Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)

Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
waren in einem umgebauten alten Wohnhaus in einer ruhigen, schattigen Straße mit vielen ähnlichen Kanzleien und Büros untergebracht, nur wenige hundert Meter von der Main Street und dem Zentrum von Strattenburg entfernt. Bei schönem Wetter füllten sich die Gehwege der Park Street mit Anwälten, die mit ihren Aktenkoffern dem nur zehn Minuten entfernten Gericht zustrebten oder von dort kamen. Und um die Mittagszeit schlenderten ganze Gruppen von Anwälten, Steuerberatern und Architekten lachend und plaudernd zum Essen. Immer wieder hasteten Sekretärinnen und Anwaltsgehilfen mit wichtigen Papieren zu anderen Kanzleien oder zum Gericht.
    Dagegen besaßen Kinder auf Fahrrädern in der Park Street Seltenheitswert. An Wochentagen kam jedoch zumindest eines jeden Nachmittag angeflitzt: Theo.
    Soweit Theo wusste, war er der einzige Achtklässler in Strattenburg, der sein eigenes Rechtsanwaltsbüro hatte. Eigentlich war es kein richtiges Büro, sondern nur eine Kammer hinten im Haus, von der eine Tür auf den Parkplatz führte, wo seine Eltern und die Angestellten der Kanzlei ihre Fahrzeuge abstellten. In Kanzleien fehlt es grundsätzlich an Archivraum, weil Rechtsanwälte es nicht über sich bringen, Sachen wegzuwerfen und außerdem jede Menge Papier produzieren. Deswegen war Theos Büro früher als Abstellkammer genutzt worden, in der alte Akten und Putzmittel aufbewahrt wurden. Nachdem er den Raum in Beschlag genommen und ausgeräumt hatte, hatte er einen Kartentisch aufgestellt, der ihm als Schreibtisch diente. Auf dem Dachboden hatte er einen ausrangierten Drehstuhl gefunden und ihn mit Draht und Sekundenkleber notdürftig repariert. An einer Wand hing ein Poster der Baseball-Mannschaft Minnesota Twins, deren treuer Fan Theo war, an der anderen eine Zeichnung von Theo im Cartoonstil, die ihm April Finnemore zu seinem zwölften Geburtstag geschenkt hatte.
    Auf dem Schreibtisch lagen üblicherweise Hefte und andere Schulsachen, darunter war normalerweise ein Hund zu finden: Judge. Judges Alter und Herkunft würden wohl für immer ein Rätsel bleiben, bekannt war nur, dass er aus dem Tierheim stammte und kurz davor gestanden hatte, eingeschläfert zu werden. Theo hatte ihn zwei Jahre zuvor in letzter Sekunde im Tiergericht gerettet, ihm einen neuen Namen gegeben und ihn mit nach Hause genommen, wo er nachts friedlich unter Theos Bett schlummerte. Tagsüber streifte Judge unauffällig durch die Räume der Kanzlei Boone & Boone , hielt gelegentlich ein Nickerchen in seinem Körbchen unter Elsas Schreibtisch am Eingang oder, wenn der Besprechungsraum nicht genutzt wurde, unter dem großen Konferenztisch. Manchmal trieb er sich in der kleinen Küche herum, in der Hoffnung, dass etwas Essbares für ihn abfiel. Judge wog achtzehn Kilo, und obwohl er dasselbe aß wie die Menschen um ihn herum, nahm er nie auch nur ein Gramm zu– das sagte zumindest der Tierarzt, der ihn alle vier Monate untersuchte. Judge liebte herzhafte Speisen wie Chips, Cracker und Wurst- oder Schinkenbrote, war aber nicht wählerisch. Wenn Geburtstag gefeiert wurde, fiel für ihn immer ein Stück Kuchen ab. Wenn jemand, meist Theo, Frozen Yoghurt bei Guff holte, bekam Judge seine eigene Kugel, am liebsten Vanille. Und Judge war das einzige Mitglied der Kanzlei, das die grässlichen Haferkekse herunterbekam, mit denen Mr. Boones Sekretärin Dorothy mindestens einmal im Monat Angst und Schrecken verbreitete.
    Das Einzige, was Judge verschmähte, war Hundefutter. Stattdessen aß er, wie Theo, Cheerios mit Milch zum Frühstück– allerdings mit Vollmilch statt fettarmer Milch–, und schloss sich der Familie auch beim Abendessen an. Dazwischen fiel in der Kanzlei immer wieder eine Kleinigkeit für ihn ab, während Theo in der Schule war.
    Von den Anwälten um ihn herum hatte Judge gelernt, wie wichtig Pünktlichkeit war. Termine, Konferenzen, Gerichtsverhandlungen, Besprechungen, Zeitpläne und so weiter. In der Kanzlei behielt jeder stets die Uhr im Blick, und die Uhr bestimmte alles. Judge hatte seine eigene Uhr und wusste, dass Theo mittwochs, wie an den meisten Tagen, gegen vier Uhr aus der Schule kam. Deshalb verschwand er pünktlich um halb vier unter Elsas Schreibtisch und döste wieder ein. Aber es war ein Hundeschlaf, der nicht sehr tief war, eher ein Nickerchen, bei dem Judge die Augen halb geöffnet hielt und lauschte, bis Theo endlich draußen die Treppe vor dem Haus heraufkam und sein Rad auf der Veranda anschloss.
    Wenn Judge das hörte,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher