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Tod an der Förde

Tod an der Förde

Titel: Tod an der Förde
Autoren: H Nygaard
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Untersuchung lohnen würde, ist ein privates Bordell. Dort drüben.« Küster
streckte den Arm aus und wies mit dem Zeigefinger auf ein schräg
gegenüberliegendes Haus, vor dessen Hecke das Tatwerkzeug gefunden worden war.
    »Dann sehen wir uns das doch einmal genauer an«,
beschloss Vollmers und ließ sich von einem der Kriminaltechniker ein Foto
geben, das mit einer Sofortbildkamera geschossen worden war. Staatsanwalt
Kremer und Oberkommissar Horstmann folgten ihm wortlos.
    Das graue Haus mochte zu Beginn des vorigen
Jahrhunderts gebaut worden sein. Es machte einen gepflegten Eindruck. Die hohen
Fenster mit den von Säulen getragenen Stürzen sowie die umlaufenden Reliefs
verliehen dem Bauwerk den Charakter, der modernen Profanbauten häufig fehlt.
Neben dem Gebäude führte eine Treppe zu einem überdachten Windfang, dem Eingang
zum Haus.
    Ein tiefer melodischer Gong ertönte. Nach einer Weile
wurde die Tür geöffnet, und eine stark geschminkte Blondine mit einem üppigen,
aber makellosen Dekolletee erschien in der Türöffnung. Sie war sicher nicht
mehr ganz jung, aber immer noch von einer unbestimmten Attraktivität. Sie
musterte die drei Männer.
    »Polizei?« Es klang eher wie eine Feststellung als
eine Frage.
    »Richtig«, antwortete Vollmers und wollte nach seinem
Ausweis greifen.
    »Lasst stecken, Jungs«, erwiderte die Blonde und zog
ihre linke Augenbraue gekonnt in die Höhe. »Ihr tragt euren Ausweis doch im
Gesicht. Ist das euer Lehrling?«
    Sie sah Kremer an.
    »Das ist der Staatsanwalt«, erklärte Vollmers.
    »Oje. Die geballte Macht.« Die Blonde war nicht aus
der Ruhe zu bringen. Sie machte den Eingang frei. »Kommt doch rein. Bei uns
bleibt niemand draußen.« Es war ihr anzumerken, dass diese doppeldeutige
Formulierung nicht unbeabsichtigt über ihre Lippen kam.
    Das Foyer war mit roter Seidentapete ausgekleidet. Die
manikürte Hand der Blondine wies auf eine Gruppe schwerer Sessel.
    »Setzt euch so lange. Ich hol mal den Chef. Wollt ihr
was trinken?« Sie machte einen Schritt auf die Bar zu.
    »Nein, danke«, wehrte Vollmers ab.
    »Hätte euch nichts extra gekostet.« Die Blonde
zwinkerte mit einem Auge und verschwand in einem Gang. Im Hintergrund war ein
leises Tuscheln zu hören.
    Kurz darauf erschien ein schlanker Mann, dessen
Schritte der dicke Teppich verschluckte. Sein Haar lag in Wellen um die Ohren
und bündelte sich zu einem dichten Wust über dem Hemdkragen. Am freien
Ohrläppchen glitzerte ein großer Brillant. Kräftige Augenbrauen markierten die
braunen Augen in dem dunklen Gesicht. Der Dreitagebart verlieh dem Mann etwas
Verwegenes. Die Knopfleiste seines blütenweißen Hemdes war bis kurz über den
Bauchnabel geöffnet und gab den Blick auf ein großes rundes Amulett frei, das
vor der behaarten Brust hing. Zwischen der hellen Seidenhose und dem Hemd
bildete ein geflochtener Ledergürtel mit einer übergroßen silbernen Schnalle
einen auffälligen Kontrast.
    Natürlich fehlte am Unterarm der linken Hand nicht die
schwere goldene Uhr. Vollmers musste schmunzeln. Der Mann war der Inbegriff
eines Zuhälters. Und wenn er jetzt noch … Tatsächlich! Der Bursche machte den
Mund auf und sprach unverkennbar mit österreichischem Dialekt.
    »Grüß Gott, die Herren. Sie sind von der
Gendarmerie?«, säuselte die erstaunlich hohe Stimme.
    »Wir sind von der Polizei«, antwortete Vollmers.
    »Was kann ich für die Herren tun?«
    »Sie sind der Betreiber dieses Etablissements?«
    Der Mann musterte die drei Ermittler intensiv.
    »Ja«, hüstelte er dann gekünstelt. »Obwohl ich die
praktische Leitung abgegeben habe. Meine Geschäftsführerin haben Sie ja schon
kennengelernt.«
    »Wie heißen Sie?«
    Der Mann maß Vollmers vom Scheitel bis zur Sohle.
    »Hinterbichler«, sagte er dann.
    Horstmann hielt die Hand an den Mund und unterdrückte
ein Glucksen. »Österreicher?«
    »Haben Sie etwas gegen uns?«, erwiderte der
Bordellbetreiber. »Es gibt die Gewerbefreiheit im vereinten Europa.«
    »Vorname? Papiere?« Vollmers ging nicht weiter auf die
kleinen Spitzen ein.
    »Harry Hinterbichler.« Dann nannte er eine Adresse und
sein Geburtsdatum.
    »Sie sind also achtundzwanzig«, stellte Vollmers fest.
»Kann ich mal Ihre Papiere sehen?«
    Der Zuhälter fuhr sich theatralisch mit der Hand über
die Augen.
    »Ach, du Schreck. Die habe ich in meiner Wohnung
gelassen. Vorsichtshalber. Ich gehe häufig ohne Papiere aus. Man weiß ja nie …
die Zeiten sind sooo unsicher.«
    Horstmann zog sich
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