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TS 82: Geheimagentin der Erde

TS 82: Geheimagentin der Erde

Titel: TS 82: Geheimagentin der Erde
Autoren: John Brunner
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die Namen der Reisenden und händigten jedem eine etwa handgroße Plakette aus weißem Porzellan aus, die als Personalausweis galt.
    Unter den Antragstellern fielen Sir Bavis zwei Leute auf, die sich anders benahmen als die üblichen Handwerker, Schausteller und Abenteurer, die mit diesen Karawanen zu kommen pflegten. Sie standen nicht wie die anderen respektvoll an der Wand, während Heron verhandelte, sondern nahmen neben ihm Platz. Heron wies sie nicht zurück, und schon daraus war ersichtlich, daß auch er sie für Leute von Ansehen hielt.
    Heron stellte sie nicht vor, aber das entsprach den Gepflogenheiten. Solange ihnen das Bürgerrecht nicht zugesprochen war, existierten sie praktisch gar nicht. Sir Bavis hörte aber genau zu, als sie dem Amtsschreiber ihre Namen angaben. Und er merkte sich – er wußte selbst nicht recht, warum – daß der Dunkle Belfeor und der Blonde Pargetty hieß.
    Als sie sich zurückzogen, hatte Sir Bavis das sonderbare Gefühl, als ob Belfeor ihn nicht ansah, sondern in ihn hineinsah, als wolle er ihn durchschauen und ihm sein Geheimnis entreißen. Das war natürlich Unsinn … aber Sir Bavis fühlte sich doch irgendwie beunruhigt.
    Die großen Türen des Audienzsaales schwangen zu. Sofort begannen die Diener, Bänke und Tische für die große Versammlung des Abends hereinzutragen. Die Sitze wurden in Gruppen für die verschiedenen Stämme getrennt aufgestellt. Zugleich wechselten sie in den Ringen an den Wänden die abgebrannten Fackeln vom vorigen Abend gegen neue aus.
    Sir Bavis blieb auf seinem großen Thron sitzen und rührte sich nicht.
    Er dachte an morgen …
    Plötzlich verspürte er einen scharfen Schmerz in der Brust. Er konnte nicht genau sagen, wo es wehtat, und warum. Aber der Schmerz war so stark, daß er wie gelähmt dasaß. Er fühlte deutlich, wie sein Herz aussetzte. Um ihn herum war alles dunkel. Er kämpfte wie ein Ertrinkender, der wieder an die Luft will, und er überwand seinen Anfall, kam ächzend und keuchend wieder auf die Welt zurück.
    Erschrocken sah er sich um. Niemand schien etwas bemerkt zu haben. Äußerlich sah Sir Bavis aus wie immer – vielleicht im Moment etwas müde, abgespannt, mit tieferen Falten. Aber stark, gesund. Und doch hatte ein Gott soeben eingegriffen und ihm zur Warnung das Herz angehalten!
    Seit 18 Jahren regierte Sir Bavis Knole, Oberhaupt des Parradil-Stammes, nun schon in der Stadt. In dieser ganzen Zeit war der König mit jedem Jahr größer, stärker und weiser geworden. Jetzt entdeckte Sir Bavis, daß er vielleicht manchmal im stillen gehofft hatte, es würde mit ihm auch so gehen. Aber das war ein gefährlicher Irrtum gewesen. Der Schatten des Todes war auf ihn gefallen und hatte ihm gezeigt, daß er unrecht gehabt hatte.
    Ja, unrecht! Denn achtzehn Jahre lang hatte er geglaubt, sein Erfolg und seine anwachsende Macht seien sein Verdienst. O nein, sie waren nichts als ein Geschenk der Götter. Und nun ging es mit ihm bergab. Es hatte keinen Zweck, sich etwas vorzumachen.
    Der Schmerz ließ nach, sein Herz schlug wieder regelmäßig. Aber die Warnung war eindeutig gewesen. Gut denn – in diesem Jahr würde er die Königsjagd als ein Gottesurteil laufen lassen, ohne sie zu beeinflussen und ohne sich einzumischen. In den 18 Jahren seiner Regierungszeit hatte es keiner fertig bekommen, den König zu besiegen und zu töten. Diesmal behaupteten sie alle, dieser Saikmar aus dem Stamm Twywit würde es schaffen. Sollte er! Sollten die Götter ihren Willen zeigen und dieser Maskerade endlich ein Ende machen!
    Als Sir Bavis diesen Entschluß gefaßt hatte, fühlte er, wie sein Kopf wieder klar wurde. Er erhob sich und schritt majestätisch aus dem Saal.

 
2.
     
    Heron ritt langsam durch die belebten Straßen, und die Gäste aus dem Südland folgten ihm.
    Am Marktplatz gab es allerdings ein großes Durcheinander. Die Ankömmlinge versuchten sich gleich auf die Verhältnisse einzustellen und liefen schon überall herum, während die Aufseher noch versuchten, erst einmal die Tragtiere in Gruppen aufzustellen. Die Treiber der Karawane schielten natürlich mit einem Auge schon nach den Gaststätten, in die sie möglichst bald verschwinden wollten, und die Reisenden hofften, Dienstmänner anwerben zu können, die während der Nacht bei ihrem Gepäck Wache hielten. Tatsächlich wurden ihnen auch schon von etlichen Einwohnern Angebote gemacht.
    Außerdem wollten alle Händler in der Nähe des Marktplatzes übernachten, um am nächsten
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