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Untreu

Titel: Untreu
Autoren: Christa v Bernuth
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spielen. Aber da hätte ich mir selbst die Hände schmutzig machen müssen, und das wollte ich nicht. Und schließlich ging es mir doch vor allem darum, den Beweis anzutreten, dass sie deiner nicht wert ist.
    Dass sich dann alles ganz anders entwickelte, ist nicht meine Schuld. Mir wurde aber schnell klar, dass du nie begreifen würdest, was du an mir hattest. Du würdest immer nur an Karin denken. Und irgendwann würdest du mich verraten - an sie. Du würdest nicht durchhalten. Wir konnten nicht gemeinsam fliehen. Du musstest allein hier bleiben. Still und stumm für immer.
    Ich dachte, ich würde dich vermissen, Milan.
    Ich dachte, ich könnte niemanden töten, niemals. Mich ekelte schon die Vorstellung daran. Aber es war gar nicht so schwer. Ich kam dir so nahe wie nie. Ich habe dich jetzt für immer - in meinem Herzen. Dort behältst du deinen Ehrenplatz - lebendiger als je.
    Liebe und Tod sind zwei Seiten einer Medaille.
    Nachts, vor dem Haus der Belolaveks, versenkte ich mich in dir in einem letzten Liebesakt. Im Augenblick deines Sterbens waren wir eins. Es ist das letzte Wagnis der Liebe. Ich habe es bestanden. Ich tat dir einen Gefallen damit, glaub mir.
    Es tut mir nur Leid, dass ich Kai mit hineinziehen musste. Das ist alles, was ich mir vorwerfe. Es ging nicht anders.
    Ein Schupo brachte Kai Lemberger und einen weiteren Mann ins Verhörzimmer. Kai war groß, blond, mager und sehr blass. Schwarze Jeans, schwarzes Shirt, keine Piercings.
    »Kai«, sagte ihr Vater unsicher, »schön, dass du...« Er machte Anstalten aufzustehen, aber als Kai ihn nicht beachtete, ließ er sich wieder auf seinen Stuhl sinken. Kai stand mit hängenden Armen in der Mitte des Zimmers, von sieben Augenpaaren angestarrt.
    »Ich bin ihr behandelnder Arzt«, sagte der Mann neben ihr. »Kann sie sich setzen?«
    Forster besorgte zwei Stühle. Langsam wurde der Raum richtig voll.
    »Kann ich mit ihr reden?«, fragte Mona den Arzt.
    »Versuchen Sie es. Die Dame am Telefon hat gesagt, es geht um Mord. Sonst hätte ich das gar nicht zugelassen.«
    »Verstehe.«
    »Ihr Zustand ist sehr labil.«
    »Ja, sicher. Kai?«
    Das Mädchen sah nicht auf.
    »In der Regel antwortet sie nicht«, sagte der Arzt.
    »Ja. Versteht sie, was ich sage?«
    »Ich... bin nicht sicher.«
    »Sie meinen, sie simuliert?«, schaltete sich Berghammer ein.
    »Nein. Sie hat sich in sich selbst zurückgezogen. Sie lässt nichts an sich herankommen.«
    »Ist sie ... krank?«
    »Die Drogen haben etwas bei ihr angerichtet, so viel ist sicher. Wir wissen nicht, ob es reversibel ist. Wir kommen nicht an sie heran.«
    »Sie spricht nicht? Mit niemandem?«
    »Manchmal fragt sie jemanden um Zigaretten, das ist alles. Sie raucht wie verrückt.«
    »Kai? Hören Sie mich?«
    Keine Reaktion, nicht einmal ein Zittern der Augenlider. Sie gaben ihr eine Zigarette, die sie gierig bis auf den Filter rauchte. Mehr geschah nicht.
    Nach einer halben Stunde gaben sie auf. Der Arzt nahm Kai behutsam unter den Arm und führte sie hinaus.
    »Bleibt nur noch Theresa Leitner«, sagte Berghammer. Mona rief ein weiteres Mal bei ihr zu Hause an.
    »Nicht da.«
    »Gut, dann fahren wir zu ihrem Ferienhaus«, sagte Berghammer.

Kapitel 12
    Der Regen schlug gegen die Scheiben, die Reifen zischten auf dem nassen Asphalt. Sie fuhren mit zwei Zivilfahrzeugen, im ersten saßen Berghammer, Mona und Lemberger, im zweiten Schmidt, Forster und Fischer. Berghammer fuhr, Lemberger gab ihm Anweisungen, Mona saß hinten und starrte in die Dunkelheit.
    »Rechts«, sagte Lemberger vor ihr. Mona betrachtete seinen Hinterkopf. Er trug die dichten grauen Haare kurz und akkurat geschnitten. Der Nacken war sorgfältig ausrasiert.
    »Auf die Autobahn?«, fragte Berghammer.
    »Ja. Rechts.«
    Sie bogen auf die Autobahn ein, Berghammer beschleunigte auf 140. Sie fuhren durch gestautes Spritzwasser, der Regen schien sich noch zu verstärken, die Sicht war fast null. Es war ihnen egal. Berghammer beschleunigte auf 160.
    Wenn sie dort sind, sind sie in Gefahr. Mona wusste, dass Berghammer das Gleiche dachte. Es war einfach ein Gefühl, ein Instinkt. Theresa Leitner hätte an diesem Abend zu Hause sein müssen. Die Tatsache, dass sie es nicht war, auch nicht um halb elf, auch nicht um dreiviertel elf, sagte ihnen, dass sie sich beeilen mussten. Vor ihrem inneren Auge sah sie die Leichen von Karin Belolavek und Maria im Schlamm liegen.
    Warum? Warum?
    Etwas war außer Kontrolle geraten. Auch diese Erkenntnis kam automatisch, als
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