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Maechtiger Samstag

Maechtiger Samstag

Titel: Maechtiger Samstag
Autoren: Garth Nix
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so tief.
    »Hi!«, rief das Mädchen. »Erinnern Sie sich noch an mich?«
    Die Putzfrau nickte sprachlos.
    »Ich heiße Blatt. Und Sie?«
    »Vess«, flüsterte die Putzfrau.
    »Dann helfen Sie uns doch mal, Vess! Wir müssen alle ins Bett schaffen, wenigstens für heute Nacht.«
    »Was … was ist mit Doktor Freitag?«
    »Sie ist tot«, sagte Blatt. »Besiegt von Arthur!«
    Sie zeigte hinter sich auf einen gut aussehenden Jungen ihres Alters. Seine Haut strahlte förmlich vor Gesundheit, sein Haar glänzte und seine Zähne waren sehr weiß. Aber das war nicht das Auffallendste an ihm: Er hielt ein Licht in der Hand, einen leuchtenden Stern, in dem die Putzfrau Freitags Spiegel wiedererkannte.
    »Sir!«, stammelte die Putzfrau, fiel aufs Knie und senkte den Kopf. Blatt runzelte die Stirn und drehte sich zu Arthur um, und in diesem Moment sah sie ihn mit neuen Augen.
    »Was ist?«, fragte Arthur. »He, achte drauf, dass sie weitergehen, oder hier hinten gibt’s eine Massenkarambolage!«
    »Entschuldige«, sagte Blatt. Hastig zog sie die vorderste Schläferin – ihre eigene Tante Mango – aus der Reihe und hielt sich an ihrem Arm fest. »Es ist nur … na ja, mir ist gerade klar geworden, dass du … dass du nicht aussiehst wie sonst.«
    Arthur schaute an sich hinab und dann wieder hoch und machte ein verwirrtes Gesicht. »Du warst immer ein bisschen kleiner als ich«, erklärte Blatt. »Du bist mindestens zehn Zentimeter gewachsen und … äh … siehst besser aus.«
    »Echt?«, murmelte Arthur. Vor ein paar Wochen noch wäre er hocherfreut gewesen, das zu hören; jetzt durchfuhr ihn ein unangenehmer Schauder. Er warf einen verstohlenen Blick auf den Krokodilring an seinem Finger, der ihm anzeigte, wie weit sein Fleisch und Blut schon durch Zauberei kontaminiert waren. Aber bevor er ablesen konnte, wie viel von dem Ring bereits von Silber zu Gold geworden war, zwang er sich wegzusehen: Er wollte nicht gerade hier und jetzt erfahren, ob seine Verwandlung in einen Bürger den Punkt überschritten hatte, von dem es kein Zurück gab. In seinem Innern kannte er die Antwort, auch ohne den Ring zu befragen.
    »Das spielt im Augenblick keine Rolle«, sagte er. »Wir sollten uns lieber um diese Menschen kümmern. Wie war noch mal Ihr Name? Vess, wir brauchen Ihre Hilfe, um diese Leute hier wieder ins Bett zu bringen, bitte. Es sind ungefähr zweitausend, und außer Martine und Harrison haben wir keine Unterstützung.«
    »Martine und Harrison?«, rief Vess. »Die hab ich eine Ewigkeit nicht … Ich dachte, sie wären tot!«
    »Martine und Harrison haben … sich um die Schläfer gekümmert, in Lady Freitags Zufluchtsstätte«, klärte Arthur sie auf. »He! Blatt, sie laufen gegen die Tür!«
    Blatt drehte ihre Tante behutsam herum, bis sie mit dem Gesicht zur Wand stand, und sauste nach vorn, um den Türstopper nach unten zu drücken und die vordersten Schläfer, die während der Unterhaltung mit Vess an ihr vorbeigewandelt waren, durch die Tür zu führen. Dann nahm sie einen kleinen Silberkegel aus ihrem Gürtel und hielt ihn an den Mund. Der Kegel war eins der Instrumente, die Freitags Diener benutzt hatten, um die Schläfer zu lenken, und er veränderte Blatts Stimme, sodass sie sich wie Lady Freitag anhörte. Vess zitterte bei dem altbekannten Klang.
    »Geht zu einem leeren Bett und stellt euch daneben!«, befahl Blatt. »Geht zu einem leeren Bett und stellt euch daneben!«
    Die Schläfer gehorchten, neigten aber dazu, hier und da vor einem Bett aneinanderzurempeln und Grüppchen zu bilden, ehe dann einer unmissverständlich am Kopfende Posten bezog; erst dann schlurften die andern weiter. Blatt lief zu ihrer Tante zurück, die sich bei dem Versuch, dem Befehl zu gehorchen und ein Bett zu finden, im Kreis drehte.
    Arthur blieb am Schwimmbecken stehen und wiederholte Blatts Anweisungen für die nachfolgenden Schläfer. Er brauchte keinen Silberkegel, um sich Gehorsam zu verschaffen, wahrscheinlich, weil er den Fünften Schlüssel trug, vielleicht auch, weil die Schläfer auf die Autorität in seiner Stimme reagierten, die ihm als dem Rechtmäßigen Erben der Architektin innewohnte.
    Seinem äußeren Erscheinungsbild nach war Arthur bloß ein Junge, aber er hatte schon fünf treulosen Treuhändern die Schlüssel entwunden. Jetzt herrschte er über den größten Teil des Hauses, das der Mittelpunkt des Universums war. Er hatte das Gefühl, inzwischen viel älter geworden zu sein, auch wenn tatsächlich seit jenem Tag auf
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