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Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Titel: Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)
Autoren: Nicholas Grünke
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vorsichtig:
    «Viel anstrengender, als ich dachte. Ich bin jetzt schon ziemlich erschöpft. Werde mich wohl erst mal daran gewöhnen müssen.»
    «Natürlich, everything is going to be alright.»
    «How is Amsterdam?»
    «Alles gut, alles okay. Darling. I have to go, wir haben gleich Probe. Wollte nur kurz hallo sagen. Love you, talk tonight.»
    Wir bekommen Kaffee nachgeschenkt. Richie hat nichts mehr gesagt, seit ich das Telefonat beendet habe. Offenbar will er mich was fragen, traut sich aber nicht. Dann beißt er in ein Würstchen und murmelt mit vollem Mund:
    «Is deine Frau nich deutsch?»
    «Nein, Engländerin.»
    «Hm, ach so», bringt er kopfnickend zurück.
    «Aber sprechen tut ihr auch Deutsch?»
    «Ja, wir sprechen Deutsch und Englisch. Wir haben uns in London kennengelernt und dort zusammengewohnt. Sie hat hier in Berlin studiert, daher spricht sie auch Deutsch.»
    «Englisch hab ich nie gelernt. Russisch hatten wir, aber dat weiß ich nich mehr. London, hmm, würd ich auch gern ma sehn.»
     
    Zurück auf meinem Schlachtfeld, lasse ich den Stemmhammer wieder rattern. Das Frühstück hat mich gestärkt. Der Teil der Decke, auf dem ich stehen muss, wird immer kleiner, das Loch immer größer. Noch bin ich skeptisch, aber zugleich erstaunt, wie stabil die Kappendecken sind. Sogar die letzten paar Reihen Steine sind noch stabil genug, um darauf zu stehen.
    Ich muss meine Kraft einteilen, merke ich, ansonsten halte ich das nicht bis 16  Uhr aus. Kurz vor Mittag mache ich eine Toilettenpause. Meine Hände verkrampfen zu diesem Zeitpunkt immer häufiger, ich kann meine Fäuste nur noch unter Schmerzen öffnen. Ein paar Minuten Erholung werden mir guttun.
    Auf dem Weg nach unten treffe ich wieder auf Moritz, den Azubi. Sein Gesicht ist immer noch so rot. Vielleicht sieht der einfach so aus, denke ich. Ich frage ihn, ob er immer alles schleppen muss, während die anderen Kaffee trinken.
    «Ja, ist halt so als Stift. Aber nächste Woche hab ich die Prüfung hinter mir, und dann bin ich Geselle.»
    «Stift ist Auszubildender?»
    «Ja.»
    «Und wenn du Geselle bist, das verändert dann die Situation?»
    «Natürlich! Dann bin ich auf einer Ebene mit meinen Kollegen, und wir kriegen einen neuen Stift, dann lass ich den alles tragen.»
    «Was für ein System, oder?», frage ich entgeistert.
    Er zuckt mit den Achseln und geht weiter.
    Ich komme in die zweite Etage, wo Peters Hütte steht. Auf einmal ist der gigantische Hund neben mir und beißt kräftig in meinen Schuh. Ich erschrecke mich fürchterlich und stoße ihn mit dem Fuß weg, aber das macht ihn nur wilder, und er stürzt sich wieder auf mich. Ich kenne den Hund ja nicht und kann ihn deshalb überhaupt nicht einschätzen.
    « AUS !», rufe ich laut und bestimmt, doch der Köter fängt an, böse zu knurren und zerrt an meinem Fuß. Jetzt weiß ich auch, wofür die Stahlkappen da sind.
    Ich versuche ihn zu beruhigen. Glücklicherweise hatte ich mein Leben lang immer mit Hunden zu tun, sodass ich merke, dass dieses Riesenvieh nur spielen will. Er ist jung und kennt seine Kraft noch nicht. Peter kommt dazu und lacht: «Der beißt immer in die Schuhe, wenn einer die Treppe runterwill. Aus jetzt, Hump!»
    Aber er muss dem Hund tatsächlich erst das Ohr umdrehen, bis der wimmernd von meinem Schuh ablässt. Jetzt tut er mir leid.
    «Wie heißt der Hund?»
    «Hump! Von Humpen, weißte, Bierhumpen.»
    Von allen absurden Hundenamen ist dies wohl der bescheuertste aller Zeiten.
    «Ist das ein Rhodesian Ridgeback?»
    «Mix zwischen Rhodesian und Schäferhund.»
    «Komm, wir gehen gleich zum Mittach. Da is so ’ne Kantine um die Ecke, fährste bei mir mit im Auto.»
    Peter muss den Hump fest am Halsband halten, damit wir die Treppe normal runtergehen können.
     
    Die besagte Kantine ist eher ein Café, das auch Mittagessen anbietet. Als wir unsere Jacken ausziehen und über die Stühle hängen, entsteht eine Staubwolke über dem Tisch. Im ersten Moment ist mir das wirklich unangenehm. Doch als ich mich umblicke, merke ich, dass ich ausschließlich von eingedreckten Arbeitern umgeben bin. Wortkarg sitzen sie an ihren Tischen, schlingen das Essen in sich hinein und genießen die Wärme des Raumes. Die Schmutzwolke interessiert hier niemanden.
    Es gibt Hähnchenkeule mit Reis und selbstgemachter Soße. Das steht zumindest mit weißer Kreide auf einer kleinen Tafel. Aber als serviert wird, kann ich keine Keule entdecken, nur zerfledderte Stücke Fleisch in einem
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