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Mutter der Monster

Mutter der Monster

Titel: Mutter der Monster
Autoren: Cameron Dokey
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fühlten sich heiß an, als sie sich um ihre legten, aber der Griff war entschlossen.
    Zusammen bogen die beiden Buffys um die Ecke und blieben abrupt stehen.
    Das hat mir gerade noch gefehlt, dachte Buffy.
    Sie hätte es wissen müssen. Es war nicht ihre größte Angst, bei weitem nicht. Aber sie reichte bis in ihre Kindheit zurück, wo sie direkt hinter ihrer Angst vor der Dunkelheit rangiert hatte.
    Nicht die Angst vor dem Tod. Auch nicht die vor Dämonen oder Vampiren. Diese Ängste waren erst viel später hinzugekommen. Das, was durch die Albträume ihrer Kindheit gespukt hatte, waren...
    Spinnen.
    Oder wie in diesem Fall eine Spinne.
    Es war die größte Spinne, die Buffy je gesehen hatte, und in ihren Albträumen war sie schon so manchem Prachtexemplar begegnet.
    Diese hier war mindestens halb so groß wie sie und viel breiter. Ihr haariger Körper war von einer weißen Farbe, die Buffy immer mit Hüttenkäse assoziierte. Ihr geschwollener Unterleib war von hochroten Flecken bedeckt.
    Sie sahen wie riesige, blutunterlaufene Augen aus. Vielleicht litt sie an einem wirklich üblen Fall von Windpocken. Solche, die im Dunkeln leuchteten.
    Womöglich konnte Buffy das zu ihrem Vorteil nutzen. Für solche Wesen war es verdammt schwer, sich im Dunkeln anzuschleichen.
    In der unteren rechten Ecke des Spinnennetzes war etwas, das wie ein großer weißer Rhombus aussah.
    Der Eiersack, dachte Buffy. Wie kam es eigentlich, dass sie am Ende immer gegen etwas kämpfte, das sich als Mutter entpuppte? Die Bezoar, Natalie French und jetzt das. Vielleicht 153

    brauchte sie eine Jägerinfamilientherapie oder etwas in der Richtung.
    »Du heißt nicht zufällig Charlotte, oder?«
    Beim Klang von Buffys Stimme krabbelte die Spinne los. Sie hob ihre Vorderbeine, als würde sie auf eine Herausforderung reagieren. Jetzt konnte Buffy erkennen, was sich hinter der Spinne befand, in der obersten Ecke ihres Netzes. Etwas, das von ihrem aufgeblähten, fleckigen Rumpf verdeckt worden war.
    Es war Joyce.
    »Mom!«, schrie Buffy. Hinter ihr gab Power Girl einen klagenden Laut von sich. Joyces Kopf drehte sich in ihre Richtung. Buffy sah, wie ihre Mutter zusammenzuckte, weil die Spinnfäden an ihren Haaren zogen.
    »Buffy«, sagte Joyce. Ihre Stimme klang dünn und schwach.
    Buffy spürte, wie ein Finger aus purem Eis über ihre Wirbelsäule strich. Noch ein paar Minuten, und sie wäre womöglich zu spät gekommen.
    »Schatz, wenn du das bist... komm nicht näher.«
    Von wegen, Mom. Buffy war nicht hergekommen, um herumzustehen und zu plaudern. Sie ließ die Hand ihrer Begleiterin los und trat vor.
    Sofort setzte sich die Spinne in Bewegung und wich zurück, näher zu Joyce. Es gab für Buffy keine Möglichkeit, ihre Mom vor der Spinne zu erreichen.
    Buffy blieb stehen. Die Spinne blieb stehen.
    Eine Pattsituation.
    Die Jägerin überdachte ihre Möglichkeiten.
    Eine kleine Ablenkung käme jetzt sehr gelegen. Nur bedauerlich, dass die Chancen, eine zu inszenieren, im Moment nicht besonders gut standen. Sie konnte nicht die Spinne ablenken und gleichzeitig ihre Mutter retten. Die jüngere Buffy blickte zu der Jägerin auf, als würde auch sie nach einer 154

    Lösung suchen. Dann ging sie auf das Netz zu. Geradewegs zu der Ecke mit dem Eiersack.
    Buffy bekam eine Gänsehaut. Ihr jüngeres Selbst zu beobachten, war wie das Déjà-vu einer Situation, von der Buffy wusste, dass es sie nie gegeben hatte. Sie musste sich nicht fragen, was das Mädchen in dem Power-Girl-Kostüm, das sich gelassen dem riesigen Spinnennetz näherte, als Nächstes tun würde. Sie wusste es bereits.
    Sie würde der Jägerin die nötige Ablenkung liefern.
    Blitzartig schlug eine Woge aus wilder Freude über Buffy zusammen. Sie konnte fast spüren, wie in ihrem Kopf ein Licht anging. Wie der Groschen fiel. Wie die Hintergrundmusik anschwoll, als der Chor einsetzte.
    Wurde auch Zeit, dachte sie.
    Sie verstand nun, warum ihre Mutter überhaupt ein Fotoalbum angelegt hatte. Verstand, was diese jüngere Ausgabe ihrer selbst ihr zu zeigen versuchte.
    Sie war dieses Mädchen, ebenso gut wie all die anderen Buffys. Die Tatsache, dass sie zu etwas herangewachsen war, das keine von ihnen hatte vorhersagen können, bedeutete nicht, dass sie sie verraten, dass sie alle hinter sich lassen musste. Sie hatte sich nicht zu einem Freak, einer Enttäuschung entwickelt.
    Sie war nicht ihre eigene Nemesis. Sie musste nicht gegen sich selbst kämpfen. Nicht der Gegner sein, den sie nie
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