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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller
Autoren: Hundert Jahre Zaertlichkeit
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Presbyterianerinnen
bleiben?« murmelte er. »Sie können da drinnen schlafen.« Er deutete auf die
Zelle, und Elisabeth erschauerte. »Am Morgen nehmen wir Verbindung mit Ihrer
Familie auf.«
    Sie
zitterte, ging jedoch gehorsam in die Zelle. Zwei schlaflose Stunden folgten,
in denen Elisabeth abwechselnd
darauf wartete, daß Jonathan zur Tür hereingestürmt kam,
und weinte, weil sie sicher war, daß ihn das zwanzigste Jahrhundert nie wieder
hergeben würde.
    Sie wurde
von Sorgen gequält, wie er zurechtkam und ob er und
Trista verletzt waren. Wenn sie nun Schmerzen litten? Oder vielleicht gar
nicht im zwanzigsten Jahrhundert
waren, sondern an irgendeinem seltsamen Ort irgendwo dazwischen? Wenn sie
schlimmstenfalls doch in dem Feuer gestorben waren und man ihre Überreste nur
nicht gefunden hatte?
    Der Marshal
kam wieder, als die Sonne schon schien, und brachte ihr ein häßliches braunes
Kattunkleid.
    »Das können
Sie anziehen«, sagte er. »Sieht so aus, als würden Sie eine Weile bei uns
bleiben. Jons Haushälterin hat in
dem Teil des Hauses, der nicht gebrannt hat, einige Familienpapiere gefunden.
Ich habe ein Telegramm an Barbaras Familie geschickt, drüben in Massachusetts.
Sie haben mir gekabelt, daß sie nie eine Tochter namens Lizzie hatten.«
    Elisabeth
spürte Panik in sich hochsteigen, aber irgendwie schaffte sie es, ihre Stimme
ruhig zu halten. »Wahrscheinlich habe ich noch Glück, daß ich nicht um 1600
gelandet bin«, meinte sie, während sie das Kleid anzog. »Wahrscheinlich hätte
man mich als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt.«
    »Ich wäre
an Ihrer Stelle vorsichtig mit dem, was ich sage«, riet Farley. »Die Leute hier
haben nicht viel für Hexen übrig.«
    »Wessen
werde ich beschuldigt?« fragte sie, als Farley zum Ofen ging. »Sie können
niemanden einen Mord anhängen, wenn es keine Leichen gibt.«
    Farley
betrachtete sie verwirrt. »Was macht Sie so sicher, daß wir keine ...
Überreste gefunden haben?«
    Die
Wahrheit würde er ihr nie abnehmen. »Ich weiß es einfach.«
    Der Marshal
betrachtete sie nüchtern. »Was haben Sie mit ihnen gemacht? In den Brunnen
geworfen? In den Fluß?«
    Sie
breitete die Arme aus, und das schreckliche braune Kleid verschluckte sie
praktisch. »Sehe ich groß genug aus, um einen Mann wie Jonathan überwältigen
zu können?«
    Farley hob
eine Augenbraue. »Sie könnten ihn vergiftet oder ihm einen Schlag auf den Kopf
versetzt haben. Und was das Beseitigen der Leichen angeht, da könnten Sie einen
Komplizen gehabt haben.«
    Elisabeth
zuckte innerlich zusammen, weil sie sich denken konnte, daß die Leute in der
Stadt irgendeine Version dieser Geschichte glauben würden. Dennoch mußte sie
wenigstens versuchen, ihre Haut zu retten. »Welches Motiv sollte ich denn
gehabt haben?«
    »Welches
Motiv hatten Sie denn, bezüglich Ihrer Herkunft zu lügen?« konterte Farley. »Ich
wette, Sie haben auch Jonathan belogen. Er hat sie bei sich aufgenommen, und
als Dank haben Sie ...«
    »Jonathan
weiß, wer ich bin«, unterbrach sie ihn. »Es war seine Idee, den Leuten zu
sagen, ich wäre Barbaras Schwester.«
    »Unglücklicherweise
haben wir dafür nur Ihr Wort.« Seine Hände umspannten die Gitterstäbe. »Was
haben Sie mit Dr.
Fortner und seinem kleinen Mädchen gemacht?«
    Sie wich
von den Gitterstäben zurück, weil Farley plötzlich wild aussah. »Verdammt, ich
habe mit ihnen gar nichts gemacht«, flüsterte sie. »Für mich sind Jonathan und
Trista die wichtigsten Menschen auf der Welt.«
    Der Marshal
warf ihr noch einen finsteren Blick zu und ging hinaus.
    Elisabeth
ließ sich niedergeschlagen auf die Pritsche sinken, stützte den Kopf in die Hände
und flüsterte: »Jonathan, wo bist du?«

Kapitel 15
    In der zweiten Juliwoche kam der Richter
in die Stadt, der Elisabeths Prozeß führen sollte. Bis zu dieser Zeit hatte sie
alle Hoffnung verloren, Jonathan und Trista wiederzusehen. Die Leute in der
Stadt wollten Elisabeths Hinrichtung, und selbst ihr Verteidiger machte ihr
klar, daß er lieber die Anklage vertreten hätte.
    Wäre es
nicht um das Kind gegangen, das sie unter dem Herzen trug, hätte Elisabeth das
Sterben kaum etwas ausgemacht. Immerhin befand sie sich in einem fremden
Jahrhundert, praktisch von allen getrennt, die ihr etwas bedeuteten, und selbst
wenn sie freigesprochen werden sollte, würde sie immer eine Ausgestoßene sein.
    Aber
wahrscheinlich würde man sie verurteilen.
    Sie dachte
an ihr unschuldiges Baby, als sie in den stickigen
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