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Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Titel: Unglaubliche Reise des Smithy Ide
Autoren: R McLarty
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die Männerpuppe«, sagte meine Schwester voller Ernst. »Norma will ein Stück über eine Prinzessin in einem Turm spielen, und ein Ritter soll sie retten.«
    »Das ist doof«, sagte ich.
    »Ist es nicht!«, kreischte Norma.
    »Vorsicht, Hook«, warnte meine Schwester. »Du musst solche Sachen machen, sonst bist du am Ende ein Fettarsch ohne Freunde.«
    »Ich bin die Roxanne«, sagte Norma, ohne auf uns zu achten. Sie hielt eine kleine Mädchenpuppe mit schwarzen Haaren hoch, deren Augen zuklappten, wenn man sie hinlegte. Mir reichte sie einen Puppenjungen. Sie hatte ihm ein Taschentuch umgebunden wie ein Cape.
    »Ich spiele nicht mit Puppen.«
    »Das sind keine Puppen, das sind Marionetten. Er ist Rex. Rex rettet Roxanne. Ich liebe dich so sehr!«, schrie Norma.
    »Norma liebt Smithy«, sang meine Schwester.
    »Ich gehe jetzt.«
    »Rex darf nicht gehen!«, rief Norma.
    »Du darfst nicht gehen. Wenn du gehst, wirst du am Ende ein Fettarsch wie Onkel Count und hast keine Freunde.«
    »Das sagt deine blöde Stimme.«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    »Ich hab Smithy so lieb!«, krähte Norma und breitete die dünnen Ärmchen aus.
    »Geh nach Hause, du kleine Irre.«
    »Vorsicht, Hook.«
    »Dumme kleine Irre. Hör auf, mir überallhin nachzulaufen.«
    Norma blieb einfach stehen und fing an, gleichzeitig zu schreien und zu weinen. Bethany nahm sie in die Arme und funkelte mich an. Ich funkelte zurück. Ich war vierzehn und hatte es ins Basketballteam der Neunten geschafft, und da sollte ich mit Puppen spielen? Bethanys Augen waren limettengrün.
    »Also gut. Wenn sie aufhört mit dem blöden Geheule.«
    Norma rieb sich die Augen und sagte, sie habe mich lieb. Ich kam mir so blöd vor – weil ich Rex sein musste, natürlich, und weil ich mich von meiner Schwester einschüchtern ließ. Aber ich rettete Roxanne, obwohl Normas Roxanne dauernd meinen Rex küsste, mit blödem, lautem Geschmatze.

5
    1963 kaufte ein Typ namens Wa Ryan einen gebrauchten Volkswagen und möbelte ihn auf. Wa war in Bethanys Klasse und hätte die High School beinahe zu Ende gebracht, aber er war einer von denen, die dämlich sind, was die Schule angeht. Für Wa waren es Autos. Er wohnte drei Straßen weiter bei seiner Mutter, die ein Emphysem hatte und sich Bewegung verschaffte, indem sie unglaublich langsam, fast in Zeitlupe, mit einer unangezündeten Zigarette in der Hand die Hauptstraße hinunterging. Ständig arbeitete Wa im vorderen Teil seiner schmalen Einfahrt an dem VW. Alle Einfahrten in East Providence sind schmal, genauso wie die Häuser alle klein sind, mit zwei, manchmal drei kleinen Schlafzimmern und einem kleinen Garten, in dem meistens ein kleines Gemüsebeet war. Es ist eine Art von Gleichheit, die, glaube ich, ganz hübsch ist. Ich glaube, es liegt etwas Behagliches darin, sich nicht gegenseitig zu übertrumpfen. Aber wie gesagt, Wa montierte die Stoßstangen ab, hob die Karosserie mit Lastwagenfedern an, setzte vorn einen nachgemachten Rolls-Royce-Kühler an und entfernte den Schalldämpfer. Dann malte er den Wagen blutrot an.
    Man konnte Wa kommen hören. Er raste nicht durch die Gegend wie ein Irrer oder so – das gehört nicht zur Kultur aufgemöbelter Volkswagen. Er fuhr ganz normal, aber sehr laut, und war sehr zufrieden mit seiner Schöpfung. Er hatte es zu gern, wenn die Leute sein Werk bewunderten, und kam nie auf den Gedanken, dass er in den Augen der meisten bloß irgendein Typ mit einem verrückten Auto war.
    Es war am ersten Samstag im April. Das weiß ich noch, weil mein Pop und ich niemals die Eröffnung der Forellensaison in Rhode Island verpassten. Jedes Mal bereiteten wir am Abend vorher unser Angelzeug vor und packten den Wagen mit Sandwiches und Soda und Würmern und Fliegenruten voll. Der erste Tag war kein Tag für Fliegen, nicht mal für Nymphen, die tief über das Wasser hüpfen. Die Forellen wollten Fleisch; also sorgten wir dafür, dass wir lange, leichte Schwimmer und Bleigewichte hatten, um den Köder nach unten zu bringen, wo sie waren – in den tiefen, träge strömenden Tümpeln des Wood River. Wir standen dann sehr früh auf, manchmal schon um vier oder halb fünf, damit wir vor Sonnenaufgang an unserem Platz sein konnten, wenn die Saison offiziell anfing.
    Ich weiß nicht mehr genau, was wir da fingen, aber meistens hatten wir bis zum Mittag unser Limit von sechs Stück pro Kopf zusammen, und bis zehn war Pop meistens reingefallen oder hatte Wasser in die Stiefel gekriegt. Aber ich weiß
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