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0043 - Der Vampir von Manhattan

0043 - Der Vampir von Manhattan

Titel: 0043 - Der Vampir von Manhattan
Autoren: Walter Appel
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spürte eine fast unerträgliche Spannung. Die Flasche in seiner rechten Hand schlug mehrmals so heftig nach unten aus, daß er sie kaum festhalten konnte.
    Es war wie bei einer Wünschelrute. Auf die gleiche Art und Weise hatte Frank Harper auch hergefunden. Er war überzeugt, daß er über dem Grab von Montague Harper und Asenath stand. Im Jahre 1793 waren beide an dieser Stelle verscharrt worden, in einem großen geweihten Sarg, der mit Silbernägeln verschlossen und mit silbernen Bändern versehen war.
    Jetzt, fast zweihundert Jahre später, stand ein Wolkenkratzer an der Stelle. Daß man beim Ausheben und Aussprengen der Fundamente nicht auf den Sarg gestoßen war, darauf verschwendete Frank keinen Gedanken.
    Wo Schwarze Magie im Spiel war, galten keine normalen Maßstäbe.
    Sein Herz hämmerte bis zum Hals, der kalte Schweiß brach ihm aus. Etwas in ihm sträubte sich, eine innere Stimme riet ihm, schleunigst wegzulaufen, so weit fort wie nur möglich. Aber Frank wollte und konnte nicht.
    Denn sonst wäre die Arbeit vieler Monate sinnlos gewesen. Er mußte Bescheid wissen und redete sich ein, ihm könne nichts passieren.
    Frank Harper murmelte eine Beschwörung, die er dem alten Buch entnommen hatte. Er stand genau an der richtigen Stelle. Er zog den Glasstöpsel aus der Flasche, neigte sie und ließ das darin befindliche Pulver auf den Kellerboden rieseln.
    Zunächst geschah nichts. Frank Harpers Spannung wuchs, seine Knie zitterten.
    Dann flackerten die Neonröhren. Eine eisige Kälte breitete sich aus, und wie ein Nebel wolkte es vom Boden hoch. Ein Rauschen übertönte die Geräusche der Heizungsanlage, Wispern, eigenartige Laute und fernes Stimmengemurmel erklangen.
    Frank Harper bebte.
    »Montague Harper!« stieß er mit heiserer Stimme hervor. »Hexer Montague, du Freund des frischen Blutes! Asenath, schreckliches Wesen aus ferner Zeit! Tochter der Nacht!«
    Die Worte flogen ihm zu, er wußte nicht woher. Ein fahles, grünliches Leuchten erhellte den Keller, der Nebel kroch an Frank Harpers Körper hoch. Der junge Mann fror bis ins Mark, seine Zähne klapperten.
    Das Buch und die Flasche rutschten ihm aus der Hand, er spürte es nicht. Beides schwebte so langsam wie Federn zu Boden.
    Plötzlich ertönte ein lautes Brausen. Ein satanisches Gelächter voller Hohn und Bosheit gellte. Der Boden bewegte sich wie bei einem leichten Erdbeben.
    Und übergroß und geisterhaft stiegen sie aus den Tiefen der Erde, durch den Stahlbeton der Wolkenkratzerfundamente. Montague Harper und seine Gefährtin Asenath: durchscheinende weiße Erscheinungen, die Eiskälte verströmten. Ihre Augen glühten rot.
    »Frank Harper, heißgeliebter Nachkomme, armseliger Menschenwurm!« dröhnte die Stimme des Hexers Montague. »Ich danke dir von ganzem Herzen, daß du uns aus dem Reich der Schatten zurückgeholt hast. Jetzt sind wir wieder da, unsere Macht ist größer denn je. Nun rückt es in greifbare Nähe, unser großes Ziel zu Lebzeiten.«
    »Diese Narren haben uns sogar noch einen Gefallen getan, als sie uns begruben«, kicherte Asenath. »Denn jetzt sind wir der lästigen Beschränkungen ledig, die der Körper eines sterblichen Menschen auferlegt. Könige der Nacht sind wir geworden.«
    »Vampire!« rief Montague. »Das war schon immer unser Traum.«
    Asenath streckte Frank Harper ihre blasse, eiskalte Hand entgegen.
    »Wir werden nicht allein bleiben. Das Königreich der Vampire wollen wir gründen, hier an den Ufern des Hudson. Vampyrodam soll es heißen! Merk dir den Namen gut: Vampyrodam! Die Welt soll vor ihm zittern.«
    »Vampyrodam!« sprach auch der dämonische Montague. »Gib mir dein Blut, mein Nachkomme. Es soll mich stärken.«
    Frank Harpers Nackenhaare sträubten sich. Er begriff, daß er hereingelegt worden war und Montague und Asenath nur als Werkzeug gedient hatte. Von Grauen erfaßt, flüchtete er aus dem Heizungskeller, rannte schreiend den Kellergang entlang und die Treppe hoch.
    Er floh aus dem Seitenausgang des Wolkenkratzers, und noch immer gellte ihm Montagues und Asenaths Hohngelächter in den Ohren. Schreiend rannte er die Dritte Avenue entlang und rang die Hände.
    Unseliger, hämmerte ihm eine innere Stimme ins Gehirn, was hast du getan? Dem Grab, das sie nie mehr hätte freigeben dürfen, sind sie entstiegen, durch deine Schuld.
    Während Frank Harper vor Horror und Verzweiflung an den Rand des Wahnsinns geriet, erfüllte sich das Schicksal des schwarzen Hausmeisters. Er hatte den Lärm gehört,
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