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Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Titel: Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch
Autoren: Bettina Belitz
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sie mitsummte. Bestimmt hatte sie mitgesummt.
    Sie hatte nicht gemerkt, dass sich eine sanfte, tiefe Stimme unter ihre legte, wenn sie so selbstvergessen spielte, weil sie nicht ahnen konnte, wer hinter ihr stand und auf sie heruntersah, als sei sie ein Engel und nicht er, die Lider gesenkt, ein leichtes Lächeln auf seinem Mund – einem Mund, den ich geküsst hatte. Ich. Und er hatte es einfach so vergessen.
    Sie ahnte auch nichts von der anderen Gestalt, die beschützend hinter ihr schwebte, und ich wunderte mich, dass ich sie sehen konnte – zwar nur schwach und transparent, aber deutlich genug, um zu erkennen, dass es sich um einen älteren männlichen Wächter handelte. Er trug sein Haar lang und gescheitelt, fast wie Jesus, aber sein Gesicht erinnerte mich an diesen Schauspieler aus der Nespresso-Werbung, der George Clooney seine Kapseln abnahm und das Klavier in der Luft aufhielt, bevor es Clooney auf den Kopf krachen konnte. Ja, genau so sah er aus. Seltsamerweise mochte ich ihn auf Anhieb, obwohl ich von Sky Patrol eigentlich die Nase voll hatte. Und so wusste ich nicht, wen ich ansehen sollte, Lily-Rose, Leander oder diesen gottähnlichen Jesus-Verschnitt.
    Lily-Rose aber wusste es. Sie sah mich an, nur mich, und mir wurde schlagartig bewusst, dass ich keinen Rock mehr trug. Hastig wickelte ich mein Fransentuch von der Stirn, das ich zur Tarnung anbehalten hatte, und band es notdürftig um meine Hüften.
    Doch das änderte nichts an der Angst, die sich in Lily-Rose’ Gesicht gegraben hatte. Sie ließ den roten Stift fallen, mit dem sie eben noch gezeichnet hatte, und stand langsam auf. Im Gegensatz zu mir trug sie einen vernünftigen Rock – einen Sommerrock mit Spitze und dazu verspielte rosafarbene Flipflops, die Mama Entzückensschreie entlockt hätten.
    »Scheiße«, murmelte Serdan. »Scheiße, Scheiße, Scheiße …«
    Ich konnte immer noch nichts sagen. Warum sah Leander mich nicht an? Und warum unternahm dieser Jesus-Verschnitt nichts gegen uns? Die beiden waren Wächter, sie mussten etwas unternehmen! Doch Leander spitzte nur seine Lippen und pustete Lily-Rose sacht in ihren anmutig gebogenen Nacken. Als habe dieser Atemhauch sie zur Besinnung gebracht, begann sie, wie am Spieß zu schreien.
    »Papa! Papa!!!«
    »Luzie …« Serdan versuchte, meine Hand zu nehmen und mich fortzuziehen, doch ich schüttelte seinen Arm ab. Meine Augen hingen an Leander. Noch immer galt seine vollkommene Aufmerksamkeit Lily-Rose. So sah das also aus, wenn er seinen Job ordentlich erledigte, dachte ich und glühende Eifersucht jagte durch meine Brust. Ob er jemals in dieser Vollkommenheit über mich gewacht hatte, mit solcher Hingabe und Gewissenhaftigkeit? Hatte er mir auch mal in den Nacken gepustet, um mich aus meiner Erstarrung zu befreien, wenn Gefahr drohte? Hatte er liebevoll gelächelt über meinen Anblick, nur einen einzigen Tag lang, eine Stunde lang? Nein, das hatte er nicht, weil ich kein Promimädchen war und mich nicht auf Mädchensachen verstand und man mit mir keine Karriere machen konnte.
    »Papa!«, schrie Lily-Rose erneut. Ich hörte, wie sich eilige Schritte näherten. Serdan neben mir schluckte, als würde ihm ein Knochen im Hals querstecken.
    Vielleicht war es wirklich das Klügste, wenn wir abhauten. Leander war hier glücklich. Was wollte ich noch mit ihm? Er beachtete mich überhaupt nicht. Doch dann geschah etwas, was mich so unvorbereitet traf, dass ich nach Luft schnappte. Der Jesus-Verschnitt neben Leander löste seine Augen von Lily-Rose, schaute mich direkt an und – grinste. Anders konnte man es nicht bezeichnen. Er grinste, ein wissendes, amüsiertes und ermunterndes Grinsen. Wusste er etwa, dass ich ihn sehen konnte? Oder war das alles ein gigantischer Zufall? Er neigte den Kopf und deutete auf sein Herz, als wolle er mir sagen, dass ich daran denken sollte. An mein Herz – ein Herz, das soeben in zwei Teile zerfetzt worden war, weil ich Leander noch nie so glücklich gesehen hatte. Aber dieses Glück schmerzte mich nicht nur, weil ich eifersüchtig war, sondern auch, weil ich wusste, dass es nicht lange andauern würde. Noch waren die Cherubims nicht hier gewesen, aber sie würden kommen, dieses Mal würden sie ernst machen. Was brachte es Leander, wenn ich ihn bei Johnny in Frankreich lassen würde? Nichts. Vielleicht noch ein, zwei Stunden mit Lily-Rose, bevor Nathan und Clarissa ihn ins Verderben schickten.
    Ich konnte fühlen, dass er seinen Körper noch hatte, denn er sah
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