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Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc

Titel: Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc
Autoren: Simon R. Green
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viel, und man musste die richtigen Fragen kennen, um die Antworten zu kriegen, die man brauchte. Eine lebende Enzyklopädie erschreckenden Wissens, aber kein Inhaltsverzeichnis. Und jetzt war er in greifbarer Nähe! Wenn ich ihn nur mit mir zusammen hier rausschaffen könnte ... Nein. Zu viel Schwierigkeiten. Seine besondere Natur würde zu Interferenzen mit dem Tarnkappenmodus meiner Rüstung führen. Mit ihm würde ich bemerkt werden, er würde mich langsamer machen ... Nein, ich würde einfach weitersagen, dass er hier war, und der Familie die Entscheidung darüber überlassen, was als Nächstes getan werden sollte.
    Ginge es nach mir, ich würde eine taktische Atomwaffe auf die Harley Street schmeißen, nur um sicher zu sein, dass es ihn erwischt. Es gibt so etwas wie zu viel Wissen. Der Karma-Katechet kennt hundert Wege, der Welt ein Ende zu bereiten oder die Realität selbst zu zerreißen. Die Familie würde jedoch einen Mord an einem derart kostbaren Vermögenswert niemals billigen. Sie wollten die Informationen, die in ihm steckten, genau wie alle anderen.
    Ich hätte ihn ja selbst umgebracht, und zum Teufel mit den Konsequenzen, aber ... so schrecklich sah er gar nicht aus, von Nahem. Er war nur ein kleiner Mann mittleren Alters, dem schon die meisten Haare ausgegangen waren. Er hatte ein sanftes, freundliches Gesicht, ausdruckslose Augen und ein schüchternes Lächeln. Er trug einen altmodischen gestreiften Schlafanzug, dessen Jacke teilweise offen stand und ein Büschel weißer Brusthaare sehen ließ. Er wirkte müde und traurig und sehr verletzlich. Es war leicht, Mitleid für ihn zu empfinden; er hatte kein besonders tolles Leben gehabt, und kaum etwas davon hatte er sich selbst ausgesucht. Es war nicht seine Schuld, dass er ein lebendes Instrument des Jüngsten Tages war.
    »Tun Sie mir nichts!«, sagte er und blickte mich mit fast kindlicher Unvoreingenommenheit an.
    »Pst!«, sagte ich. »Sie halten einfach den Mund, und ich bin sofort wieder weg. Weswegen sind sie überhaupt hier drin?«
    »Weil ich den Mund nicht halten kann«, antwortete er traurig. »Man hat mich konditioniert, umprogrammiert, meine Arbeitsparameter geändert, und alles ist schrecklich schiefgelaufen. Wenn mir jetzt jemand eine Frage stellt, muss ich sie beantworten, ob er das richtige Passwort kennt oder nicht. Ich bin zu einem Sicherheitsrisiko geworden.« Plötzlich weiteten sich seine Augen, und Angst spiegelte sich in seiner Miene wider. »Sie werden rauskriegen, dass ich mit Ihnen gesprochen habe! Sie werden denken, dass Sie mich gefragt haben, was kommen wird! Ich werde es Ihnen nicht sagen! Auf keinen Fall!«
    Er biss die Zähne zusammen, und ich hörte ein deutliches Knirschen. Seine Muskeln zogen sich krampfhaft zusammen, sein Rücken wölbte sich vom Bett hoch, seine Augen quollen aus den Höhlen, und dann lag er schlaff und reglos da, und sein letzter Atemzug war ein kleiner, trauriger Seufzer. Ich fühlte nach einem Pulsschlag an seinem Hals, aber er war definitiv tot. Ein Giftzahn, um Gottes willen! Ich dachte, die wären in den Sechzigern aus der Mode gekommen! Ein Mann hatte sich gerade vor mir umgebracht, und ich hatte keine Ahnung, warum. Ich weiß nicht, was er glaubte, dass ich ihn fragen könnte. Der Gottlose fleucht, und niemand jagt ihn, und dergleichen.
    Dann kam mir in den Sinn, dass eine ganze Menge Leute sich richtig darüber aufregen würden, dass so eine wertvolle Ressource wie der Karma-Katechet meinetwegen tot war. Vielleicht würde ich diesen speziellen Zwischenfall in meinem Missionsbericht lieber doch nicht erwähnen.
    Ich horchte sorgfältig an der Tür: Die Sirenen heulten sich noch immer ihre kleinen elektronischen Herzen aus dem Leib, aber die wütenden Schritte schienen sich entfernt zu haben. Sachte öffnete ich die Tür und schlüpfte auf den Korridor hinaus. Weitere Gewehre stießen aus den Wänden und eröffneten augenblicklich das Feuer, als sie sahen, wie die Tür sich bewegte. Ich sprintete durch den Gang, wobei meine Rüstung mir übernatürliche Geschwindigkeit verlieh, und rannte lachend durch die Kugeln, als ob sie nichts als Regentropfen wären.
    Ich erreichte das Ende des Korridors und sprang die Treppe zum nächsten Stockwerk hinunter, segelte in einem Satz von der obersten bis zur untersten Stufe durch die Luft. Meine gepanzerten Beine beugten sich bei der Landung, um den Aufprall zu absorbieren, und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Manchmal ist meine Arbeit so
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