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Zwillingsbrut

Zwillingsbrut

Titel: Zwillingsbrut
Autoren: authors_sort
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merkwürdig. Aber sie sieht – sah – wirklich aus wie du.«
    »Ja, ja, ich weiß«, sagte Kacey und betrat ihr Büro, ein kleines Zimmer voller Bücherregale mit Blick auf den Parkplatz. Graupel fiel aus dem immer noch finsteren Himmel, prasselte gegen das Fenster und hinterließ nasse Spuren auf der Scheibe. Kacey zog ihren Laptop aus der Tasche, stellte ihn auf ihren Schreibtisch, dann klappte sie ihn auf und schaltete ihn an. Während er hochfuhr, richtete sie die Lamellenjalousie so ein, dass sie hinaus-, aber niemand in ihr Büro hineinblicken konnte, anschließend setzte sie sich auf ihren Schreibtischstuhl, knabberte an ihrem Frühstückscookie und trank mit kleinen Schlückchen den mitgebrachten Kaffee. Dabei ging sie ihre E-Mails durch.
    Frühestens in einer Stunde würden die ersten Patienten eintreffen, so dass sie in aller Ruhe Papierkram aufarbeiten, E-Mails beantworten und sich auf einen weiteren Tag inmitten der Grippesaison einstellen konnte. Sie erledigte ein paar Telefonate, hörte, wie der Rest des Personals eintraf, und sah stahlgraue Wolken über den Bitterroot Mountains aufziehen, an deren Fuß Grizzly Falls lag.
    Sie hatte gerade ein Gespräch mit einem Kollegen in Spokane über eine Brustkrebspatientin beendet, als Heather den Kopf zur Tür hereinsteckte, die Kacey die meiste Zeit ein Stück weit offen stehen ließ. »Mrs. Ingles hat angerufen und ihren Termin abgesagt, ihr Neffe braucht einen Babysitter.«
    »Okay.« Helen Ingles litt an Diabetes, Typ 2, und hätte zur Blutabnahme für den Labortest kommen sollen.
    »Oh, hier ist noch etwas. Ich hab den Artikel über Shelly Bonaventure für dich ausgedruckt.«
    Kacey blickte sie über den Rand ihrer Lesebrille an.
    Heather trat ein und ließ mehrere Blätter auf Kaceys Schreibtisch fallen. »Ja, ja, ich weiß, es ist Zeit, sich an die Arbeit zu machen, aber« – sie zuckte ihre schmalen Schultern – »sie war eine lokale Berühmtheit, und sieh doch nur, wie sehr sie dir ähnelt!«
    »Bitte, Heather, jetzt ist aber Schluss!«, sagte Kacey kopfschüttelnd und schob den Artikel zur Seite. Seit Jahren hörte sie nun schon, wie sehr sie verschiedenen Hollywood-Schauspielerinnen ähnlich sehe. Ihr breites Lächeln war mit dem von Julia Roberts verglichen worden, und sogar ihr Ex-Mann, Jeffrey Charles Lambert – oh, pardon, für seine Freunde nur JC  –, hatte behauptet, sie habe dieselbe Gesichtsform wie Jennifer Garner, was ganz und gar nicht stimmte. Und was Shelly Bonaventure anging: Die einzigen Ähnlichkeiten, die Kacey auf den ausgedruckten Bildern erkennen konnte, waren vielleicht die Haarfarbe und die Form und die Farbe ihrer Augen, vorausgesetzt, Shelly hatte keine farbigen Kontaktlinsen getragen.
    »Schon gut, schon gut, ich hab’s kapiert.« Heather streckte beschwichtigend die Handflächen nach vorn und verließ das kleine Büro. »Mrs. Whitaker ist da.«
    »Na großartig.« Constance Whitaker war eine typische Hypochonderin mit zu viel Zeit – Zeit, die sie damit verbrachte, im Internet über Krankheiten zu recherchieren. Anschließend geriet sie in Panik, da sie jedes Mal sicher war, selbst von diesem Leiden befallen zu sein. »Was ist mit Dr. Cortez?«, fragte Kacey und zog ihren Arztkittel über.
    »Er hat vor fünfzehn Minuten angerufen. Ist noch unterwegs«, sagte Heather. In diesem Augenblick fiel Scheinwerferlicht durchs Fenster, und Dr. Martin Cortez’ Range Rover bog auf den Parkplatz. »Rekordzeit.«
    Kacey schüttelte den Kopf. »Er war schon schneller. Als er noch den Porsche hatte.«
    Heather seufzte. »Ja, ich erinnere mich.«
    Der Sportwagen hatte einen Winter überstanden, dann hatte Cortez ihn gegen einen exklusiven Allradwagen eingetauscht, der besser mit dem bergigen Terrain und den strengen Wintern zurechtkam.
    Als das Telefon am Empfang klingelte, eilte Heather zurück zur Rezeption. Im selben Augenblick öffnete sich die Hintertür und fiel mit einem lauten Knall wieder zu. Dr. Martin Cortez war eingetroffen.
    Kacey schaute sich noch einmal das Foto von Shelly Bonaventure an. Ja, sie musste zugeben, dass eine
leichte
Ähnlichkeit bestand, doch diese war wirklich minimal.
    Sie warf den Artikel gerade in den Müll, als Martin hereinschaute. Er hatte bereits seinen Arztkittel angezogen und ein warmherziges Lächeln aufgesetzt. »Und, hast du mir heute Morgen einen dreifachen Karamellmokka mit extra Schlagsahne mitgebracht?«, fragte er jetzt.
    »Träum weiter.« Diesen Scherz machten sie jeden
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