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Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Titel: Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer
Autoren: Jules Verne
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bei welchem der Abraham Lincoln aus seinen zwei Rauchfängen schwarze Säulen emporwirbelte.
    Unser Gepäck wurde unverzüglich auf’s Verdeck der Fregatte gebracht, ich eilte an Bord und fragte nach dem Commandanten Farragut. Ein Matrose führte mich auf’s Vorderverdeck zu einem Officier von stattlichem Aussehen, der mir die Hand reichte.
    »Herr Pierre Arronax? sprach er.
    – Der bin ich. Der Commandant Farragut?
    – In eigner Person. Sein Sie willkommen, Herr Professor. Ihre Cabine wartet schon auf Sie.«
    Ich grüßte, ließ den Commandanten bei seiner Beschäftigung und folgte einem Begleiter in die für mich bestimmte Cabine.
    Der Abraham Lincoln war für seine neue Bestimmung trefflich ausgewählt und eingerichtet. Es war eine schnellsegelnde Fregatte mit einem Heizungsapparat, welcher die Dampfkraft bis auf sieben Atmosphären zu steigern gestattete. Dadurch bekam er eine mittlere Geschwindigkeit von achtzehn und dreizehntel Meilen die Stunde; doch war diese beträchtliche Schnelligkeit nicht ausreichend für einen Kampf mit dem Riesenthier.
    Die inneren Einrichtungen der Fregatte entsprachen ihren nautischen Vorzügen. Ich war mit meiner Cabine sehr zufrieden; sie lag am hintern Schiffstheil und stieß an das Officierszimmer.
    »Wir sind hier wohl aufgehoben, sagte ich zu Conseil.
    – So gut, mit Erlaubniß meines Herrn, als der Einsiedler Bernhard in der Muschelschaale.«
    Ich überließ es Conseil, unsere Koffer gehörig zu ordnen, und begab mich wieder auf’s Verdeck, um den Vorbereitungen zur Abfahrt zuzusehen.
    In diesem Augenblick ließ der Commandant Farragut die letzten Taue lösen, welche den Abraham Lincoln an das Quai fesselten. Also eine Viertelstunde Verspätung, und die Fregatte fuhr ohne mich ab, so daß ich diese außerordentliche, übernatürliche, unwahrscheinliche Expedition verfehlte, deren wahrheitsgetreue Erzählung doch vielleicht auf manche Ungläubige stoßen wird.
    Aber der Commandant Farragut wollte nicht einen Tag verlieren, nicht eine Stunde, um in das Meer zu kommen, wo das Thier verspürt worden war. Er ließ seinen Ingenieur kommen.
    »Haben wir gehörig Dampf? fragte er ihn.
    – Ja, mein Herr, erwiderte der Ingenieur.
    –
Go head
,« rief der Commandant Farragut.
    Auf diesen Befehl, welcher vermittelst eines Apparats mit verdichteter Luft zur Maschine befördert wurde, setzten die Maschinenleute das Rad in Bewegung. Der Dampf zischte, indem er in die Behälter drang. Die langen horizontalen Stempel dröhnten und trieben die Stangen der Welle.
    Mit zunehmender Schnelligkeit wurden die Wellen von der Schraube geschlagen und der Abraham Lincoln bewegte sich majestätisch inmitten von hundert Fährten und Tenders 2 voll Zuschauer, die ihm das Geleite gaben.
    Die Quais zu Brooklyn und der ganze Theil von New-York, welcher an’s östliche Ufer stößt, waren mit Neugierigen bedeckt. Drei Hurrah’s nach einander hörte man aus der Brust von einer halben Million erschallen. Tausende von Taschentüchern über der dichten Volksmasse geschwenkt, begrüßten den Abraham Lincoln, bis er in die Gewässer des Hudson, an der Spitze der langen Halbinsel, welche New-York bildet, gelangte.
     

    Ehrenbegleitung der Fregatte Abraham Lincoln. (S. 23.)
     
    Darauf fuhr die Fregatte in der Richtung von New-Jersey an dem wunderschönen rechten, ganz mit Landhäusern bedeckten Ufer des Flusses zwischen den Forts durch, welche sie mit ihren größten Kanonen begrüßten.
     

    Ned-Land. (S. 27.)
     
    Der Abraham Lincoln erwiderte den Gruß durch dreimaliges Aufziehen der amerikanischen Flagge mit ihren neununddreißig an der Spitze des Hintermastes glänzenden Sternen; hierauf änderte er seinen Lauf, um das mit Baken versehene Fahrwasser in der innern durch die Spitze Sandy-Hook gebildeten Bai zu gewinnen, und fuhr längs dieser sandigen Erdzunge, wo Tausende von Zuschauern ihn nochmals begrüßten.
    Das Geleite der Boote und Tenders verließ die Fregatte erst auf der Höhe des Leucht-Boots, dessen zwei Feuer die Einfahrt in das Seegatt von New-York bezeichnen.
    Schlag drei stieg der Lootse in sein Boot und fuhr zu der kleinen Goelette, die ihn unter’m Wind erwartete. Die Feuer wurden geschürt, die Schraube schlug rascher die Wellen; die Fregatte strich längs der gelben niedrigen Küste von Long-Island, und um acht Uhr Abends, nachdem sie die Feuer von Fire-Island nordwestlich aus dem Gesicht verloren, lief sie mit voller Dampfkraft in die dunkeln Wasser des Atlantischen
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