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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition)
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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sich allerdings täuschte, waren die Auswirkungen der Verwüstungen auf das Funktionieren von Militär und Bagage. Das Feldlager entsprach in seiner Ausrüstung und Organisation einer Siedlung ähnlicher Größe im Reich und der Versorgungstross besaß alles an Technik, Material und Werkzeug, um jegliche Ausrüstungsgegenstände und Waffen zu reparieren oder zu ersetzen.
    Diese eingeübte und erprobte Maschinerie lief jetzt an und wo es, wegen des vorausgegangenen Unglücks, Lücken durch das Fehlen vernichteter Rohstoffe oder getöteter Menschen gab, wurde dies durch Erfahrung und Geschick wettgemacht.
    Die Beschäftigung mit den vertrauten Arbeiten, die Konzentration auf auch ungewohnte Tätigkeiten und die zunehmende Normalisierung und Beruhigung von Wetter und Umwelt, ließen die Männer die durchstandene Heimsuchung erst einmal vergessen. Nur wenn zufällig und unabsichtlich der Blick auf die zu Dutzenden aufeinander gereihten, zerschmetterten und verstümmelten Leichname fiel, welche, falls ihr Rang oder die Bedeutung ihrer Familien keine Rückführung in die Heimat rechtfertigte, in der Ebene so schnell wie möglich begraben wurden, gab es ein kurzes, alptraumhaftes Erinnern  an Panik und Todesangst, das jeder durch noch hingebungsvolleres Versenken in seine jeweilige Aufgabe auszulöschen suchte.
     
    Christian und Ronald halfen, wo sie konnten. Vor allem Ronald war auf Grund seiner enormen Kräfte und seines Geschicks überall gerne gesehen. Christian stammte zwar aus weitaus bedeutenderem und angesehenerem Hause, doch da er noch verhältnismäßig jung und dies sein erster Waffengang im Heer war, kannte ihn fast niemand und keiner wusste so recht, was man von ihm halten sollte oder ihm zutrauen könnte. Dass er sich bei seiner Herkunft überhaupt an den gewöhnlichen Arbeiten aktiv beteiligte, weckte gemischte Gefühle zwischen Misstrauen, Unverständnis und Anerkennung.
    Am Nachmittag waren sie damit beschäftigt, für die zu einem großen Teil wieder eingefangenen Pferde eine neue Koppelumzäunung zu bauen.
    Außerdem mussten sie ohnehin nach ihren Pferden sehen und nachschauen, ob alle den Sturm gut überstanden hatten und obwohl sein riesiges schweres Kaltblut, das für die Panzerreiterei ausgebildet war, den mit Abstand größten Wert besaß, ging es ihm vor allem um sein normales Reitpferd, welches er von Arnulf  geerbt hatte und das er, auch wenn er kein Pferdenarr wie sein Bruder war, allein schon aus wehmütiger Erinnerung  jedem anderen  Ross vorzog. Auch sollte der Hengst wegen seiner außergewöhnlichen, gänzlich weißen Färbung Glück bringen. Was Christian nicht wusste, war, dass sein Leben nicht trotz, sondern wegen des vermeintlich segensreichen Schimmels in Gefahr war. Er sollte es noch herausfinden.
    Der am herzoglichen Hof für die Pferde verantwortliche Marschall war ein angesehener Mann. Er gehörte zwar immer noch zur Klasse der Unfreien, doch niemand hätte ihn so behandelt. Die drei Sprösslinge waren aber ein Haufen von an Hinterhältigkeit, Boshaftigkeit und Verlogenheit kaum zu übertreffenden Kreaturen. Am besten kannte Christian Rüdiger, den Jüngsten, denn jener war, gemessen an seinen Brüdern, fast umgänglich. 
    Als er seinen Vater vor einigen Jahren einmal an den Hof nach Braunschweig begleitete, hatte er den Gleichaltrigen kennen gelernt. Fast eine Woche lang hatten sie jeden Tag gemeinsam etwas unternommen. Für eine Freundschaft war das natürlich zu kurz, aber Christian war sich sicher, dass Rüdiger sich an ihn erinnern würde. So wandte er sich also an den Jüngsten der drei Brüder.
    "Wir wollen helfen. Was sollen wir machen? – Pferde einfangen oder die Koppel wieder herrichten?"
    "Sieh an, der junge Herr ist sich nicht zu schade, dem gemeinen Gesinde zu helfen!"
    Konrad, der Älteste der Brüder, lehnte sich, einen langen Grashalm scheinbar genüsslich im rechten Mundwinkel kauend, mit den Ellenbogen rücklings auf den offensichtlich gerade wieder errichteten Koppelzaun stützend, selbstzufrieden zurück.
     "Vielleicht können Majestät ja auch gleich die armen Pferde heilen, die mit zerbrochenen Gliedmaßen am Waldessaum liegen?", fragte Lothar, der dritte im Bunde, während er sich mit übertrieben theatralischer Verbeugung an Christian wandte.
    Der Dummheit seiner Bemerkung war er sich wie immer nicht bewusst, er schielte nur, nach Anerkennung witternd zu seinem älteren Bruder. 
    "Ich weiß nicht, ob Majestät zerschmetterte Knochen heilen kann",
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