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Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Titel: Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
Autoren: A. J. Jacobs
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Julie und ich sowie unsere drei Söhne, der fünfjährige Jasper und die Zwillinge Lucas und Zane, beide drei Jahre alt.
    »Ziemlich beeindruckend, wie du deinen Platz gedeckt hast«, sagt Julie.
    »Danke.«
    Mein Gedeck besteht aus:

Jaspers Dino-Teller, weil der nur 22 cm Durchmesser hat. (Wir neigen dazu, unsere Teller leer zu essen. Fazit: Je kleiner der Teller, desto weniger Kalorien nimmt man zu sich),
einer Cocktail-Gabel, weil ich damit langsamer esse als mit einer normalen Gabel. (Je langsamer wir essen, desto weniger schaufeln wir in uns hinein. Was daran liegt, dass der menschliche Körper leider Gottes dumm und lahm ist: Es dauert sage und schreibe 20 Minuten, bis die Nachricht »bin satt« vom Magen zum Gehirn durchdringt.),
einem kleinen Klappspiegel, den ich neben meinem Gedeck aufgestellt habe. (Studien zufolge isst man weniger, wenn man sich selbst dabei zuschaut.)
    An diesem Abend gibt es Vollkornnudeln mit Tomatensoße und Möhren. Ich fülle die Teller in der Küche, um nicht durch volle Schüsseln auf dem Tisch zu einem Nachschlag verleitet zu werden.
    Wir sind keine religiöse Familie. Wir sprechen kein Tischgebet. Trotzdem möchte ich meinen Kindern vermitteln, dass ihr Essen sich nicht einfach so auf ihren Tellern materialisiert hat.
    »Was meint ihr – wo kommen die Zutaten für dieses Essen wohl her?«, frage ich.
    »Aus dem Supermarkt«, sagt Jasper.
    »Ja, klar. Aber vorher, da hat doch jemand die Tomaten angepflanzt. Ein anderer hat sie geerntet, noch ein anderer hat sie in Kisten verpackt, und noch jemand anders hat sie im LKW zum Supermarkt gebracht. Es steckt viel Mühe und Arbeit hinter dem Essen, das auf den Tisch kommt. Dafür müssen wir dankbar sein.«
    Unsere Söhne denken nach.
    »Und wenn wir es aufgegessen haben, landet es im Klo«, sagt Jasper.
    In der Altersgruppe bis fünf Jahre ist das ein Bonmot von geradezu Billy Wilderscher Qualität. Die drei werfen sich weg vor Lachen.
    »Und vom Klo aus landet es im Meer«, fügt Zane hinzu.
    Ich bin immer wieder erstaunt über die Fähigkeit meiner Söhne, jedes Thema – nicht nur Essen, sondern auch Flugzeuge, Legosteine, Australien – mit Verdauungsvorgängen in Verbindung zu bringen. Aber was soll’s, das ist besser als gar nichts. Achtsamkeit im Umgang mit Essen muss ja nicht unbedingt am Mageneingang enden.
    Ich spieße einen Bissen auf meine Cocktailgabel und kaue. Und kaue. Im Internet habe ich mir einige dieser »Kau-dich-gesund«-Websites angeschaut. Ein Prinzip, das erstaunlich leidenschaftliche Verfechter hat. Einer von ihnen erhebt es sogar zum elften Gebot. Die Dauerkauer zitieren Gandhi (»Trink, was du isst, und iss, was du trinkst«) und fassen ihre Leidenschaft in Verse: »Wer nicht gut kaut, der nicht verdaut.« Sie vertreiben Kauhilfen, beispielsweise eine CD , auf der zu jeder vollen Minute ein Glöckchen läutet, um den Zuhörern zu signalisieren, dass sie nun schlucken dürfen. Sie verehren den geistigen Vater der Dauerkauer-Bewegung, einen Gesundheitsguru des 19. Jahrhunderts namens Horace Fletcher, der John D. Rockefeller und Franz Kafka zu seinen Anhängern zählte. Und sie sind der felsenfesten Überzeugung, dass ordentliches Kauen bei Magenschmerzen Abhilfe schafft, die Vitalität steigert, den Kopf frei macht, Blähungen vermindert und die Knochen stärkt.
    Diese Behauptungen sind dann doch etwas übertrieben. Dennoch hat das Dauerkauen zwei nachweislich positive Folgen:

Es führt zu einer besseren Nahrungsverwertung.
Noch wichtiger – es hilft beim Abnehmen, schlicht weil man langsamer isst.
    Julie will mich etwas fragen, aber ich bedeute ihr, sich noch einen Moment zu gedulden. Ich kaue 30 Mal, bis die Nudeln in meinem Mund so verflüssigt sind, dass sie meine Kehle hinunterfließen.
    Eine Viertelstunde später haben die Kinder sich verkrümelt, und Julie ist ins Nebenzimmer gegangen, um einen Blick in ihre E-Mails zu werfen. Nur ich sitze immer noch am Tisch, kaue mein Essen und beobachte mich im Spiegel. Slow Food und Kleinkinder – eine ziemlich heikle Kombination. Da werde ich mir ein bisschen was einfallen lassen müssen.
    Sage mir, was du tust, und ich sage dir,
wie lange du lebst
    Vielleicht treffe ich mit meinen neuen Essgewohnheiten ja bei meinem Großvater auf mehr Verständnis. Immerhin ist er 94 Jahre alt und daher vermutlich geduldiger als meine Kinder. Und obendrein kann ich bei einem Essen mit ihm bestimmt den einen oder anderen Rückschluss ziehen, wie man wohl ein so gesegnetes
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