Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Voll auf Ex-Kurs Roman

Titel: Voll auf Ex-Kurs Roman
Autoren: Lena Gold
Vom Netzwerk:
ansprechen lasse. Und die, die das tun, haben logischerweise nicht alles, was sie brauchen, sonst hätten sie mich ja nicht angesprochen.
    Aber ich sollte falsch liegen. So ganz komplett ausgestattet war Bastis Leben wohl doch nicht, denn als wir eine Stunde später lärmend über den Hans-Albers-Platz zogen, sah ich ihn aus den Augenwinkeln auf mich zukommen. Und zwar direkt auf mich. Ich gab mir größte Mühe, ihn zu ignorieren, ein wenig unangenehm war mir seine Abfuhr vor der Kneipe schon. Aber wie ignoriert man jemanden, der auf einmal keine zwanzig Zentimeter entfernt vor einem steht?
    »Hier«, sagte er und drückte mir einen Zettel in die Hand. In diesem Moment bemerkte ich zum ersten Mal seine unglaublich blauen Augen und fragte mich, warum die Schöpfung solche Halogenstrahler an einen Mann verschwendet und sie nicht lieber beim schöneren Geschlecht einsetzt, um es noch etwas schöner zu machen. »Wenn du deine rosafarbene Periode hinter dir hast und ein letztes Geleit suchst, ruf mich an.« Ich war zu perplex, um etwas zu erwidern, und starrte ihm nur sprachlos nach, wie er sich umdrehte und mit lässigen Schritten davonging.

    »Guten Morgen. Du siehst scheiße aus.« Mit gewohnt einfühlsamen, wenn auch durchaus zutreffenden Worten werde ich von eben jener Barbara aus meinen Gedanken gerissen, der ich in gewisser Weise meine derzeitige Lage zu verdanken habe.
    »Vielen Dank«, knurre ich zurück und werfe ihr einen bösen Blick zu. Sie lächelt anmutig (anmutig lächeln ist Barbaras Spezialität) und lässt sich in ihrem zarten Blumenkleidchen Größe sechsunddreißig auf den Platz auf der anderen Seite unseres Doppelschreibtischs sinken. Ihre blonden, schulterlangen Locken wippen dabei leicht, und mir wird mal wieder klar, weshalb Barbara ganze fünf Heiratsanträge – von fünf verschiedenen Männern – ablehnen konnte, bevor sie den sechsten schließlich annahm.
    Ich hingegen muss mich mit langweiligen braunen, schnurgeraden Haaren abfinden, die mir bis zu den Schultern gehen und selbst mit Hilfe einer Dauerwelle nicht dazu zu bewegen sind, ein bisschen Schwung vorzutäuschen. Und so ist das Einzige, was bei mir wippt, meine Hüftpolster, denn nachdem es bei Basti und mir schon in den vergangenen drei Wochen nicht mehr ganz so toll lief, habe ich mich etwas zu sehr mit kompensatorischer Lebensmittelaufnahme getröstet. Noch ein Burger mehr und ich verlasse Größe vierzig in Richtung zweiundvierzig. Und da die Lage sich ja momentan nicht gerade verbessert hat, da … na ja.
    »Ist was los?«, will Barbara wissen. »Du hast total tiefe Augenränder.«
    »Basti hat mich verlassen.«
    »Oh. Das tut mir leid.« Sie setzt einen Blick auf, als hätte ich ihr soeben von einem abgebrochenen Fingernagel berichtet, und ich frage mich schon, warum um Himmels willen ich mit Barbara befreundet bin – bis mir einfällt, dass ein abgebrochener Fingernagel für sie tatsächlich einer Tragödie
gleichkommt. Außerdem fügt sie dann mitfühlend hinzu: »Wann denn? Und warum? Weshalb hast du mich nicht sofort angerufen?«
    »Gestern früh. Er meinte, es ginge mit uns beiden einfach nicht mehr, weil wir uns nur noch streiten und er das Gefühl hat, mir gar nichts recht machen zu können. Danach wollte ich dann erst einmal allein sein und nachdenken.« Ja, so bin ich: Stellt man mir drei Fragen, werden sie alle drei brav nacheinander beantwortet.
    »Und?«, fragt meine Kollegin. »Hat er Recht damit?« Ich starre sie an und merke, wie mir die Tränen in die Augen schießen.
    »Ich weiß es nicht«, bringe ich gequält hervor, »in letzter Zeit ist es wohl nicht mehr so gut gelaufen.« Dann lasse ich meinen Kopf auf die Tischplatte sinken und schluchze leise vor mich hin.
    »Kopf hoch«, sagt Barbara in ermunterndem Tonfall, »der Chef kommt.« Okay, der Tonfall war ermahnend, nicht ermunternd.
    Gerade noch rechtzeitig habe ich mich zurück in eine aufrechte Position gebracht und mir mit einem Taschentuch, das Barbara mir reicht, die Nase geputzt, da steckt auch schon Roland Behrmann seinen Kopf durch die Tür zu unserem Zweierbüro herein. Ihm gehört die verschnarchte Werbeagentur mit den piefigen Kunden, aber immerhin reichen die Einnahmen offenbar für seinen Porsche Boxster, mit dem er hier immer großspurig angerauscht kommt.
    Jetzt steht er vor uns, geleckt wie immer in Jeans mit Bügelfalte und hellblauem Polo-Shirt von Ralf Lauren, die Ray-Ban-Sonnenbrille lässig in den Ausschnitt gehängt, sein Teint
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher