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Rückkehr in Golgrimms wundersame Welt (German Edition)

Rückkehr in Golgrimms wundersame Welt (German Edition)

Titel: Rückkehr in Golgrimms wundersame Welt (German Edition)
Autoren: Frank Schürmanns-Maasen
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Zeichens bester, ältester und vor allem einziger Chronist von Notrak Husch, saß auf einem kleinen Hocker auf dem Marktplatz der Hauptstadt und blätterte hektisch in einem riesigen Buch. Immer wieder rutschte ihm die Lesebrille von der Nase herab und immer wieder schob er sie geschickt mit dem Zeigefinger zurück.              
    „Einen Moment noch, einen kleinen Moment! Ich hab’s gleich! Gleich hab ich es!“ rief er und fuchtelte mit der Hand, um die anderen Anwesenden auf sich aufmerksam zu machen. Und auf seine Worte.
    Er blätterte weiter, suchte verzweifelt freie Seiten in dem riesigen Buch, das den Titel „Die Chroniken von Notrak Husch, Band einhundertsechsundvierzigtausendachthunderteinundzwanzig, niedergeschrieben von Thaddäus Jones, Chronist“ trug.
    Mitten auf dem Marktplatz standen, die langen Hellebarden von sich gestreckt, sieben Stadtgardisten in schweren Rüstungen im Kreis und rührten sich nicht. In ihrer Mitte stand ein junger drahtiger Kerl, ganz in Rot gekleidet, mit einem breiten Hut und einer Gesichtsmaske, einem langen roten Umhang und einem Degen in der Hand und rührte sich ebenfalls nicht. Sie alle standen da wie Statuen und starrten nervös zu dem Chronisten. Die Waffen zitterten.
    „Bin gleich soweit! Momentchen!“ rief Thaddäus und blätterte und blätterte. Dann endlich fand er die gesuchte Stelle im Buch. Er leckte kurz am Federkiel, tauchte ihn in ein kleines Tuschfässchen, das am Boden neben ihm stand, ein und schrieb: „Hauptstadt Anduras am Tage der vierundachtzigsten Sonne der achtzehnten Ära.“
    Plötzlich ging die Sonne unter. Für einige Sekunden war es Nacht und dann öffnete sich der Himmel wieder und die Sonne strahlte erneut über die Welt. Fluchend strich Thaddäus daraufhin die Zahl vierundachtzig durch, wartete einige Augenblicke mit zögerlichem Blick und schrieb dann fünfundachtzig darüber.
    Als Chronist war er ständiger stiller Beobachter großer Ereignisse. Immerhin wurde er von den Göttern auserkoren, die Geschichte der Welt niederzuschreiben. Aus diesem Grunde müssen alle Beteiligten jener großen Ereignisse auf den Chronisten warten, damit er auch nichts verpasst. Oder sagen wir, sie sollten. Die wenigsten halten sich daran und wenn Sie einen Königsmord geplant haben, wäre es doch ziemlich dumm erst auf den Chronisten zu warten, damit dieser ihre Personalien aufnimmt und in der Chronik niederschreibt!
    Obwohl zuweilen auch das schon vorgekommen ist.
    Am allerwenigsten halten sich eigentlich Vulkanausbrüche, Erdbeben und Flutwellen an diese Regelung. Nicht umsonst gelten Naturkatastrophen als die unverschämtesten und egoistischsten Lebewesen auf Notrak Husch. Aber einige wenige warten tatsächlich auf Thaddäus Jones und wenn er mal spät dran sein sollte, so warten sie auch noch ein bisschen länger, selbst wenn das Sterben dann mal länger dauert. Ja, sogar der Tod spielt von Zeit zu Zeit mit, damit dem Chronisten auch das kleinste Detail nicht flöten geht!
    „Alles klar, ich wäre dann soweit!“ rief der Chronist den Gardisten und dem Mann in Rot schließlich zu und setzte die Feder auf der leeren Seite unterhalb des Datums an. Und nun kam Bewegung in den Marktplatz.
    „STEHENBLEIBEN! IHR STEHT UNTER ARREST!“ rief der Hauptmann der Gardisten und wedelte bedrohlich mit seiner Hellebarde. Der Mann in Rot sah sich um und errechnete seine Chancen. Dann wandte sich der Hauptmann einem seiner Untergebenen zu:
    „Leutnant, entwaffnen sie den sogenannten Roten Retter!“
    Doch der angesprochene Leutnant druckste herum, zögerte und sagte: „Äh, Hauptmann?“
    „Was?“              
    „Ich kann nicht!“ antwortete er und zuckte entschuldigend mit den Schultern. Der Hauptmann schnappte nach Luft.             
    „DAS IST BEFEHLSVERWEIGERUNG! DAFÜR KOMMEN SIE IN DEN KERKER!“              
    „Aber meine Beine sind eingeschlafen! Wir stehen hier schon seit einer ganzen Weile nahezu bewegungslos herum! Meine Beine  reagieren nicht! Ich kann mich nicht bewegen und schon gar nicht kann ich jemanden entwaffnen!“ entschuldigte sich der Gardist und blickte seinen Kommandanten hilflos an.
    Der Hauptmann verdrehte entnervt die Augen und knurrte nun des Leutnants Beine an. „BEINE DES LEUTNANTS! WAS IHR BEIDEN DA VERANSTALTET NENNT SICH BEFEHLSVERWEIGERUNG! KOMMEN SIE IN WALLUNG!“ schrie er und sein Kopf lief tiefrot an. Doch die zwei Beine, sehr dürre und lange Exemplare der
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