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Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Titel: Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
Autoren: Ursula Reist
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eine leere Flasche Slibowitz auf dem Nachttisch – mehr brauche ich wohl nicht zu sagen.“ Sie räusperte sich und sagte entschuldigend: „In unserer Familie trinkt man, wenn man Kummer hat.“
    „Frau Beniak, es tut mir leid, aber können Sie sich ausweisen? Ohne zu wissen wer Sie sind ...“
    „ ... können Sie mir nichts sagen, klar.“ Sie stand auf und holte ihre Handtasche von der Küchenkombination. Sie griff hinein und brachte ein grosses, mit Gummiband zusammengehaltenes Notizbuch zum Vorschein. „Identitätskarte, Führerausweis, und meine Visitenkarte. Reicht das?“
    „Die grosse Schwester also“, sagte Nick, nachdem er die Dokumente geprüft hatte, „Anwältin und Mediatorin in Winterthur. Sind Sie auf etwas Bestimmtes spezialisiert?“
    „Nicht auf Strafverteidigung, wenn Sie das meinen, Herr Baumgarten. Ich bin Familienrechtlerin, das bedeutet Scheidungen, Konflikte zwischen Eltern und Kindern, Sie kennen das. Falls mein Bruder einen Anwalt benötigen sollte, werde ich ihm sicher jemanden empfehlen, aber soweit sind wir ja noch nicht. Darf ich jetzt bitte wissen, was gestern Nacht hier passiert ist?“ Sie wühlte wieder in ihrer Handtasche, brachte ein silbernes Zigarettenetui hervor und zündete sich eine Zigarette an. „Ich hoffe, es stört Sie nicht.“
    „Oh nein, rauchen Sie nur.“ Er lächelte. „Ich habe früher auch geraucht, und ich mag den Geruch einer brennenden Zigarette heute noch.“ Er schüttelte den Kopf, als sie ihm das Etui hinhielt. „Nein danke, das ist mir zu gefährlich. Aber gegen einen weiteren Kaffee hätte ich nichts.“ Er betrachtete ihre Gestalt, während sie die Maschine bediente. Sie trug eine schmal geschnittene Hose in sattem Blau, ein gleichfarbiges Top und darüber eine Art schimmernden Kaftan in Türkis, der ihre ausladende Mitte kaschierte. Eine Anzahl von goldenen Ringen schmückte ihre Hände, und auch um den Hals trug sie viel Schmuck. Trotzdem sieht sie nicht billig aus, wunderte er sich, vielleicht weil alles echt ist.
    „Ihr Bruder hat sich kurz nach dreiundzwanzig Uhr bei der Notrufzentrale gemeldet und gesagt, er habe in seiner Praxis einen Toten gefunden, als er von einem Einsatz zurückkam. Unsere Leute und ein Rettungswagen fuhren sofort los, aber jede Hilfe für Guido Bär kam zu spät. Es scheint, als habe Ihr Bruder noch versucht, ihn mit Sauerstoff wiederzubeleben, aber ohne Erfolg. Als wir Herrn Beniak befragen wollten, wurde er laut und griff einen meiner Polizisten so massiv an, dass wir ihn mit Gewalt bändigen mussten. Er hatte offensichtlich schon zur Flasche gegriffen, bevor wir auftauchten. Schliesslich liess er sich von unserem Arzt widerstandslos ins Bett bringen, und als wir gingen, schlief er tief. Ich bin hier, weil ich hoffe, ihm heute ein paar Fragen stellen zu können.“
    „Ist er verdächtig?“
    „Aufgrund der Indizien könnte er es gewesen sein, aber wir stehen erst am Anfang.“
    „Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, Herr Baumgarten, aber das ist absoluter, totaler, kompletter Blödsinn.“ Marketa schüttelte den Kopf und unterstrich ihre Aussage mit den Händen. „Pavel würde nie, aber auch gar nie einen Menschen umbringen. Er ist zwar jähzornig und aufbrausend, aber er weiss genau, was er tut.“ Und mit einem Blick auf die hochgezogene Braue ihres Gegenübers: „Ja, auch wenn er trinkt. Er hat gelernt, sich zu beherrschen und Mass zu halten.“
    „Da bin ich mir nicht so sicher, Frau Beniak. Die Szene gestern Nacht ...“
    „Ich entschuldige mich dafür.“ Paul Beniak stand unter der Türe, verschlafen, bleich, unrasiert, in Jogginghose und T-shirt. „Ich ertrug die vielen Leute um mich herum nicht mehr, ich wollte allein sein mit ihm.“
    „Pavel, da bist du ja! Setz dich, ich mache dir Kaffee, den brauchst du jetzt.“
    Er tat wie geheissen. „Und Sie wollen mich ausfragen, Herr Kommissar. Dann legen Sie los.“ Die Stimme war rau, die Augen gerötet. „Ich wars jedenfalls nicht, das kann ich Ihnen mit Sicherheit sagen.“

    „Ich habe Ihnen doch schon gesagt, um halb sechs war er noch quicklebendig!“ Carola Biedermann, knapp dreissig, regte sich auf. Der alte Polizist, Pfister hiess er, der bei ihr geläutet und ihr die Nachricht vom gewaltsamen Tod Guido Bärs überbracht hatte, stellte nun schon zum dritten Mal dieselbe Frage und hörte ihr einfach nicht zu.
    „Landwirt Hartmann rief kurz nach fünf Uhr an wegen einer kranken Kuh, der Doc packte seine Sachen und fuhr zu ihm. Ich
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