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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen
Autoren: Michaela Seul
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Frieseneggers Unterarm.
    »Was?«
    »Oder nicht?«, fragte er.
    »Wo?«
    Er wies Richtung Russenvilla.
    »Allein?«
    »Das ist gefährlich. Das habe ich Ihnen schon mehrfach gesagt. Aber Sie müssen ja Ihre Gelüste befriedigen. Quasi FKK .«
    »Und dafür bräuchte ich ein Fernglas.« Ich deutete auf das Gerät vor Sepp Frieseneggers Brust. Er zögerte kurz, griff in seine Jackentasche und holte ein kleines Fernrohr heraus. »Das krieg ich fei wieder.«
    »Danke.«
    »Ist ja nicht so einfach, den Hund zu erkennen im Dickicht.«
    »Und Sie sind sicher? Es war wirklich mein Hund?«, vergewisserte ich mich noch einmal.
    »Ich wüsste nicht, wie man den verwechseln soll. Der ist genauso eine Nummer wie Sie.«
    *
    »Dann lasst die Falle mal zuschnappen«, befahl Michail, zwei Minuten, nachdem einer seiner Männer den Polizisten unter dem Cateringpersonal entdeckte hatte. Nur kurz hatten sie überlegt, dann Rücksprache genommen und den Befehl erhalten. Der Bulle war allein. Das war dumm. Was wollte einer allein ausrichten? Noch dazu einer, den sie schon kannten. Der Gegner ließ nach. Personalmangel? Sparmaßnahmen? Sie beschlossen, ihn nicht nach einem Durchsuchungsbescheid zu fragen, sondern ihn einfach festzusetzen. In der Kammer. Morgen würden sie ihn beim Aufräumen zufällig finden und ihm seine Waffe und sein Handy zurückgeben. Kleines Missgeschick, dass ihm das aus der Tasche gerutscht war. Das gehört sicher Ihnen? Wie sind Sie hier überhaupt reingekommen? Kann ich mal bitte Ihre Einladung sehen?
    Er hätte keine Chance, ihnen zu beweisen, dass sie ihn mutwillig festgesetzt hatten. Das Recht war auf ihrer Seite, da er nicht auf der Gästeliste stand. Die Cateringfirma, mit der sie seit Jahren zusammenarbeiteten, würden sie demnächst etwas genauer in Augenschein nehmen, wenn die erste Anfrage auch negativ ergeben hatte. Niemand hatte behauptet, der Mann gehöre zu ihnen. Er stand nicht auf der Personalliste, und seine schwarze Hose ging nur auf den ersten Blick als Kellneruniform durch.
    »Stellt ihm was zu essen und zu trinken rein«, befahl Michail. »Er soll später nicht behaupten, Russen wären schlechte Gastgeber.«

82
    Auf einmal wimmelte es im Wald von Polizisten. Wo kamen die her? Hatten die auf den Bäumen gesessen? Und welch überraschende Artenvielfalt! Es gab grüne in Uniformen und blaue, es gab schwarze in Kampfanzügen und solche in Straßenkleidung, Lederjacken. Im Wald bildeten sie eine Kette, alle paar Meter stand einer, in der Ferne hörte ich Hundegebell, wie damals, als alles begann und Felix die Hundestaffel gerufen hatte. Vom Wanderweg oberhalb der Russenvilla aus beobachtete ich den Aufmarsch und den Sturm durch Sepp Frieseneggers Fernglas. Dabei konnte ich auch mit bloßem Auge gut sehen, allerdings keinen Flipper. Dutzende schwarz gekleideter Männer mit Helmen und kurzen Gewehren im Anschlag stürmten das Gebäude. Eine Frau schrie. Sonst drang kein Geräusch nach außen. Ein Hubschrauber kreiste über dem Heiligen Berg, drehte ab. Wie im Fernsehen. Bloß live. Leider hatte ich keine Muße, mir das in Ruhe anzusehen, denn vielleicht war Flipper irgendwo in diesem Hexenkessel. Er würde für einen Bösen gehalten werden mit seiner schwarzen Vermummung. Ich versuchte mich zu beruhigen und mir nichts Schlimmes auszumalen. Damit würde ich es anziehen und wahr werden lassen. Selbst erfüllende Prophezeihung. Ich stellte mir Flipper vor, wie er diensteifrig wedelnd durch die Räume der Villa lief, wo uniformierte Spezialeinheiten Russen und solche, die mit ihnen Geschäfte machten, an die Wände schubsten.
    »Beine spreizen!«
    Wie Flipper freundlich Slalom lief zwischen den Ganovenbeinen hindurch, um die angespannte Stimmung aufzulockern, wie er auch mal ein weggeworfenes Tütchen Kokain, Heroin aufhob und es höflich demjenigen zurückbrachte, der es offenbar verloren hatte. Wie er sich auch nicht zu schade war, Waffen einzusammeln und sie auf einen Haufen zu legen, wenn möglich gleich den passenden Jacketts zugeordnet, ein Klacks für Flipper. Selbstverständlich würde er gefälschte Pässe erkennen, und sollte jemand womöglich versehentlich gleich mehrere eingesteckt haben – unter Umständen befand sich Frau Dr. Erika Falk unter den Gästen – würde er die Beamten dezent darauf hinweisen. Der schreienden Frau würde er Trost spenden, im Tränentrocknen war er große Klasse, und ganz allgemein würde er für einen friedlichen und freundschaftlichen Ablauf des Einsatzes
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