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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2
Autoren: Ruth Adelmann
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nicht, was genau mich gleich erwarten würde. Die Meute fing an, langsam aber fordernd nach „Young Blood“ zu rufen und als sie zu klatschen begannen, betrat das Trio die Bühne. Der Bassist, ein blonder Riese, schnappte sich zuerst sein Instrument und ihm folgte der langhaarige Drummer, der in meinem Alter zu schein schien. Als Letzter kam Tom auf die Bühne. Er kehrte dem Publikum den Rücken zu, schloss seine Gitarre, eine rote Les Paul, an den Verstärker an und spielte einige Akkorde zur Probe. Der erste Song begann mit einem starken Bass-Intro, in das der Schlagzeuger mit einstimmte. Erst als sich die Melodie veränderte, drehte sich Tom um und begann mit seinem tiefen, schlendernden Gesang und seiner verzerrten Gitarre dem Lied die eigent-liche Melodie zu verpassen. Schon der erste Song gefiel mir. Es war Indiemusik vom Feinsten. Tom, ein junger, attraktiver Mann mit braunen, verwuschelten Haaren bot dem Publikum eine unglaublich kraftvolle Stimme, die gefühlvolle Texte auf lässige Art interpretierte. Sein Gesangstalent wurde nur noch von seinem gekonnten Gitarrenspiel übertroffen. Auch wenn er den Akzent mehr auf gleichmäßigen Rhythmus setzte, bewiesen die kleinen Soli, dass er sehr viel Geschick dafür besaß, zu erkennen, wann er so richtig aufdrehen musste und wann er lediglich die Melodie improvisieren sollte. Ganz von selbst begann ich schon beim dritten Lied, mich zur Musik zu bewegen. Ich genoss tatsächlich den Abend. Ich nahm mir vor, die Jungs beim Interview ein wenig zu hofieren, da ich ihnen dankbar war. Schließlich hatten sie etwas geschafft, was mir eine ganze Woche lang nicht gelungen war. Endlich dachte ich nicht an ihn oder an das verwirrende Angebot von Malz. Ich lebte jetzt nur in diesem Moment, schloss die Augen und ließ die Musik und die Stimmung auf mich wirken. Es tat so unglaublich gut, einfach nur zuzuhören, zu empfinden, ohne denken zu müssen.
    Und zu meinem absoluten Erstaunen hielt diese unerwartete Stimmung auch nach dem Auftritt noch an. Sogar während ich flott die wichtigsten Eindrücke des Auftritts in meinen Notizblock schrieb, kreisten meine Vorstellungen nur um die passenden Begriffe und Worte, die ich finden wollte. Dieser Stimmungsumschwung versetzte mich in eine euphorische Stimmung, die sich zu halten schien.
     
    Plötzlich fühlte ich eine Hand auf meiner Schulter, die mich aus meiner Konzentration riss. Ich drehte automatisch meinen Kopf und blickte in die dunklen Augen des Managers, der mich wieder anlächelte.
    „Die Jungs wären dann so weit“, war alles, was er mir zu sagen hatte, und ich grinste ihn an und nickte ein wenig zu energisch.
    „Super. Ich kann es kaum erwarten. Der Auftritt war echt gelungen“, sagte ich ihm ehrlich. Er lächelte stolz und war sichtlich beruhigt, da er nun sicher war, eine Jubel-Kritik von mir zu bekommen.
    Ich folgte ihm zu den Hinterzimmern, wo die Roadies hektisch am Bühnenaufbau bastelten. Er drückte mich an die Wand, damit ein nervöser Mann mit einem riesigen Verstärker an uns vorbeikam.
    Wir wichen weiteren Roadies aus und er brachte mich in den Raum, wo sich die Musiker umzogen. Als er die Tür öffnete, erreichte mich eine Duftwolke aus verschwitztem Männergeruch, Deos und seltsamerweise roch es auch nach Holz, obwohl der Raum kaum möbliert war. Zwischen den verstreuten Klamotten, Gitarrensaiten und Koffern saßen die drei Musiker auf einer alten Couch und tranken gierig Bier und Wasser. Als sie ihren Manager mit mir hereinkommen sahen, blickte nur Tom etwas länger auf uns. Die anderen beiden waren damit beschäftigt, sich den Schweiß mit Handtüchern abzuwischen.
    Der Manager stellte mich vor und alle nickten mir leicht zu, nur Tom schoss plötzlich von der Couch hoch und kam auf mich zugestürzt. Als er mich fast erreicht hatte, stolperte er über einen Gitarrenkoffer. Ich musste ein Grinsen unterdrücken. Dieser Bühnenprofi schien im normalen Leben zum Ungeschicktsein zu neigen. Er lächelte etwas verlegen, wurde rot und reichte mir seine Hand, die ich, unerwartet verschämt, schüttelte.
    „Hi. Ich bin Joe Paul. Dein Song ‚It’s Just Me‘ gefällt mir besonders“, sagte ich ihm und spielt darauf an, dass er vor dem letzten Song angesagt hatte, dass er ihn geschrieben hatte.
    „Danke. Ist einer meiner neuesten. Ich bin Tom und das sind Jürgen und Felix“, erklärte er mir und deute auf seine Bandkollegen, die sich über irgendetwas köstlich amüsierten. Ich vermutete, dass es mit seinem
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