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Tod Eines Senators

Titel: Tod Eines Senators
Autoren: Lindsey Davis
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besitzen, sollten sich nicht für Gerichtsverfahren interessieren, aber Helena dachte nicht daran, sich von patriarchalen Fossilien vorschreiben zu lassen, was sie verstehen konnte und was nicht. Falls meine Leser Provinzler aus einer matriarchalen Gesellschaft sind, zum Beispiel irgendwelche unglückseligen Kelten, will ich es erklären. Unsere strikten römischen Vorväter hatten Ärger gerochen und bestimmt, dass Frauen unwissend über Politik, Recht und, wo immer möglich, Geldangelegenheiten bleiben sollten. Unsere Vormütter hatten dabei mitgespielt, wodurch sie der schwachen Sorte Frau erlaubt hatten, »behütet« (und geschröpft) zu werden, während die starke Sorte das System fröhlich umstürzte. Dreimal darf man raten, für welche Sorte ich mich entschieden hatte.
    »Dazu müsste man wissen, worum es in dem Verfahren überhaupt gegangen ist«, setzte ich zum Erklären an.
    »Rubirius Metellus wurde beschuldigt, Ämter vergeben zu haben, Marcus.«
    »Ja.« Ich weigerte mich, überrascht zu sein, dass sie es wusste. »Während sein Sohn als kurulischer Ädile für die Straßeninstandhaltung zuständig war.« Ein Zwinkern erschien in Helenas schönen braunen Augen. Ich grinste zurück. »Oh, du hast deinen Papa gefragt.«
    »Gestern.« Helena machte sich nicht die Mühe zu triumphieren. Ihr Bruder Aelianus, ein unterdrückter Traditionalist, warf sich nach einem angewiderten Schnauben Oliven in den Mund. Er wollte eine Schwester der üblichen Art, der gegenüber er sich aufspielen konnte. Justinus zeigte ein überlegenes Lächeln. Helena nahm beide nicht zur Kenntnis und sagte zu mir: »Es gab eine Menge Anklagepunkte gegen Metellus, allerdings nur wenige Beweise. Er hatte seine Spuren gut verwischt. Aber wenn er in allem, was ihm vorgeworfen wurde, schuldig war, dann war seine Korruption ungeheuerlich.«
    »Das Gericht war davon überzeugt.«
    »Und war dein Dokument nun wichtig?«, beharrte sie.
    »Nein.« Ich schaute zu Justinus, der nach Lanuvium geritten war, um es zu holen. »Es gehörte nur zu einem ganzen Bündel eidesstattlicher Erklärungen, die Silius Italicus beim Prozess vorlegte. Er bombardierte den Richter und die Geschworenen mit Beispielen von Verfehlungen. Er hatte jeden Pflasterleger aufgeboten, der sich je Vorteile verschafft hatte, und ließ sie alle dasselbe sagen: Ich habe den Metelli zehntausend gegeben für die Zusicherung, dass wir den Kontrakt für Reparaturen an der Via Appia bekommen würden. Ich habe Rubirius Metellus fünftausend gegeben, um den Vertrag für die Instandhaltung der Gullys auf dem Forum des Augustus …«
    Helena schniefe vor Missbilligung. Einen Moment lang lehnte sie sich zurück, das Gesicht der Sonne zugewandt, eine hoch gewachsene junge Frau in Blau, die ruhig diesen schönen Morgen auf der Terrasse ihres Hauses genoss. Eine Locke ihres feinen dunklen Haars fiel über ein Ohr, an dessen Ohrläppchen an diesem Morgen kein Ohrring hing. Als einzigen Schmuck trug sie einen Silberring, mein Liebesgeschenk aus der Zeit vor unserem Zusammenleben. Sie wirkte gelassen, aber sie war wütend. »Der Sohn war derjenige, der das Amt innehatte und seinen Einfluss ausnutzte. Doch der wurde nie vor Gericht gestellt, oder?«
    »Papa hatte das ganze Geld«, wies ich sie hin. »Finanziell ließ sich nichts rausholen bei einem vor dem Gesetz Minderjährigen, der noch nicht aus der väterlichen Gewalt entlassen worden war. Leute, die kein eigenes Geld haben, werden nie verklagt. Der Fall hat trotzdem vor Gericht funktioniert. Silius malte das Bild eines machtlosen Sohnes aus, der unter dem autoritären väterlichen Daumen gefangen war. Der Vater wurde als ein noch schlimmerer Charakter dargestellt, weil er zu Hause einen Schwächling seinem unmoralischen Einfluss ausgesetzt hatte.«
    »Oh, das tragische Opfer eines schlechten Vaters!«, höhnte Helena. »Ich frag mich, wie die Mutter wohl ist.«
    »Sie war nicht im Gericht. Pflichtbewusste Matrone, die bei öffentlichen Angelegenheiten keine Rolle spielt, nehme ich an.«
    »Weiß von nichts, kümmert sich um noch weniger«, grummelte Helena. Sie glaubte daran, dass die Rolle einer römischen Matrone darin bestand, starken Anstoß an den Verfehlungen ihres Mannes zu nehmen.
    »Der Sohn könnte selbst eine Ehefrau haben.«
    »Irgendein verwaschenes, wimmerndes Gespenst«, entschied mein sehr direktes Mädel. »Ich wette, sie scheitelt ihr Haar in der Mitte und hat ein hohes Stimmchen. Ich wette, sie kleidet sich in Weiß. Ich
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