Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiß wie der Tod

Weiß wie der Tod

Titel: Weiß wie der Tod
Autoren: Roman Rausch
Vom Netzwerk:
denen sie noch immer am Abflussrohr gefesselt war. »Er hat den Schlüssel in seiner Hosentasche. Ich komm nicht ran.«
    Lili bückte sich und tastete Stephan ab. In einer Tasche fand sie sie. »Hier.«
    Jenny schloss die Handschellen auf. Dann holte sie die Stöcke. »Was hast du vor?«
    »Das wirst du gleich sehen«, antwortete Lili und nahm Jenny die Stöcke ab. »Wo sind seine Arme und seine Beine?«
    Jenny drehte sie in Position. »Direkt vor dir sind die Beine.«
    Lili konzentrierte sich auf ihre verbliebene Kraft. Viel war davon nicht mehr übrig. Doch für die anstehende Behandlung sollte es reichen. Eine schnelle Abfolge von Schlägen prasselte auf den wehrlosen Stephan ein. Sie waren eingeübt und erfolgten mit Vehemenz, die man der kleinen Frau nicht zugetraut hätte. Unter den Schlägen kam Stephan zu Bewusstsein. Er stöhnte und versuchte auf die Beine zu kommen. Vergebens. Jeder Versuch wurde mit einem Stockschlag geahndet.
    »Seine Arme«, sagte Lili. »Zeig sie mir.«
    Jenny führte sie ein Stück weiter. »Direkt vor dir.«
    Wieder hagelte es eine Salve. Stephan schrie vor Schmerzen auf.
    »Lass mich auch mal«, sagte Jenny.

63
    Halten Sie meine Tochter da raus«, drohte Thorsten Waan Levy. »Sie hat mit der Sache nichts zu tun. Ich habe Mandrak getötet.«
    »Wie groß sind Sie?«, fragte Levy. »Eins fünfundneunzig.«
    »Wie schwer?«
    »Neunzig Kilo.«
    »Ich vermute, Sie sind in einer guten, wenn nicht sehr guten körperlichen Verfassung.«
    »Ich trainiere täglich.«
    »Sagt Ihnen die Bezeichnung Flunitrazepam etwas?«
    »K.-o.-Tropfen, soviel ich weiß.«
    »Richtig. Wie viel Gramm muss man einem erwachsenen Mann verabreichen, damit er bewegungsunfähig wird?«
    Thorsten Waan grübelte. »Keine Ahnung. Vielleicht ein Gramm.«
    »Mit einer Dosis von einem Gramm befördern Sie einen Menschen ins Nirwana.«
    »Kann sein. Was hat das mit mir zu tun?«
    »Sehr viel. Jemand, der die körperliche Konstitution eines Stieres besitzt und in zahlreichen Kampfsportarten geschult ist, benötigt sicherlich kein Flunitrazepam, um einen normal gewachsenen und untrainierten Mann wie Mandrak zu überwältigen. Darüber hinaus ist Ihnen noch nicht mal bekannt, wie viel von dieser Droge Sie einem Menschen verabreichen müssen, damit er handlungsunfähig wird. Wieso auch? Sie brauchten es ja nicht.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Dass nicht Sie, sondern Ihre Tochter Lili Mandrak getötet hat.«
    »Unsinn. Ich war es.«
    »Ich sage Ihnen, wie die Sache mit Mandrak gelaufen ist. Nicht Sie, sondern Ihre Tochter hat Mandrak bei seinem Freigang beobachtet. Ob mit oder ohne Ihr Wissen, lassen wir mal außen vor. Es kam der Tag, als Lili Mandrak getroffen hat. Die beiden kannten sich ja noch gut, entschuldigen Sie die flapsige Ausdrucksweise.
    Die neun Wochen in seiner Gefangenschaft hatten Lili grundlegend verändert. Aus dem aufgeweckten Mädchen war eine gebrochene junge Frau geworden, die in den Tagen nach ihrer Befreiung auf Verständnis und Bewältigung ihres Traumas gehofft hatte. Doch leider war sie an die falschen Leute geraten.«
    Thorsten Waans Hände ballten sich zu Fäusten. Er fixierte Levy wie ein Tiger vor dem Sprung. Ein falsches Wort, und er würde über ihn herfallen.
    »Die Medien und Ihre scheinheiligen Berater haben Lilis Geschichte zu der ihren gemacht, und als sie nichts mehr wert war, gingen sie einfach weiter. So, als wäre nichts geschehen. Ich frage mich, wo in dieser Zeit ihr Vater war. Hatte er nicht begriffen, dass seine Tochter zum zweiten Mal vergewaltigt wurde?«
    Das war das Wort. Thorsten Waan packte Levy und zog ihn quer über den Tisch. »Du verdammtes Schwein …«
    Michaelis ging sofort dazwischen. Der Beamte an der Tür kam ihr zu Hilfe. Nur mit Mühe gelang es ihnen, Thorsten Waan zurück auf den Stuhl zu zwingen.
    Levy setzte sich wieder. »Es tut mir leid, wenn ich Ihnen das sagen muss, aber Sie haben vollkommen versagt. Lili hat auf Sie gezählt, sie hätte Ihre Hilfe gebraucht. Stattdessen haben Sie sie wie eine Attraktion vorgeführt. Weswegen? Waren die Honorare wirklich so verführerisch?«
    Thorsten Waan hielt die Hände vor das Gesicht. Dahinter begann er zu schluchzen. »Es ist alles über uns hereingebrochen. Wir wussten uns nicht zu helfen. Die Situation war unerträglich. Das Telefon klingelte ununterbrochen, sie belagerten unser Haus, steckten Briefe mit Verträgen und Geld unter der Tür durch. Was sollten wir machen? Lili musste geholfen werden. Sie war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher