so breit und verzerrt in ihren Körperformen waren. Das aber bedeutete…
    Sie erhob sich, ging zum Telefon und hob ab. Der durchdringende Ton klang in ihr Ohr. Aber sie wählte nicht. Sie hatte die Polizei anrufen wollen, doch wieder entschied sie sich dagegen. Was sollte sie den Beamten sagen?
    Ich habe ein Gespenst gesehen!
    Irgendwann wurde es hell. Die Pistole schußbereit in der Hand, wagte sie sich wieder nach draußen, während die Sonne über die Hügel kroch. Sie sah sich die Stelle an, wo sie die Gestalt zu sehen geglaubt hatte. Das Gras war dort tatsächlich niedergetreten, hatte sich aber schon wieder fast völlig aufgerichtet. Aber an einer Stelle war das Wesen auf frisches Erdreich getreten, war zu nahe an einem Baum entlanggehuscht, dort, wo die irdenen Kreise sich um die Stämme formten.
    Monika erschauerte.
    Der Fußabdruck besaß eine Länge von über einem halben Meter…!
    ***
    Später brachte sie Iris zur Schule. Normalerweise ging das Mädchen allein, aber an diesem Morgen hatte Monika Burger einfach Angst, daß etwas geschehen konnte. Der gigantische Fußabdruck jener seltsamen Kreatur war der letzte Beweis für die Existenz des Monsters gewesen. Monika wollte ihre Tochter auf keinen Fall allein gehen lassen. Vielleicht lauerte der Koloß irgendwo…
    Das neunjährige Mädchen ahnte nicht, daß in der Handtasche ihrer Mutter die entsicherte Astra lag, wieder voll aufgeladen und schußbereit…
    »Ich hole dich heute mittag wieder ab«, versprach sie bei Erreichen des Schulgeländes. »Warte auf mich, geh nicht allein.«
    Iris wunderte sich wohl darüber, aber Monika wagte nicht, ihrer Tochter die Wahrheit zu sagen. Langsam ging sie die
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