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Trucks. Erzählungen

Trucks. Erzählungen

Titel: Trucks. Erzählungen
Autoren: Stephen King
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Ich dachte, mittlerweile hätten Sie das begriffen.«
    »Sie sind ja verrückt«, erwiderte Morrison.
    »Nein. Nur ein Pragmatiker. Und jetzt lassen Sie sich von mir über die Behandlung aufklären.«
    »Na gut«, stimmte Morrison zu. »Aber verlassen Sie sich darauf, daß ich mir als erstes, wenn ich hier herauskomme, fünf Schachteln Zigaretten kaufe und unterwegs zur Polizeiwache eine nach der anderen rauche.« Plötzlich fiel ihm auf, daß er an seinem Daumennagel kaute. Er riß sich zusammen.
    »Das ist Ihre Sache. Aber ich glaube doch, daß Sie Ihre Ansicht ändern werden, wenn Sie erst mal vollständig im Bilde sind.«
    Morrison erwiderte nichts darauf. Er setzte sich wieder auf den Stuhl und faltete die Hände.
    »Während des ersten Behandlungsmonats werden unsere Mitarbeiter Sie ständig überwachen«, begann Donatti. »Einige von ihnen können Sie erkennen. Aber nicht alle.
    Sie werden jedoch stets in Ihrer Nähe sein. Tag und Nacht. Und wenn sie Sie dabei erwischen, wie Sie eine Zigarette rauchen, bekomme ich einen Anruf.«
    »Und dann schleppen sie mich wohl hierher und machen den Kaninchentrick mit mir«, spottete Morrison. Er versuchte, sich kühl und zynisch zu geben, doch er hatte schreckliche Angst. Das war ja ein Alptraum.
    »O nein«, widersprach Donatti. »Den Kaninchentrick machen wir mit Ihrer Frau, nicht mit Ihnen.«
    Entsetzt starrte Morrison ihn an.
    Donatti lächelte. »Und Sie müssen zuschauen.«
    Nachdem Donatti die Tür aufgeschlossen hatte, lief Morrison zwei Stunden lang wie betäubt durch die Gegend. Wieder herrschte herrliches Wetter, doch er merkte es nicht.
    Die Erinnerung an Donattis lächelndes Gesicht machte ihn für alles blind.
    »Sehen Sie«, hatte er gesagt, »ein praktisches Problem muß auf praktische Weise gelöst werden. Denken Sie immer daran, daß wir ja nur Ihr Bestes wollen.«
    Donatti hatte ihm erzählt, die Nonfumo Gesellschaft sei eine Art Stiftung - eine gemeinnützige Organisation, gegründet von dem Mann, dessen Portrait an der Wand hing. Er hatte mit großem Erfolg mehrere Familienunternehmen betrieben -unter anderem ein Geschäft mit Spielautomaten, Massagesalons, Lotterien und einem regen (wenn auch heimlichen) Handel zwischen New York und der Türkei. Mort Minelli, alias
    »Dreifinger«, war starker Raucher gewesen, er verbrauchte pro Tag bis zu drei Schachteln Zigaretten. Das Papier, das er auf dem Bild in der Hand hielt, stellte einen ärztlichen Befund dar: die Diagnose lautete Lungenkrebs. 1970 war Mort gestorben, doch vorher hatte er die Nonfumo Gesellschaft gegründet und vom Familienvermögen finanziert.
    »Wir bemühen uns, die Kosten möglichst gering zu halten«, hatte Donatti gesagt. »Aber in erster Linie sind wir natürlich bestrebt, unseren Mitmenschen zu helfen. Natürlich muß man auch steuerliche Gesichtspunkte berücksichtigen.«
    Die Therapie war erschreckend simpel. Ein erster Rückfall, und Cindy sollte in das Kaninchenzimmer gebracht werden, wie Donatti es nannte. Beim zweiten Verstoß bekäme Morrison die Stromstöße verpaßt. Nach der dritten Übertretung kämen beide zusammen in das Zimmer. Eine vierte Sünde bedeutete eine ernsthafte Störung der Zusammenarbeit und erforderte härtere Maßnahmen. In diesem Fall sollte ein Vertreter der Gesellschaft zu Alvins Schule geschickt werden und sich den Jungen vornehmen.
    »Stellen Sie sich vor«, meinte Donatti lächelnd, »wie schrecklich das für Ihren Sohn wäre. Er könnte es ja nicht mal verstehen, wenn man es ihm erklärte. Er weiß lediglich, daß ihm jemand wehtut, weil sein Daddy böse war. Vor Angst wird er außer sich sein.«
    »Sie Schuft!« erwiderte Morrison verzweifelt. Er war den Tränen nahe. »Sie dreckiger gemeiner Schuft!«
     
    »Sie dürfen mich nicht mißverstehen«, hielt Donatti ihm entgegen. Sein Lächeln drückte Mitgefühl aus. »Ich bin sicher, daß das nie passieren wird. Bei vierzig Prozent unserer Klienten brauchen wir niemals Disziplinarmaßnahmen anzuwenden, und nur zehn Prozent erleiden mehr als drei Rückfälle. Diese Zahlen stimmen doch zuversichtlich, meinen Sie nicht auch?«
    Morrison empfand alles andere als Zuversicht. Er hatte Angst.
    »Sollten Sie allerdings ein fünftes Mal rückfällig werden-«
    »Was dann?«
    Donnati strahlte. »Dann schicken wir Sie und Ihre Frau in das Zimmer, Ihr Sohn bekommt die zweite Tracht Prügel, und Ihre Frau wird auch noch geschlagen.«
    Morrison, der an einem Punkt angelangt war, wo der nüchterne Verstand
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