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Schwarzlicht (German Edition)

Schwarzlicht (German Edition)

Titel: Schwarzlicht (German Edition)
Autoren: Horst Eckert
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Kücheneinrichtung hatte Nina ausgesucht. Sie kochte gern, wenn sie die Zeit dazu fand. Was sie jetzt gerade trieb, wollte sich Vincent lieber nicht ausmalen. Er hatte mehrfach ihre Handynummer gewählt, aber es hatte sich nur die Mailbox gemeldet.
    Sein Blick fiel auf das große Bild an der Wand. Die Leinwand zeigte den Blick auf Santorins Steilküste und auf das Meer. Viel Blau in unterschiedlichen Tönen. Grobe Striche, scheinbar mit Leichtigkeit aufgetragen, aber Vincent wusste, dass Nina wochenlang vor der Staffelei gestanden hatte. Einige Jahre war das her, in letzter Zeit hatte sie oft geklagt, dass sie vor lauter Arbeit nicht mehr zum Malen komme.
    Von wegen Überstunden, ging es Vincent durch den Kopf. Der einmalige Ausrutscher, die Karnevalslaune, die Nina angeblich selbst am meisten bereute, war in Wirklichkeit noch aktuell. Darauf hätte er wetten können, auch wenn sie noch so oft das Gegenteil behauptete.
    Der Gedanke daran, in der gemeinsamen Wohnung auf Ninas Rückkehr zu warten, wurde Vincent mit jeder Minute unerträglicher. Er kam sich vor wie ein Auslaufmodell. Ich sollte ebenfalls Abstand gewinnen.
    Im Speicher seines Handys fand Vincent die Nummer des Hotels gegenüber dem Präsidium, in das seine Dienststelle manchmal Zeugen einquartierte, die von auswärts kamen. Er rief an – ausgebucht. Der Mann an der Rezeption nannte als Grund die Drupa , die weltweit größte Messe für Druckmaschinen und Printmedien. Vincent ließ sich die Nummer der städtischen Touristeninformation geben und erkundigte sich dort.
    Die letzten freien Zimmer wurden zu astronomischen Preisen feilgeboten und lagen weit außerhalb der Stadt. Oder in finsteren Absteigen, an deren Namen sich Vincent noch aus seiner Zeit bei der Kriminalwache erinnerte.
    Ihm fiel Ingo Ritters Visitenkarte in die Finger. Ein Name und eine Handynummer auf weißem Karton.
    Es klingelte bereits das siebte oder achte Mal und Vincent wollte schon auflegen, als Ingo in der Leitung war.
    «Ich bin in einer momentanen Notlage», sagte Vincent.
    Ein kurzer Moment der Stille, dann antwortete Ingo: «Shit, ey, wozu sind Freunde da?»

8

    Die Adresse, die der Kollege ihm genannt hatte, entpuppte sich als Neubau südlich der Innenstadt, keine zwei Kilometer von der Festung entfernt, ruhig am Rand eines kleinen Parks gelegen. Vincent fand sogar einen Parkplatz vor dem Haus.
    Ingo fuhr in seinem schwarzen BMW-Geländewagen vor. Der Kollege trug ein anderes Hemd als am Mittag, einen hellblauen Pullover über den Schultern, die Ärmel locker vor der Brust verknotet. Doch zugleich wirkte er verschwitzt, seine strähnigen Haare hätten zumindest einen Kamm nötig gehabt. «Gestatten, Immobilien-Ritter.»
    «Ich hab dich gestört, stimmt’s?»
    «Ach was. Wir waren ohnehin gerade fertig, als du anriefst.»
    «Neue Freundin?»
    «Nichts Festes. Eine süße Referendarin, die gerade bei der Staatsanwaltschaft Station macht. Wer weiß, vielleicht kommandiert sie uns eines Tages herum.»
    Vincent holte seinen Trolley und die Laptoptasche aus dem Kofferraum und drückte dem Kollegen einen Beutel mit weiteren Klamotten in die Arme.
    «Sagtest du, ein kleiner Krach?», fragte Ingo. «Das sieht mir eher nach einer handfesten Trennung aus!» Er griff nach der Sporttasche, konnte sie aber kaum über die Kante des Kofferraums heben, weshalb er sie wieder zurückstellte. Eisen klapperte. «Mein Gott, was hast du da drin?»
    Es gab einen Aufzug. Die Bude lag unter dem Dach im vierten Stock, Ingo schloss auf und drückte sämtliche Lichtschalter. «Du wirst sehen, Vinnie, das Apartment ist wie für dich gemacht. Parkett aus Eichenstäben, Fußbodenheizung, Gegensprechanlage mit Videokamera.»
    Die Räume waren komplett möbliert. Nicht nach Vincents Geschmack, aber gediegen. Im Flur eine barock wirkende Kommode, ein Wandspiegel in verschnörkeltem Holzrahmen. Ingo öffnete Türen und pries an: «Gäste-WC, modernes Bad, bodengleiche Dusche mit Jumbo-Rainshower-Kopfbrause.»
    Maklerprosa, dachte Vincent. Im Eiltempo ging es weiter. Die Küche wirkte, als sei sie nie benutzt worden. Auch im Wohnzimmer gab es Antiquitäten. Silberne Kerzenleuchter, schwere Vorhänge, ein flauschiger Teppich. Eine wurmstichige Holzskulptur des heiligen Sebastian, leidend, von allerlei Pfeilen durchbohrt.
    «Kein Fernseher?», fragte Vincent.
    «Wirst du nicht vermissen.» Ingo deutete auf einen Beamer, der an der Decke hing. «Privatkino. Die Wand dient als Projektionsfläche, die Filmauswahl ist
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