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Nicht gekauft hat er schon

Nicht gekauft hat er schon

Titel: Nicht gekauft hat er schon
Autoren: Martin Limbeck
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Freund und Helfer, die vergleichsweise keine Ahnung vom Internet hat.
    Das schlägt immer noch jeden Avatar.
    Auf der anderen Seite steht da ein Mensch. Ein echter Mensch. Ein anständiger Mensch. Ein Top-Verkäufer. Den kann der Kunde anfassen. Dem kann er in die Augen schauen. Dem kann er Vertrauen und Glauben schenken. Dem traut er zu, dass er sich persönlich verantwortlich fühlt, dass er einem bei der Entscheidungsfindung wirklich hilft und auf Augenhöhe beim Kauf begleitet. Die besten Verkäufer tun genau das, und legen dabei ihr Ziel, verkaufen nämlich, von Anfang an offen. Das gibt Sicherheit! Das schlägt immer noch jeden virtuellen Agenten, jeden Avatar, jeden schicken Webshop. Denn Menschen zu vertrauen liegt in der Natur des Menschen. Einen Geschäftsabschluss per Handschlag zu besiegeln verschafft mehr emotionale Befriedigung als ein Mausklick. Ich liebe Handschlaggeschäfte! Genau deshalb wird im Internetzeitalter zu 83 Prozent über persönliche Empfehlungen verkauft. Und nur zu 50 Prozent über Online-Empfehlungen von Fremden. (Aber immerhin!)
    Echte neue Hardseller wissen, dass ihre Kunden so gestrickt sind – top informiert, aber auch misstrauisch. Sie sind in der Lage, ihren Kunden durch ihre verbindliche Art die Sicherheit zu geben, die sie heute brauchen, denn sonst ist das Internet vertrauenswürdiger. Schlechte Verkäufer, die das nicht schaffen, sind jetzt aber noch überflüssiger als früher. Denn da ist das Internet schon fast wieder vertrauenswürdiger …
    War das jetzt alles? Der Käufer ist jetzt aufgeklärter, will es aber doch noch gern mit aufrechten Menschen zu tun haben? Nein, das war noch nicht alles. Noch lange nicht.
    Zunächst mal musst du als Verkäufer damit rechnen, dass dein Kunde weniger zuverlässig agiert. Weniger verbindlich. Einverstanden? Über Xing bekomme ich beispielsweise eine Anfrage vom Inhaber eines Softwareunternehmens. Er hat Videos von mir auf Youtube gesehen und will jetzt mehr. Wie bei so vielen ist seine Herausforderung der erfolgreiche Abschluss. Also: Wie kriegen seine Verkäufer nicht nur das gute Auftreten hin, sondern auch die Unterschrift unter den Vertrag? Er hat das völlig richtig erkannt: Ich bin genau der Richtige für ihn. Wir telefonieren gründlich. Ich mache eine Bedarfsanalyse mit ihm. Erstelle einen Telefonleitfaden für ihn und seine Leute. Du kennst das: mit Einstiegssätzen, Einwandbehandlung, das volle Programm.
    Das läuft also alles schön an. Und er will mehr. Weil seine Mannschaft klein ist, biete ich ihm an, zu uns zum Coaching zu kommen, um Abschlusstechniken zu lernen. Über den Preis haben wir geredet. Auch das ist kein Thema. Er sagt: Machen Sie mir das Angebot fertig und lassen Sie uns gleich zwei Termine festlegen, damit wir loslegen können. Kurz: Wir haben einen richtig guten Draht zu einander. Alles läuft perfekt. Dachte ich.
    Dann das kleine Einmaleins – nach drei Tagen wird nachtelefoniert. Klar. Ob das Angebot angekommen ist. Ob die Unterlagen angekommen sind. Am anderen Ende: niemand. Auch keine Mailbox. Auch kein Rückruf des Kunden. Zweiter Versuch – dasselbe. Ich rufe also bei ihm in der Firma an, wo ich höre, er sei außer Haus. Eine Woche später – dasselbe, außer Haus. Vier Wochen später, nachdem bereits der erste Termin fürs Coaching verstrichen war, landet am Freitagabend eine SMS auf meinem Handy: »Bin furchtbar im Stress. Melde mich Montag. Schönes Wochenende.« – Guten Morgen, 21. Jahrhundert!
    Außer dass der Mann partout nicht mit mir redet, gibt es immer noch kein Zeichen, dass etwas an meinem Angebot nicht in Ordnung wäre. Am Montag kommt wieder kein Anruf. Jetzt muss mir spätestens klar sein, dass »Ich rufe zurück« auch heißen kann »Ich rufe nie wieder an! Warte ruhig! Setz schon mal Spinnweben an!«
    Aber jetzt packt mich der Ehrgeiz, und mein Nacken ist härter als ein Billardqueue. Diesmal versuche ich es nochmal mit einer E-Mail. Keine Reaktion. Na gut, denke ich, drehen wir mal ein bisschen am Spieß. Ich gebe die Vorstellung »Selbstbezichtigung« zum Besten: In der nächsten E-Mail schreibe ich, es täte mir leid, wenn irgendetwas in der Angebotsstellung zu Missverständnissen geführt hätte. Liegt sicher an mir. Würde gern dazulernen und wäre deshalb dankbar für eine Lernkurve.
    Ich will ihm sagen können: »Gratuliere, Sie sind mein Meisterstück«
    Aber dieser schlechte Film will einfach kein Happy End bekommen. Ich habe nie wieder etwas von dem Mann gehört.
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