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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba
Autoren: Lindsey Davis
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die entweder laut jammerten – was schon schlimm genug war – oder sich ihrer Stickerei widmeten, als erfordere das Leiden meines Mädchens nur die Anwesenheit des örtlichen Nähkränzchens. Eine neue Welle unerträglicher Schmerzen mußte Helena ergriffen haben, denn ich hörte sie so furchtbar schreien, daß es mich bis ins Mark erschütterte.
    Aelia Annaea war mit aschfahlem Gesicht zu uns ins Atrium getreten. Ihre Begrüßung bestand nur aus einem Kopfschütteln. Sie schien nicht in der Lage, etwas zu sagen.
    Mir gelang es, krächzend hervorzustoßen: »Ich geh zu ihr.«
    Wenigstens brachte diese männliche Dreistigkeit einige der Klageweiber zum Schweigen. Ich war müde und erhitzt, also wusch ich mir im Vorbeigehen das Gesicht im Springbrunnen – offenbar ein weiteres Sakrileg. Die Sticknadeln blieben stecken, während die Weiber den Atem anhielten.
    Ich hob Nux auf, deren einzige Begrüßung in einem schwachen Schwanzwedeln bestand. Ihr war nur daran gelegen, zu Helena zu kommen. Genau wie mir. Rasch drückte ich den winselnden Hund in Aelias Arme und griff nach der Türklinke. Als ich eintrat, unterbrach Helena ihr Schreien gerade lange genug, um mir zuzubrüllen: »Falco, du Mistkerl! Wie konntest du mir das antun? Geh weg, geh weg, ich will dich nie wiedersehen!«
    Ich verspürte plötzlich ungeheure Sympathie für unsere primitiven Vorfahren. Männer, die in Hütten lebten. Männer, die wirklich fähig waren, alles zu tun. Weil ihnen gar nichts anderes übrig blieb.
    Hinter mir keuchte Aelia: »Falco, sie schafft es nicht, sie ist zu müde. Das Baby muß festgeklemmt sein …«
    Es war ein heilloses Durcheinander. Die totenbleiche Helena, deren Tränen sich mit dem Schweiß auf ihrem Gesicht vermischten. Aelia, die mit dem wie wild zappelnden Hund kämpfte. Fremde Frauen, die sinnlos herumflatterten. Ich stieß ein Brüllen aus. Kaum die geeignete Methode, die Ruhe wieder herzustellen. Dann, wütend über den Krach und das Theater, schnappte ich mir einen Besen und scheuchte mit weitausholenden Schwüngen alle Frauen hinaus. Helena schluchzte. Egal. Wir konnten genau so gut allein in Panik geraten und leiden, brauchten dazu keine Störungenirgendwelcher Idiotinnen. Mit großen Schritten verfolgte ich sie bis zur Tür. Aelia Annaea war die einzig Vernünftige weit und breit, also bellte ich ihr meine Befehle zu.
    »Olivenöl, jede Menge Olivenöl!« rief ich. Dann, ein wenig bedächtiger: »Und wärmen Sie es bitte etwas an.«

EPILOG
    An L. Petronius Longus von der Zweiten Kohorte Vigilorum, Rom:
     
    Lucius Petronius, ich grüße dich aus dem Land des Laeitaner Weins, von dem ich dir versichern kann, daß er seinem Ruf gerecht wird, besonders, wenn er von einem Mann unter Streß in großen Mengen getrunken wird. Ich habe den Mord im Revier der Zweiten Kohorte aufgeklärt (siehe beiliegenden verschlüsselten Bericht; die Kreuzchen stehen für »arroganter Bastard«, aber in der Kopie für den Präfekten sollten sie mit »irregeleiteter junger Mann« übertragen werden). Für den Augenblick werde ich noch an diesem Ort festgehalten. Durch ein Mädchen, wie du zweifellos schon vermutet hast. Sie ist wunderschön, und ich glaube, ich bin verliebt … Genau wie früher, was?
    Tja, alter Freund, alles, was du dreimal fertigbringst, schaffe ich zumindest einmal. Hier noch ein weiterer Bericht, den du mit etwas Glück hoffentlich nicht auf dem Forum im Tagesanzeiger lesen wirst:
     
    Sensationelle Nachrichten direkt aus Tarraconensis! Wie wir soeben aus Barcino erfahren, könnte die Familie eines engen Vertrauten des Kaisers Grund zum Feiern haben. Nähere Einzelheiten folgen, aber Gerüchte, das Baby sei vom Vater entbunden worden, während die Mutter brüllte: »Ich brauch dich nicht! Ich mach es selbst, so wie ich alles selbst machen muß« werden für übertrieben gehalten. M. Didius Falco, ein Privatermittler, der behauptet, bei der Geburt zugegen gewesen zu sein, wollte nicht mehr sagen, als daß sein Dolch schon vieles mitgemacht habe, er aber nie erwartet hätte, eines Tages damit eine Nabelschnur zu durchtrennen. Das blaue Auge, das er sich bei seinen Bemühungen als Geburtshelfer zuzog, ist bereits wieder abgeschwollen. Sein Finger wurde nur versehentlich gebrochen, als die edle Dame seine Hand packte. Die Beziehung zwischen den beiden ist absolut herzlich, und er hat nicht vor, auf Schadenersatz zu klagen …
     
    Helena und ich sind total erschöpft. Im Moment sieht es so aus, als würden wir uns
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