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001 - Vampire unter uns

001 - Vampire unter uns

Titel: 001 - Vampire unter uns
Autoren: Hugh Walker
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so sehr mein Sklaventum, das mir die Tränen der Wut in die Augen trieb, sondern die Erinnerung daran, die Gewissheit. Der Anzug, der keinen Zweifel offen ließ. Die Eindeutigkeit. Als wollte mir die kleine Bestie zu verstehen geben: Ich kann mit dir anstellen, was ich will.
    Als wollte sie es mir unter die Nase reiben, damit ich es nicht vergaß. Deshalb lag ich so angekleidet im Bett. Damit ich mich beim Erwachen keinen Illusionen hingab.
    Noch hielt sich alles in Grenzen. Aber in ein paar Wochen würde ich mit Willie vielleicht jeden Tag oder jede Nacht unterwegs sein, um jemanden zu überfallen. Früher oder später musste es zur Katastrophe führen. Früher oder später machte auch Willie einen Fehler. Das war aber nicht nur sein Ende, sondern auch meines. Oh, Martha! Ganz gleich, was geschah, ich würde mich für mein teuflisches Tun zu verantworten haben.
    Wie sollte ich beweisen, dass ich wie im Schlaf wandelte, dass ich nicht wusste, was geschah, weil das Kind die Kontrolle über mich übernommen hatte? Ein aussichtsloses Unterfangen.
    Nein, es gab nur einen Ausweg: Ich musste ein Ende machen.
    Ich musste Willie töten!
    Die Angst schlug über mir zusammen wie eine mächtige Sturmwelle. Ich ließ den Gedanken augenblicklich fallen.
    Zitternd stieg ich aus dem Bett.
    Ein leises Stöhnen ließ mich aufhorchen.
    Mein Herz begann plötzlich wie wild zu schlagen. Es hatte nicht nach Willie geklungen. Seine Stimme, seine Babylaute waren mir zu vertraut.
    Ich schlich auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer und glaubte meinen Augen nicht zu trauen. Auf dem Sofa lag Dr.
    Felbermann, der eben zu sich zu kommen schien.
    Hastig sah ich mich um. Willie lag in seinem Gitterbett und hatte die Augen geschlossen. Aber ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass er mich dennoch beobachtete.
    Ich beugte mich über den Arzt. Unter dem zur Seite gezogenen Hemdkragen waren deutlich die Einstiche der Zähne zu sehen. Warum ausgerechnet Dr. Felbermann? War er gerade in dem Augenblick aufgetaucht, als das kleine Biest Hunger hatte?
    Er schlug die Augen auf, riss sie weit auf vor Entsetzen.
    »Nein! Mertens!« keuchte er. Er stieß mich zur Seite und kam taumelnd auf die Beine. »Aus dem Weg, Mertens …« schrie er.
    »Schluss mit dem Wahnsinn!« Der Blutverlust schien ihm zuzusetzen. Er schwankte und konnte sich kaum auf den Beinen halten.
    »Dr. Felbermann«, sagte ich beruhigend und wollte auf ihn zugehen, um ihn zu stützen.
    »Bleiben Sie mir vom Leib, Mertens«, sagte er hasserfüllt.
    »Ich will hier raus!«
    Er ergriff einen Stuhl, und ich brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass er Ernst machte. Ich hatte alle Mühe, dem Hieb auszuweichen. Stuhlbeine splitterten. Ich rannte ins Schlafzimmer zurück. Er schien den Verstand verloren zu haben. Es war nicht verwunderlich. Vielleicht würde ich mich in seiner Situation nicht anders verhalten. Offenbar hatte ich ihm zugesetzt, dass er mir so misstraute.
    Vielleicht hatte ich ihn zusammengeschlagen unter Willies unentrinnbarer Regie. Hilflos beobachtete ich, wie er verzweifelt an der Wohnungstür rüttelte.
    Als er sich umwandte, hielt er den langen, scharfkantigen Schuhlöffel in der Hand wie ein Schwert.
    »Wo ist der Schlüssel?« zischte er.
    »Er muss neben der Tür hängen, wenn er nicht steckt«, stammelte ich.
    Er sah sich erneut um, fand aber nichts.
    »Keine Tricks!« sagte er scharf. »Mertens, geben Sie mir den Schlüssel!«
    »Dr. Felbermann«, rief ich und wich zurück. Ich wusste, er würde zuschlagen. »Nehmen Sie Vernunft an … Ich … ich weiß es nicht.«
    »Vernunft?« stieß er hervor. »Sie reden von Vernunft? Sie und Ihr Balg bringen mich fast um, und Sie reden von Vernunft?«
    »Hören Sie mir nur einen Augenblick zu! Bitte!« bat ich eindringlich. Rasch fuhr ich fort, als ich sah, dass er zögerte.
    »Ich weiß nicht, was geschehen ist. Ich weiß nicht einmal, warum Sie hier sind und wie Sie in die Wohnung kamen. Wenn Willie Hunger hat …«
    »Weiter«, keuchte er.
    »… dann hat er irgendwie die Kontrolle über mich. Aber jetzt ist keine Gefahr. Ich … ich brauche Ihre Hilfe.«
    Er stand schwankend vor mir, bleich, mit verkniffenem Mund. Die Knöchel der Faust, die den gebogenen Griff des Schuhlöffels umklammerte, waren weiß vor Anstrengung.
    Ein Geräusch vom Gitterbett her ließ uns beide aufblicken.
    Willie hatte nach den Stäben gegriffen und versuchte sich hochzuziehen. Mit seinen großen Augen blickte er uns neugierig an. Da kam Bewegung
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