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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
Autoren: Lynn Flewelling
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Onkel, als hätte er überhaupt keine anderen Sorgen.
    Nicht, daß er die Zuneigung für Luthas vortäuschte; die war echt. Er hatte Alec erzählt, daß Cilla ihm einst die Ehre angeboten hätte, ihr Kind zu zeugen, nachdem sie beschlossen hatte, sich der Wehrpflicht zu entziehen. Seregil hatte höflich abgelehnt. Seregil interessierte sich bestenfalls am Rande für Frauen, doch Alec vermutete als wahren Grund für Seregils Weigerung, daß er andernfalls die Freundschaft ihrer Großmutter verloren hätte. Thryis hatte in ihrer Jugend als Feldwebel bei den Bogenschützen der Königin gedient und beklagte ständig, daß weder ihr Sohn noch ihre Enkelin die Soldatenlaufbahn eingeschlagen hatten, bevor sie sich häuslich niederließen. Cilla hatte niemals preisgegeben, wer der Vater des Kindes war, aber es mußte sich um einen dunkelhaarigen Mann handeln. Sie selbst war blond, während sich sowohl die Augen als auch die Haare ihres Sohnes braun wie ein Nerzfell präsentierten.
    Alec ging zum Kamin, beugte sich neben Thryis hinab und ergriff den Teekessel, der über dem Feuer warmgestellt war.
    »Du wirkst heute so niedergeschlagen«, bemerkte Thryis treffend. »Er zieht wohl ohne dich los, wie?«
    »Hat er dir davon erzählt?«
    Die alte Frau ließ ein verächtliches Schnauben vernehmen. »Das war gar nicht nötig«, erwiderte sie, schnitt mit geübten Fingern eine Rübe in vier Teile und warf die Stücke in eine Schüssel neben ihr. »Er steht da drüben in seinen alten Wanderstiefeln, putzmunter wie ein Sperling. Und du hockst mit einem langen Gesicht hier und bist immer noch in Hemdsärmeln? Man muß kein Hellseher sein, um sich darauf einen Reim zu machen.«
    Alec zuckte mit den Schultern. Thryis leitete die Herberge zum Jungen Hahn schon, seit Seregil sie vor zwanzig Jahren heimlich gekauft hatte. Sie, ihre Familie und Rhiri, der stumme Stallknecht, gehörten zu den wenigen Auserwählten, die über Seregils Doppelleben Bescheid wußten.
    »Ärgere dich nicht deswegen«, flüsterte sie. »Meister Seregil hält Riesenstücke auf dich, das weiß ich genau. Über niemanden spricht er so löblich wie über dich, höchstens noch über Micum Cavish, und die zwei sind seit etlichen Jahren Freunde. Außerdem bietet sich uns beiden dadurch wieder einmal die Gelegenheit, ein wenig Bogen zu schießen, ja? Ich habe immer noch ein, zwei Kniffe auf Lager, die ich dir erst zeigen muß, und dein schöner, schwarzer Bogen sollte auf keinen Fall Staub ansetzen.«
    »Da hast du wohl recht.« Alec drückte ihr einen flüchtigen Schmatz auf die Wange, dann ging er zum Frühstückstisch und nahm Seregil gegenüber Platz.
    Während Alec die Züge seines Freundes musterte, der beim Essen mit Cilla scherzte, beschlich ihn das sichere Gefühl, leichte Fältchen der Anspannung rings um die Augen seines Freundes zu erkennen.
    Worin auch immer diese geheime Aufgabe bestehen mochte, es handelte sich um etwas Bedeutsameres, als Seregil zugab.
    Dennoch hatte es keinen Sinn, weitere Fragen zu stellen. Nachdem sie wieder nach oben in ihre Zimmer zurückgekehrt waren, suchte Seregil den Rest der kargen Ausrüstung zusammen und setzte einen verbeulten Hut auf.
    »Also, paß gut auf dich auf«, sagte er, »ganz besonders bei dieser Sache für den Baron. Ich habe keine Lust, dich im Roten Turm wiederzufinden, wenn ich zurückkomme.«
    »Das wirst du nicht. Soll ich dir helfen, das ganze Zeug hinunterzuschaffen?«
    »Nicht nötig.« Seregil schulterte den Rucksack und reichte Alec die Hände. »Licht in den Schatten, Alec.«
    Dann ließ er kurz ein schelmisches Grinsen aufblitzen und stapfte davon.
    Alec lauschte den Schritten, die rasch verhallten. »Auch dir Licht in den Schatten.«
     
    Auf dem Weg nach draußen hielt Seregil in der Küche inne. Er zog einen Stuhl neben Thryis, setzte sich und reichte ihr ein flaches, versiegeltes Päckchen.
    »Ich vertraue dir das hier an. Ich muß ein paar Tage weg. Falls ich nicht zurückkehre, sollte das hier reichen, um Alec und den Rest von euch zu versorgen.«
    Mit gerunzelter Stirn betastete Thryis das Wachssiegel.
    »Das ist ein letzter Wille, oder? Kein Wunder, daß Alec so bedrückt wirkte.«
    »Er weiß nichts davon, und ich möchte, daß es so bleibt.«
    »Du hast noch nie einen letzten Willen dagelassen.«
    »Nur für den Fall, daß mir ein Mißgeschick oder sonst etwas widerfährt.« Er schwang den Rucksack wieder auf die Schultern und schritt auf die Tür zu.
    »Oder sonst etwas!« Die alte Frau verzog
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