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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen
Autoren: Boje Verlag
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excrucior.
Hassen und lieben zugleich muss ich. – Wie das? Wenn ich’s wüsste!
Aber ich fühl’s, und das Herz möchte zerreißen in mir. ***
     
    Ich ließ die Schriftrolle sinken und sah zu, wie sie sich wieder zusammenrollte. Es war immerhin ein gutes Zeichen, dass er mir eine Schriftrolle geschickt hatte. Vielleicht hätte er nichts gegen meine Pläne einzuwenden, eine Bibliothek zu erbauen, die der unsrigen in Alexandria, die man geplündert hatte, ebenbürtig war. Ich würde sie mit den großen Werken der griechischen und ägyptischen Dichter und Wissenschaftler füllen sowie mit den wunderbaren Schriften der Parther, Chaldäer, Inder und anderer großer Kulturen aus der ganzen Welt. Wenn schon nichts sonst, so sollte das mein Vermächtnis sein. Ich lächelte voller Hoffnung bei diesem Gedanken.
    Draußen vor meinem Zimmer unterhielt sich Zosima angeregt mit jemandem auf Griechisch. Ich seufzte. Der König war wohl das Warten auf mich leid und hatte nun seinen griechisch sprechenden Vertreter geschickt. Ich hoffte, dass meine Punischkenntnisse möglichst schnell wieder aufleben würden, damit wir keinen Übersetzer mehr brauchten.
    Ich holte tief Luft, stand auf, reckte das Kinn in die Höhe und trat aus meinem Zimmer. Im selben Augenblick unterbrach eine vertraute Gestalt mit einem hübschen Gesicht ihre Unterhaltung mit meiner Amme. Mir krampfte sich der Magen zusammen.
    Juba?
    »Was machst du denn hier?«, fragte ich zutiefst überrascht.
    Juba runzelte die Stirn, sein Lächeln schwand. »Wie … wie meinst du das?« Er legte den Kopf ganz leicht schief. »Ich wollte dich sehen. Ich hatte das Warten satt.«
    »Aber was tust du hier in Mauretanien? Verbündet sich Numidien mit Mauretanien? Bist du deswegen hier?«
    Juba sah Zosima an, seine Miene war abwartend und irgendwie besorgt. Mit einem raschen Blick in meine Richtung eilte sie aus dem Raum und schloss die Tür hinter sich.
    Er wandte sich zu mir. »Kleopatra Selene, ist alles in Ordnung mit dir?«
    »Ich verstehe nicht«, sagte ich. Ich war ein wenig orientierungslos – fast so, wie ich mich nach unserer Schiffsreise bei den ersten Schritten an Land gefühlt hatte, bei denen ich auf dem Kai geschwankt hatte, als wäre ich noch immer auf hoher See. »Warum bist du hier? Wo ist der König?«
    »Ich bin der König von Mauretanien«, sagte er.
    »Nein, das bist du nicht. Du bist der König von Numidien ! Deinem Heimatland.«
    Juba machte den Mund auf und schloss ihn wieder. »Hast du denn meine Briefe nicht bekommen über das, was in Numidien geschehen ist?«
    »Livia hat alle Briefe, die für mich bestimmt waren, verbrannt.«
    »Ohne sie zu lesen?«
    Ich zuckte unsicher mit den Schultern. »Und seit etwa zwei Monaten haben wir dann überhaupt keine Post mehr bekommen. Ich hatte angenommen, dass der Krieg die üblichen Transportwege blockiert hatte.«
    Er nickte. »Dann wusste Livia es vermutlich auch nicht, was auch nicht überraschend ist, denn selbst hier in Mauretanien weiß es kaum jemand«, fügte er mit einem wehmütigen Lachen hinzu.
    »Was sollen sie wissen?«
    »Dass Caesar mich aus Numidien nach Mauretanien geschickt und mich zum ersten König hier gemacht hat. Dem Empfang zufolge, den man mir hier bereitet hat – und der, wie ich hinzufügen sollte, nur sehr bescheiden ausgefallen ist –, scheint diese Nachricht auch einen Großteil von Mauretanien noch nicht erreicht zu haben.«
    Ich schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Aber deine Heimat ist doch Numidien …«
    »Lass mich erklären«, sagte er. »Die numidische Oberschicht war froh darüber, dass ich mein rechtmäßiges Erbe antreten wollte, aber der römische Statthalter war, um es vorsichtig auszudrücken, verstimmt. Du kannst dir also vorstellen, dass meine Ankunft in Numidien nicht gerade glatt verlief. Er hat seine Anhänger zu einer Rebellion angestachelt und wir sahen uns fast einem kleinen Bürgerkrieg gegenüber. Caesar hat ihn besänftigt, indem er mich vorübergehend nach Mauretanien geschickt hat. Das alles hat sich erst kürzlich ereignet. Um eine militärische Auseinandersetzung zu vermeiden, ging alles sehr schnell.«
    »Aber Numidien ist deine Heimat, deine wahre Bestimmung …«
    Er lächelte. »Sobald der Statthalter seine Amtszeit dort beendet oder stirbt – was immer zuerst eintritt –, werde ich mein Königreich auf Numidien ausdehnen.« Als ich noch immer nichts sagte, trat Juba von einem Fuß auf den anderen. »Ich war bereit gegen den römischen
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