0065 - Gefangen in der Mikrowelt
rochen förmlich, wo sich ihre Gegnerin, die blondhaarige Jane Collins, aufhielt…
***
Zamorra lächelte, doch es war kein fröhliches, unbekümmertes Lächeln, sondern das eines Mannes, der genau wußte, was er wollte, und den Ernst der Lage erkannt hatte.
Er begrüßte Jane Collins, die er aus London kannte, und auch Nicole Duval und Jane gaben sich die Hand.
Die beiden Frauen hatten sich von Beginn an verstanden, es gab keine unterschwellige Eifersucht, wie das so oft bei Frauen der Fall ist.
Der Professor merkte, daß etwas passiert war. Er sah es auch an den kalkweißen Gesichtern der beiden Polizisten.
Zamorra stellte sich vor.
»Ich kenne Sie«, antwortete Fleuvee. »Vom Bild aus der Zeitung.« Der Kommissar räusperte sich. »Und ich will Ihnen ehrlich sagen, Professor, bisher stand ich Ihnen skeptisch gegenüber, nun aber habe ich meine Meinung geändert.«
»Ich kenne das«, erwiderte der Parapsychologe. »Meist ist dann bereits das Kind in den Brunnen gefallen.«
»Wie auch hier«, gab der Kommissar zu.
Zamorra begrüßte auch Montini und erkundigte sich anschließend, was genau vorgefallen war.
Fleuvee brauchte nicht viel zu sagen. Er ging zum Schreibtisch und legte beide Hände auf den Kartondeckel. »Haben Sie starke Nerven, Monsieur?«
»Ja.«
»Die Mademoiselle auch?«
Nicole lächelte etwas verkrampft. »Ich bin einiges gewöhnt, müssen Sie wissen.«
»Gut, dann sehen Sie her!«
Mit einem Ruck hob Kommissar Fleuvee den Deckel hoch.
Zamorra und Nicole schauten in den Karton. Obwohl der Kommissar sie gewarnt hatte, schrie Nicole doch auf.
Sie wankte zurück und preßte beide Hände gegen den Mund. »Das darf nicht wahr sein«, ächzte die Französin.
Zamorra aber stand neben ihr und preßte die Lippen so hart zusammen, bis sie nur noch einen schmalen Strich bildeten. Er dachte an sein Amulett und daran, was es ihm gezeigt hatte.
Er hatte John Sinclair und Suko gesehen.
Ebenfalls so klein.
Und nun lag dieser Winzling vor ihm.
Tot…
Scharf saugte er den Atem ein. Sollte John Sinclair dann etwa auch ermordet worden sein?
»Ich weiß, woran du denkst«, hauchte Nicole. Zamorra hatte ihr von seinen Beobachtungen berichtet.
Jane Collins hatte zugehört. »Was meinen Sie damit?« fragte sie.
Zamorra hielt nicht hinter dem Berg, sondern erzählte es ihr, auch wenn es hart für sie war.
Jane wurde blaß. Und plötzlich begann sie zu weinen. Sie konnte nicht anders. Jane fiel auf einen Stuhl und vergrub ihr Gesicht in beide Hände.
Tröstend legte ihr Nicole Duval eine Hand auf die Schulter. »Er wird es schon schaffen«, sagte sie. »Ganz bestimmt sogar. John Sinclair hat schon andere Sachen…«
»Nein, nein…« Jane schüttelte den Kopf. »Das ist ein zu billiger Trost. Sehen Sie sich doch den Toten an. Wie klein er ist. Und John ist nicht größer. Glauben Sie, er hätte eine echte Chance?«
Darauf konnte ihr Nicole keine Antwort geben.
»Die Frage ist nur«, sagte Zamorra, »weshalb haben die anderen uns diesen Toten geschickt?«
»Als Warnung«, erwiderte der Kommissar. »Darin unterscheiden sie sich nicht von den Leuten der Unterwelt.«
»Dann scheint es mir, daß sie eine Art von Größenwahn haben«, erwiderte Zamorra. »Normalerweise arbeiten die Mächte der Finsternis im Verborgenen.«
Nicole mischte sich ein. »Sie sind sich eben ihrer Sache zu sicher. Denke nur an das Auftauchen des Schwarzen Tods.«
Kommissar Fleuvee schaltete schnell. »Meinen Sie das Skelett am Eiffelturm?«
»Genau das.«
Fleuvee hob die Schultern. »Ich habe es ja nicht glauben wollen und kann es mir auch jetzt nicht vorstellen, aber nach dem, was ich erlebt habe, ist wohl nichts mehr unmöglich.«
Jane Collins wischte sich mit einem Taschentuch die Tränen aus den Augenwinkeln. Sie zog die Nase hoch und sagte: »Was können wir denn nur tun?«
»Die beste Frage seit langem«, meinte Zamorra. »Wo wollte John Sinclair genau hin?«
»In den Louvre«, sagte Jane.
»Und wo dort genau?«
Jane zuckte die Achseln. Sie schaute die anderen an, aber auch die wußten keine Antwort.
»Der Louvre ist groß«, meinte Inspektor Montini.
»Und er hat einen Keller«, fügte Nicole Duval hinzu.
Fleuvee schaute sie an. »Meinen Sie, daß man John Sinclair dort versteckt hält?« Der Kommissar schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht glauben. Im Keller werden wertvolle Gemälde und Plastiken aufbewahrt. Außerdem patrouillieren dort zu jeder Tages- und Nachtzeit Wächter. Ich kann mir nicht
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