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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm
Autoren: Mary Jo Putney
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eine abwehrende Geste. »Mit einem solchen Argument hat man mich schon einmal hingehalten. Der Wiener Kongreß sollte in sechs bis acht Wochen beendet sein, statt dessen dauerte er neun Monate. Kurz vor dem Ende kehrte Napoleon zurück, und meine Dienste waren einmal mehr unverzichtbar.«
    Sie hob das Weinglas und nippte daran. »Ich bin es leid, mein Leben aufzuschieben«, sagte sie mit einer Spur Erschöpfung. »Bonaparte ist auf dem Weg nach Sankt Helena, um seine Seele den Möwen zu empfehlen, und ich muß mich endlich um längst überfällige Dinge kümmern.«
    Er fühlte, wie sich ihre Stimmung verändert hatte, und wagte es, eine weitere persönliche Frage zu stellen. »Was dir Dinge?«
    Sie starrte in ihr Glas und schwenkte den Wein darin.
    »Ich will zuerst in die Gascogne.«
    Rafe spürte ein Prickeln im Nacken, als er ahnte, was sie sagen wollte. »Warum?«
    Sie blickte auf und sah ihn emotionslos an. »Um die Leiche meines Vaters zu finden und sie zurück nach England zu bringen. Es ist zwölf Jahre her. Es wird eine Weile dauern, bis ich herausgefunden habe, wo sie ihn begraben haben.«
    Obwohl er richtig geraten hatte, konnte er sich kaum darüber freuen. Der Wein schmeckte plötzlich bitter, denn er mußte etwas aussprechen, das er lieber für sich behalten hätte. »Du brauchst nicht in die Gascogne zu reisen.
    Dein Vater ist nicht dort.«
    Ihre Brauen zogen sich zusammen. »Was meinst du damit?«
    »Ich war zufällig in Paris, als mich die Nachricht von eu-rem Tod erreichte, also ging ich in das Dorf in der Gascogne, wo die Morde geschehen waren. Man sagte mir, daß die zwei frischen Gräber die der >deux Anglais< waren, und ich nahm an, daß du und dein Vater gemeint wart. Ich ar-rangierte alles, daß die Leichen nach England überführt wurden. Sie liegen auf dem Familienfriedhof auf dem Anwesen deines Onkels.«
    Die beherrschte Maske löste sich auf, und sie beugte sich vor und vergrub das Gesicht in den Händen. Rafe hät-te sie gerne getröstet, aber er wußte, er konnte ihr nichts geben, was sie nehmen würde.
    Er hatte Margot und ihren Vater um die freundschaftliche, liebevolle Beziehung beneidet, die so ganz anders war als die distanzierte Höflichkeit zwischen ihm und seinem eigenen Vater. Colonel Ashton war ein liebenswerter, aufrichtiger Soldat gewesen, der seine Tochter weniger als Duchesse, als vor allem glücklich sehen wollte. Sein Tod durch die Hände des Mobs mußte sie vernichtet haben.
    Nach einem langen Schweigen hob Maggie wieder den Kopf. Ihre Augen waren unnatürlich hell, aber sie war ge-faßt. »Im zweiten Sarg muß Willis, der Bursche meines Vaters, gelegen haben. Er war klein, etwa von meiner Grö-
    ße. Die beiden … haben ihr Leben teuer verkauft, als sie angegriffen wurden.«
    Sie stand auf und ging zum Fenster, wo sie den schweren Brokatvorhang beiseite schob, um auf den Boulevard hinabzublicken. Ihre Gestalt wurde von der Scheibe widergespiegelt. »Onkel Willy war schon fast ein Familienmit-glied. Er hat mir beigebracht, wie man würfelt und beim Kartenspielen betrügt. Mein Vater wäre entsetzt gewesen, wenn er es gewußt hätte.«
    Ein leichtes Lächeln huschte über ihre Lippen, versieg-te dann aber wieder. »Ich bin froh, daß Willis in England ist. Er hätte den Gedanken verabscheut, daß seine Knochen für alle Ewigkeit in Frankreich modern würden. Ich hätte seine Leiche auch zurückgebracht, aber du hast es mir bereits abgenommen.«

    Sie wandte sich um und sah ihn an. Ihr Blick war nicht länger feindselig. »Warum hast du es getan? Das kann nicht einfach gewesen sein.«
    Das war es in der Tat nicht gewesen, nicht einmal für einen jungen, entschlossenen Mann mit genügend Geld.
    Rafe war mit der heimlichen Hoffnung nach Frankreich gekommen, Margot zu finden. Und selbst als der Krieg ausgebrochen war, hatte er seine Rückkehr noch aufgeschoben.
    Dann, als der Frieden von Amiens vorbei war, hatte er von ihrem Tod gehört. Ein vernünftiger Mensch wäre augenblicklich nach London zurückgekehrt, damit er nicht für die Dauer des Krieges festsaß. Rafe, der, wenn es um Margot ging, nicht vernünftig sein konnte, hatte statt dessen seine Diener heimgeschickt und war allein quer durch Frankreich gereist, wobei sein ausgezeichnetes Franzö-
    sisch ihm gute Dienste leistete.
    Es hatte Wochen gedauert, die Gräber zu finden. Wegen der Gefahr hatte er die Särge über die Pyrenäen nach Spanien gebracht, statt noch einmal Frankreich zu durch-queren.
    Dann wurden die
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