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Rosentod: Thriller (German Edition)

Rosentod: Thriller (German Edition)

Titel: Rosentod: Thriller (German Edition)
Autoren: Hans-Peter Vertacnik
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zurückkehre.
    Was er ihr wärmstens empfehlen würde.
    ***
    Schneereiche Winter?
    Die gab es einmal.
    Schade einerseits, wenn man bedenkt, wie schön die Stadt ist, wenn die Flocken fallen. Dann schmücken sich Hausdächer mit dicken weißen Hauben, Bäume und Sträucher werden zu bizarren Fabelwesen, und Wiesen, Gehwege und Fahrbahnen sind wie in Watte gepackt. Zauberwelt. Noch dazu gratis. Fort das hoffnungslose Grau. Geräusche, klar und deutlich, wie niemals sonst. Die Luft rein, als hätte Gott sie in der Waschmaschine gewaschen. Alles ist so schön, so unbefleckt, so friedlich.
    Aber wie gesagt: Das gibt es kaum mehr. Heuer hat sich die weiße Pracht schon Ende Februar aus dem Staub gemacht und ist nicht wiedergekehrt. Seither ist alles grau in grau. Tiefhängende Wolken, Sturm und ganz viel Regen. Schlechte Zeiten für Tourismusmanager, Seilbahnbesitzer und Schifahrer. Katastrophale Tage für Menschen, die viel Licht brauchen, um mit sich selbst halbwegs im Gleichgewicht zu leben.
    Ihnen scheinen diese dunklen Tage endlos.
    ***
    Freitag, 8. März 2013, 21.50 Uhr.
    Wochenende.
    Für die einen heiß ersehnte Entspannung nach arbeitsreichen Tagen, für die anderen irritierende Unterbrechung eines Takts, der ihrem Leben Halt gibt.
    Permanente, exzessive Arbeit. Ist das noch engagierter Broterwerb oder bereits krankhaftes Fluchtverhalten?
    Ja, es stimmt, Ulla hat schon ihren Ehrgeiz, aber den haben andere auch, ohne es deshalb so auf die Spitze zu treiben, wie sie das gerade tut. Für einen Platz in dieser durch und durch männlichen Hackordnung. Einen guten Platz.
    Nachdenklich sitzt Ulla Spärlich in ihrem abgewetzten braunen Lesesessel am Fenster, starrt in den Garten und auf den Fluss. Sie denkt nach. Draußen ist es düster. In Italien wäre es jetzt schön. Am Meer.
    Seufzend verlässt die Kriminalbeamtin ihr Grübelplätzchen und wechselt aufs Sofa. Sie hat ein paar Akten mit nach Hause genommen, die bereits sauber geordnet auf dem Wohnzimmertisch liegen. Ganz oben ein geklärter Fall. Die Anzeige gegen zwei 16-Jährige aus gutem Haus. Betrügereien, Diebstähle und Erpressung. Trotz einer erfreulich klaren Beweislage leugnen die Burschen immer noch, und Ulla prüft nach, ob der Abschlussbericht an den Staatsanwalt so glasklar formuliert und vollständig ist, wie das sein soll. Eine Diebstahlanzeige liegt etwas abseits. Aus einem Kleiderkästchen des Asia Spa wurde ein Damenslip entwendet. Der Fall interessiert sie, weil nur das eine Kästchen aufgebrochen wurde und außer dem Schlüpfer nichts fehlt. Das ist seltsam. Gleich neben dieser Akte stapeln sich Anzeigen wegen Körperverletzung. Man fahndet nach einer Bande von fünf Jungs, die nachts durch die Stadt zieht und wahllos Passanten verprügelt. Es gibt schon insgesamt siebzehn Opfer und alle sind männlich. Eine unangenehme Sache. Die Presse ist schon unruhig und der Oberbürgermeister macht Druck. Er will keine amerikanischen Verhältnisse in der Stadt.
    Ulla will das auch nicht. Sie wird vorschlagen, die Fußstreifen im Zentrum zu verstärken und einen eigenen Kriminalbeamten für diese Serie abzustellen.
    Über das neue Quartier freut sie sich immer noch. Seit dem letzten Wochenende hat sie ihrem Heim durch ein paar persönliche Sachen bereits eine eigene Note verpasst. Oft entscheiden ja gerade Kleinigkeiten über den Charme eines Hauses. Und es ist so wichtig, dass sie sich in ihren eigenen vier Wänden wohl fühlt. Sonst gerät sie am Ende wieder aus der Spur.
    „Gott, bin ich müde“, klagt sie und betrachtet die gerahmten Jugendfotos an der Wand. Ulla im Kindergarten, Ulla in der Schule, Ulla beim Laufen. Auf den Aufnahmen ist sie immer allein. Ein Einzelkind, das stets auch eine Einzelgängerin war. Ungewollt, wie sie heute sagt. Überhaupt gibt es bloß fünf Fotografien, aufgeteilt auf Wohnzimmer und Flur. Im Schlafzimmer hängt die sechste. Die Freiheitsstraße im deutschen Hagen. Das Haus, in dem sie ihre Kindheit verbracht hat. Frontalaufnahme in schwarz-weiß. Ein spitzgiebeliger Fachwerkbau im Winter 1978.
    In ihrer Jugend war sie ja eher spröde gewesen. Ein unsicheres, introvertiertes Ding. Mit 15 Jahren im Gymnasium leistungsmäßig stets vorne mit dabei, galt sie allen doch nur als das verträumte Mädchen mit den traurigen Augen. Schon damals also diese eigenartige Zerrissenheit zwischen Job und Privatleben. Die ist ihr geblieben.
    Ebenso das ständige Schlafdefizit. Seit 16 Jahren erwacht Ulla gegen drei und schläft danach nur
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