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Sherry Thomas

Sherry Thomas

Titel: Sherry Thomas
Autoren: Eine fast perfekte Ehe
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jedenfalls nicht ohne eine weitere verzweifelte Attacke – auch
wenn diese zweifellos zum Scheitern verurteilt war und sie sich nur tapfer dem
eigenen Untergang entgegenstellen konnte.
    Jetzt waren alle Augen auf sie
gerichtet, auch die von Camden. Er wirkte nicht im Mindesten überrascht, ein
wenig amüsiert höchstens, ansonsten spiegelte seine Miene nur einen Gleichmut,
der für Gigis Vorhaben nichts Gutes verhieß. Sie wartete darauf, dass er sie
begrüßte, ihr wenigstens einen Satz sagte. Doch abgesehen von ein paar
geflüsterten Worten zur Dame neben ihm blieb er stumm und ließ Gigi sich allein
in den Kampf stürzen.
    Mit erhobenem Kopf ließ sie den Blick
über den Speisesalon schweifen. »Tremaine, ich habe wirklich mehr von dir
erwartet. Diese Einrichtung ist ja ein Verbrechen.«
    Die Anwesenden ließen im Chor einen
Schreckenslaut hören, der von der hohen Decke widerhallte.
    Er lächelte nur, und das kühl, aber
sie schöpfte wieder Hoffnung. »Meine Teure, ich weiß genau, dass ich dir ausdrücklich
mitgeteilt habe, dass das Dinner um halb sieben beginnt. Dein Erscheinen hier
ist also alles andere als pünktlich.«
    »Meinen Mangel an Pünktlichkeit
besprechen wir nachher unter vier Augen«, erwiderte sie mit klopfendem
Herzen. »Wenn du mich nun deinen Freunden vorstellen würdest ...«
    Lady Tremaine konnte sich bis zum Ende
nicht richtig merken, wer ein Astor, ein Vanderbilt oder ein Morgan war. Das
machte aber nichts, denn Gigi war vermögend, was die Herren und Damen
bewunderten, und trug einen Titel, wofür sie alle einiges gegeben hätten. Ihr
Wesen passte wunderbar zur besten Gesellschaft von New York, in der man
allgemein temperamentvoll, entschlossen und ehrgeizig war. Die Damen begrüßten
ihre Unabhängigkeit, einige von ihnen sympathisierten mit
den Suffragetten. Den Männern hingegen blieb bei ihrem Anblick der Mund offen
stehen, genau wie Camden.
    Als sie ihn eben mehr oder weniger
heimlich – nachher unter vier Augen – dazu aufgefordert hatte, sie im
Bett in den Wahnsinn zu treiben, mussten einige der Herren ihre Krawatten am
Hals lockern. Gigis verführerisch weibliche Ausstrahlung war deutlich fühlbar,
quälend deutlich, was Camden anging. Für den Rest des Abends kam keine andere
Frau mehr in seine Nähe; selbst ein Blinder hätte gemerkt, dass er sich nur
noch mit Mühe zivilisiert aufführte und bestimmt in aller Öffentlichkeit über
sie herfallen würde, falls die Gäste nicht demnächst verschwanden. Und das
bei seiner eigenen Gattin!
    Am Ende tat Gigi dann etwas, das
mindestens ebenso schockierend war wie Tremaines Verhalten. Punkt elf Uhr
stellte sie sich mitten in den Salon. »Es war wirklich wunderbar, der besten
Gesellschaft New Yorks vorgestellt zu werden. Aber wenn Sie mich jetzt
entschuldigen wollen, die Reise war lang, und ich bin erschöpft. Ladies und
Gentlemen, ich darf mich zurückziehen. Gute Nacht.«
    Damit ging sie und zog dabei die
kunstvolle kleine Schleppe ihres Kleides hinter sich her. Zurück blieben die
sprachlosen Gäste. Die Damen wedelten sich kräftig Luft zu, die Herren machten
ein Gesicht, als hätten sie leichten Herzens die Hälfte ihres
Geschäftsimperiums übereignet, wenn sie ihr nur hätten folgen dürfen.
    »Wie Sie sehen«, verkündete
Camden scherzhaft, »habe ich wohl meine Pflichten als Ehemann vernachlässigt,
was die Leitung und Disziplinierung meiner Frau angeht. Ich darf Ihnen indes
versichern, dass ich dieser noblen Aufgabe fortan einen Großteil meiner Zeit
widmen werde.«
    Die Hälfte der Frauen errötete. Drei
Viertel der Männer räusperten sich. Gleich darauf begann alles, sich zu verabschieden,
und der Salon leerte sich in Rekordzeit.
    Camden rannte die Treppe hinauf, in
seine Räume und warf die Tür zu seinem Schlafzimmer auf. Sie lag ausgestreckt auf seinem Bett, das Kinn in
die Hände gestützt und las seine Ausgabe des Wall Street Journals – splitternackt!
Diese Beine, der vollendet geformte Po, die vollen Brüste, die er gerade noch
ausmachen konnte ... und das wunderbare lange Haar, das ihren Rücken bedeckte.
Seine Begierde verwandelte sich in brennende Leidenschaft.
    Sie wandte den Kopf und lächelte.
»Hallo, Camden.«
    Schnell schloss er die Tür hinter
sich. »Hallo, Gigi. Du in New York, was für eine Überraschung.«
    »Na ja, die Stadt bietet eben beste
Möglichkeiten, neue Geschäftskontakte zu knüpfen und so weiter und so weiter.«
    »Du hast dir wirklich Zeit
gelassen«, brummte er. »Ich wollte schon ein
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