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Mein neues Leben als Mensch (German Edition)

Mein neues Leben als Mensch (German Edition)

Titel: Mein neues Leben als Mensch (German Edition)
Autoren: Jan Weiler
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vergessen, und dafür kann es nur eine Erklärung geben: Ich werde alt. Genau wie mein Mixer. Ich habe ihn von meiner Mutter geschenkt bekommen, als ich 1990 auszog. Nun ist er knapp zwanzig Jahre alt und krümelt, wie meine empörte Gattin mitteilte. Sie habe den Mixer zur Herstellung einer Mousse au Chocolat verwendet, und dabei seien mikroskopisch kleine weiße Plastikkrümelchen aus den Stecklöchern für die Rührbesen in die Schokoladenpampe gefallen. Der Mixer habe auch stark vibriert. Die Krümel habe ich nicht rausgeschmeckt, genau wie unsere Gäste, denen wir sicherheitshalber nichts davon gesagt haben. Der Mixer befindet sich in einer Art gereontologischanarchistischen Selbstauflösung. Wahrscheinlich wird er eines Tages bloß noch aus einem Stromkabel und einem zitternden roten Schalter bestehen. Der Rest wird in den Pfannekuchenteig plumpsen und verschwinden.
    Man spürt das Alter kommen, wenn man rein rechnerisch nicht mehr für eine Karriere als Leistungssportler in Frage kommt oder bekannte Sportler selber eine gewisse Altersgrenze erreicht haben. Neulich behauptete ein Radioreporter, Jens Lehmann sei ein «Torwart-Methusalem». Dies ist frech, denn Lehmann ist zwei Jahre und zwei Wochen jünger als ich. Außerdem wurde Methusalem neunhundertneunundsechzig Jahre alt, was man Jens Lehmann gönnen, aber nicht wünschen sollte, zumal Methusalem noch bis ins hohe Alter sexuell aktiv war. Dies setzt eine gewisse körperliche Kondition voraus, die Jens Lehmann bereits manchmal abgesprochen wird.
    Wer morgens ein Ei platzen lässt, muss Hirntraining machen. Sara kaufte mir dafür ein Buch.
    Darin steht, man könne sich die Geheimzahl seiner EC-Karte ganz einfach merken, indem man jede einzelne Ziffer mit einem Gegenstand verbände. Die Vier steht demnach für «Auto», weil dies vier Räder habe. Die Acht steht für «Achterbahn», die Sieben für die sieben Zwerge und die Fünf für die fünf Finger der Hand. Muss man sich eine vierstellige Zahl merken, soll man die Begriffe miteinander zu einem Satz verbinden. Aus 4875 wird so: «Das Auto fährt über die Achterbahn mit den sieben Zwergen, und jeder von ihnen hat Zuckerwatte in der Hand.» Kann ich mir unmöglich merken. Wie war das? Die sieben Zwerge essen Zuckerwatte in der Achterbahn und klauen ein Auto? 784? Da fehlt doch eine Zahl. Und wofür steht noch mal die Zuckerwatte? Da merke ich mir doch lieber 4875.
    Es ist hoffnungslos. Woran mag das liegen?
    Vielleicht hat mal jemand die Nummer von Ranga Yogeshwar für mich. Ich merke sie mir dann ganz einfach, nämlich indem ich sie auf einen Zettel notiere. Leider vergesse ich, einen Namen dazuzuschreiben. Eine Woche später schmeiße ich den unbenutzten Zettel weg, weil ich nicht weiß, zu wem die Nummer gehört. Geheimnisse sind generell ausgezeichnet bei mir aufgehoben.

Mein schönstes Ferienerlebnis
    Sind mal wieder in Italien gewesen, mitten in der Familie meiner Frau Sara – und mitten im sommerlichen Lottofieber, das dieses Land fest im Griff hatte. Mein Schwiegervater, Antonio Marcipane, füllte ungezählte Lottoscheine aus und referierte dabei über seine geplanten Investitionen, welche unter anderem einen Springbrunnen für den Garten seines Reihenhauses und neue Schuhe für die ganze Familie umfassten. Ich sollte ebenfalls nicht leer ausgehen, er stellte mir eine Trockenhaube in Aussicht, weil einen so etwas unabhängig mache. Zwar fühle ich mich ohne Trockenhaube nicht abhängiger als mit Trockenhaube, aber man soll nicht undankbar sein. Am Ende ist ihm das Kunststück gelungen, trotz eines erheblichen finanziellen Einsatzes überhaupt gar nichts zu gewinnen, was ihn aber nicht juckte, weil er das Geld von seinem Bruder geliehen habe, es also nicht seins gewesen sei – und da hätte sein Bruder eben Pech im Lotto gehabt.
    Dieser Bruder, Onkel Rafaele, hat eine Tochter, die Pamela heißt und mit Paolo verheiratet ist. Ich glaube, ich habe schon mal davon erzählt. Egal. Die beiden haben sich jedenfalls kürzlich eine Spülmaschine angeschafft, was ihren Alltag aber nicht sonderlich veränderte. Wie die meisten Italiener pflegen sie nämlich die bizarre Angewohnheit, das ganze Geschirr zunächst von Hand zu spülen, um es anschließend blitzsauber in die Spülmaschine zu stellen. Auf meine Frage nach dem Sinn dieses Verfahrens antwortete Pamela lapidar, dass die Spülmaschine auf diese Weise länger hielte.
    Und dann war da noch der Skorpion. Am drittletzten Tag entdeckten wir ihn auf dem
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