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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I
Autoren: Karl May
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Vorwürfe später, mein heißgeliebter Sir, und sagt mir lieber, ob meine Mary noch vorhanden ist!“
    „Sie ist bei uns.“
    „Und die Liddy?“
    „Der Schießprügel? Den haben wir auch gerettet.“
    „Dann ist ja alles, alles gut, wenn ich mich nicht irre. Kommt, laßt uns machen, daß wir von hier fortkommen! Es ist beinahe langweilig hier.“
    „Geduld, Geduld, bester Sam! Ihr tut ja, als ob es gar nichts auf sich hätte und das reine Kinderspiel wäre, hierher zu kommen und Euch loszumachen.“
    „Das ist es auch, Kinderspiel, aber nur für Euch. Möchte wissen, was Ihr nicht fertig brächtet. Würdet mich sogar vom Mond herunterholen, wenn ich mich hinauf verlaufen hätte – hihihihi!“
    „Lacht nur immer! Ich merke daraus, daß es Euch nicht allzu schlecht ergangen ist.“
    „Schlecht? Was fällt Euch ein! Gut habe ich es gehabt, außerordentlich gut! Jeder Kiowa hat mich wie sein eigenes Kind geliebt; ich bin vor lauter Liebkosungen, Herzen und Küssen gar nicht zu Verstand gekommen; wie eine Braut haben sie mich gefüttert, und wenn ich schlafen wollte, brauchte ich mich gar nicht erst niederzulegen, denn ich lag überhaupt stets auf dem Rücken.“
    „Hat man Euch ausgebeutelt?“
    „Allerdings. Die Taschen sind mir leer gemacht worden.“
    „Werdet alles wiederbekommen, falls es noch da ist. Die Beratung scheint zu Ende zu sein.“
    Ich erklärte dem Häuptling, daß ich nun nicht mehr länger warten dürfe, wenn sein Sohn am Leben bleiben solle, und es begann nun eine zwar kurze, aber außerordentlich energische Verhandlung, aus welcher ich als Sieger hervorging, weil ich nicht im geringsten nachgab und der Häuptling Angst um seinen Sohn hatte. Die Schlußbestimmung war, daß vier bewaffnete Krieger in zwei Kanus mich und Sam begleiten und unsere beiden Gefangenen in Empfang nehmen sollten. Für den Fall, daß uns noch mehrere Kiowas heimlich folgen sollten, drohte ich mit Pidas Tod.
    Es war eigentlich viel von mir verlangt, mir Sam mitzugeben; ich konnte doch den vier uns begleitenden Indianern ein Schnippchen schlagen; aber man glaubte meinen Worten und hat Old Shatterhand auch später stets geglaubt. Wohin wir rudern würden, das sagte ich natürlich nicht. Als dem kleinen Sam die Hände entfesselt worden waren, warf er die kurzen Arme in die Luft und rief:
    „Frei, wieder frei! Das werde ich Euch nie vergessen, Sir! Und werde auch nie wieder nach links hinaufrennen, wenn Eure gesegneten Beine nach rechts hinunterlaufen.“
    Als wir uns zum Gehen anschickten, gab es hier und dort ein zorniges Gemurmel. Die Indsmen ärgerten sich doch gewaltig, daß sie den Gefangenen und sogar mich fortlassen mußten, und Tangua zischte mir noch zu:
    „Bis zur Rückkehr meines Sohnes bist du sicher; dann aber wird der ganze Stamm hinter dir her sein und dich verfolgen. Wir werden deine Spur finden und dich ergreifen, und wenn du durch die Luft davonreiten solltest!“
    Ich hielt es nicht für nötig, auf diese bissige Drohung eine Antwort zu geben, und führte Sam und die vier Kiowas nach dem Fluß, wo wir je zwei und zwei, ich natürlich mit Sam, in ein Kanu stiegen. Von dem Augenblick an, wo wir vom Ufer stießen, folgte uns ein Geheul, bis wir so weit fort waren, daß wir es nicht mehr hören konnten.
    Während ich steuerte, mußte ich Sam erzählen, was seit seiner Gefangennahme geschehen war. Er bedauerte es, daß Winnetou sich hatte von uns trennen müssen, beklagte es aber auch nicht allzu sehr, weil er sich vor den Vorwürfen des Apachen gefürchtet hatte.
    Wir landeten trotz der Dunkelheit glücklich an der Insel und wurden von Dick Stone und Will Parker jubelnd in Empfang genommen. Sie waren sich erst nach meiner Entfernung der Größe meines Wagnisses recht bewußt geworden.
    Wir lieferten die beiden Gefangenen ab, die uns kein Wort des Abschieds sagten, und warteten, bis wir die Ruderschläge der zurückkehrenden Kanus nicht mehr hörten; dann stiegen wir auf unsere Pferde und lenkten sie nach der linken Seite des Flusses hinüber. Es galt, in dieser Nacht einen tüchtigen Ritt zu tun, und da war es gut, daß Sam die Gegend leidlich kannte. Er richtete sich auf seiner Mary im Sattel auf, erhob die Faust, nach rückwärts drohend, und sagte:
    „Jetzt stecken sie da droben die Köpfe und die Schädel zusammen, um zu beraten, wie sie uns wieder in ihre Vorderfüße bekommen. Sollen sich wundern! Sam Hawkens ist nicht wieder so dumm, in einem Loch stecken zu bleiben, aus welchem ihn ein
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