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Schleier des Herzens (German Edition)

Schleier des Herzens (German Edition)

Titel: Schleier des Herzens (German Edition)
Autoren: Veronica Wings
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schüttelte energisch den Kopf.
    »Sie belügt Euch nicht. Sie liebt Euch ebenso zärtlich, wie Ihr sie liebt. Es ist nur ... sie fühlt sich eingesperrt. Sie hasst es, auf den Harem beschränkt zu sein, und sie scheint zu meinen ... ich weiß, es ist Unsinn, aber sie meint, ihr Schicksal zu besiegeln, indem sie Eurem Drängen nachgibt.«
    »Aber was ändert sich für sie?«, fragte Amir verständnislos. »Sie lebt doch auch jetzt im Harem, und als meine Gattin erwarten sie eher mehr Freiheiten. Bei Allah, ich verstehe ja, dass sie nicht gern eine Sklavin war. Aber nun ... sie ist doch freiwillig bei mir! Als Gattin ihres ... Diego ... hätte sie auch das Haus mit ihm geteilt.«
    »Aber nicht mit vierhundert weiteren Gespielinnen ...« In Ayeshas Stimme schwang ein Lächeln mit. »Sie hättemit ihm gelebt, seine Räume geteilt, vermutlich auch seine Hosen gewaschen. Ich weiß, Euch erscheint das nicht sehr erstrebenswert, und mir auch nicht, aber in Beatriz’ Phantasie ist es der Himmel auf Erden.«
    »Du meinst nicht wirklich, sie möchte meine Hosen waschen ...«
    Ayesha kicherte.
    »Natürlich nicht. Und ich sage ja auch nicht, dass sie von ihrem Diego so viel mehr gehabt hätte als von Euch. Gut, Ihr ruft sie vielleicht nur zweimal in der Woche zu Euch, aber dann habt Ihr auch Zeit für sie und widmet Euch ganz der Liebe. Ihr Diego hätte jede Nacht mit seinen Freunden gezecht, wäre spät nachts in ihr Bett gefallen. Und wenn er sie überhaupt gehebt hätte, dann schnell und ohne Andacht, Aber das macht ihr erst mal begreiflich, mein Emir! Mir hat sie es jedenfalls nicht geglaubt.«
    »Das heißt ... was sie braucht, ist mehr Freiheit und die Begegnung mit ein paar Christen?« Amir schaute verblüfft.
    Ayesha nickte. »Letzteres wäre natürlich ein Wagnis ...«
    Amir warf stolz den Kopf zurück.
    »Ich hätte kein Recht auf mein Amt als Emir und auf die schönste Frau diesseits des Paradieses, wenn ich nicht bereit wäre, Wagnisse einzugehen ...«
    Drei Tage später empfing Alvaro Aguirre, Herr der Hacienda de la Luz im westlichen Kastilien, einen seltsamen Boten. Der junge Mann verhielt sich freundlich und überaus unterwürfig, sprach aber offensichtlich kein Wort der Landessprache. Ein Maure. Beunruhigt nahm Don Alvaro einen Brief aus seiner Hand entgegen.
    »Lasst den Priester holen, damit er ihn mir vorträgt!«, rief er einer Dienerin zu. Don Alvaro selbst konnte nichtlesen, nur wenige kastilianische Edle waren dieser Kunst mächtig. »Und gib dem Jungen hier etwas zu essen – falls er gute christliche Kost nicht ablehnt.«
    Der junge Bote folgte der Dienerin artig und schien auch Nahrung normal aufzunehmen. Dafür war der Priester verärgert über die Zumutung, sich mit dem Brief eines Mauren abgeben zu müssen.
    »Ihr solltet dieses heidnische Geschreibsel nicht einmal in die Hand nehmen!«, tadelte Padre Javier. »Wer weiß, womit der Teufel uns da versuchen will!«
    Don Alvaro verdrehte die Augen.
    »Seit wann verschickt der Teufel Briefe?«, brummte er. »Lasst den Unsinn, Padre, lest lieber vor. Vielleicht ist es ja ein Lebenszeichen von meiner Tochter.«
    Der rundliche kleine Pfarrer schnappte nach Luft, als er den Brief las, der in tadellosem Spanisch abgefasst war. Schließlich trug er den Inhalt unwillig vor.
    »In der Alhambra, dem Königspalast des Emirats Granada, feiert man demnächst die Hochzeit Eurer Tochter Beatriz mit Amir ibn Abdallah, dem amtierenden Emir von Granada. Eure Tochter wünscht sich nichts mehr, als Euren Segen dazu in Empfang zu nehmen.
    Der Emir von Granada übermittelt Euch hiermit seine Grüße und lädt Euch mit einem kleinen Gefolge ein, die Alhambra zu besuchen. Ihr werdet in seinen privaten Gemächern sein persönlicher Gast sein. – Don Alvaro, das ist selbstverständlich unmöglich!«
    »Unmöglich?«, fragte Don Alvaro mit gerunzelter Stirn. »Ihr haltet den Brief für eine Finte?«
    »Das natürlich nicht. Er trägt den Siegel der Alhambra. Aber ... Ihr könnt Euch nicht in die Schlangengrube des Satans begeben. Das ist...« Der Priester geriet ins Zetern.
    Don Alvaro beachtete ihn nicht. »Beatriz heiratet den Emir ... Das ist so etwas wie ein König, nicht wahr?«
    Padre Javier nickte. »Ja, aber ... Ihr könnt sie auf keinen Fall mit einem Heiden vermählen!«
    Über Don Alvaros Gesicht zog ein verträumtes Lächeln.
    »Meine Beatriz ... ich fand immer, sie sei eines Prinzen würdig! Wenn das dem König von Kastilien entgangen ist, so ist es vielleicht
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