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Lichthaus Kaltgestellt

Lichthaus Kaltgestellt

Titel: Lichthaus Kaltgestellt
Autoren: Paul Walz
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zurück. Schweißperlen glitzerten auf seiner Glatze.
    »Sie haben ja gar keine Ränder unter den Augen? Ich dachte, das wäre so bei jungen Vätern.« Sie grinsten sich breit an.
    »Das kommt erst, wenn ihr mir hier den Tag verderbt.«
    »Ich hab da noch was für Sie.« Er öffnete die Schreibtischschublade und zog einen kleinen, in Zellophan verpackten Teddy hervor.
    »Für die Tochter. Herzlichen Glückwunsch.« Er schaute Lichthaus lächelnd an. Dieser war verblüfft. Als er vor drei Jahren vom LKA in Mainz hergekommen war, hatte Steinrausch ihn nicht spontan zu seinem Freund erklärt. Das entsprach aber der allgemeinen Stimmung. Eigentlich alle empfingen ihn mehr oder weniger reserviert, wohl auch weil sie insgeheim bereits eine Stellenvergabe vorgenommen hatten: Karl-Heinz Marx hatte sich als Chef gesehen, Steinrausch als sein Stellvertreter. Die beiden stellten ihn anfangs auf eine harte Probe, indem sie seine Arbeit behinderten. Erst seit Scherer zum Team gestoßen war, konnte er positive Ergebnisse vorlegen. Mit der Zeit formierte sich dann um Lichthaus ein Kernteam, dem sich auch Steinrausch vor einiger Zeit angeschlossen hatte – sehr zum Missfallen seines ehemaligen Vertrauten Marx, der mittlerweile nur noch seiner Pensionierung entgegenfieberte. Der Teddy war Steinrauschs erste persönliche Geste.
    »Herzlichen Dank.« Lichthaus war verlegen, freute sich aber sehr über das Geschenk.
    »Die Drogensache«, lenkte Steinrausch ab, »steht still. Die Kollegen in Luxemburg haben keine Infos zu einem neuen Transport, und unter uns gesagt, ich glaube, da sind jetzt alle in Ferien und niemand hängt sich so richtig rein.«
    Lichthaus winkte ab. Er hatte den komplizierten Fall bewusst auf Steinrausch übertragen. Dessen ungelenkes Auftreten war nur Fassade, dahinter verbarg sich ein Ermittler mit außerordentlichen Fähigkeiten. Wenn er auf der Stelle trat, konnte auch kein anderer etwas ausrichten.
    »Dann warten wir ab. Eben ist übrigens eine Vermisstenanzeige reingekommen. Ich möchte, dass wir uns des Falls annehmen. Um zwölf Uhr machen wir eine Besprechung.«
    Steinrausch nickte und Lichthaus ging grüßend hinaus. Anschließend musste er zu einem Gespräch zu Kriminaldirektor Müller. Lichthaus hatte seinen neuen Chef ein erstes Mal gesehen und augenblicklich gehasst. Nach drei Jahren in Trier wusste er auch, warum. Der Kriminaldirektor war ein Behördenhengst, der Kosten und Erfolge, nicht aber die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter im Blick hatte. Außerdem tyrannisierte er fast jeden, der in seiner Abteilung war. Er wies mehrfach sicher geglaubte Beförderungen oder Lehrgänge ab, legte Dienste auf Familienfeiern und weigerte sich dann, einem Tausch zuzustimmen. Oft bestellte er die Kollegen auch zum Rapport und konfrontierte sie mit diffusen Vorwürfen, die er nie belegte, aber zur Drohkulisse aufbauschte.
    Jetzt saß Müller hinter seinem Schreibtisch und dozierte über irgendeine uninteressante Arbeitsanweisung, die nicht eingehalten worden war. Lichthaus hörte nur mit halbem Ohr zu. Müller war ein hagerer Mann von Anfang sechzig. Er trug meistens ein weißes Hemd mit Krawatte. So auch heute. Wenn er sprach oder wie so oft zu Beginn eines Satzes hüstelte, fuhr sein Adamsapfel Aufzug, auf und ab. Das Haar war nur wenig grau und noch erstaunlich voll. Nur an der Stirn zeigten sich leichte Ecken. Auf der schmalen Nase über dem dünnlippigen Mund saß zu weit vorgerutscht seine große metallgefasste Brille, durch die er sein Gegenüber mit froschkalten Augen musterte. Claudia nannte ihn nur Eichmann, weil er sie an Hitlers gewissenlosen Bürokraten erinnerte. Seine Stimme klang heiser, so als ob er den Stimmbruch nie wirklich überwunden hätte.
    »Wir bekommen Ersatz für Marx.«
    »Das geht aber schnell. Noch bevor er pensioniert ist? Sonst lassen die uns doch immer ewig warten.«
    »Eine Kollegin, Hauptkommissarin Sophie Erdmann wird hierher versetzt.«
    »Etwa die Erdmann?«
    Müller nickte. »Ja, die Frau Erdmann. Aus Mainz. Der Fall ist Ihnen ja bekannt.«
    Lichthaus stöhnte. »Na, toll. Hoffentlich geht das gut.«
    Der Skandal bei der Mainzer Polizei hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt: Sophie Erdmann hatte sich mit Bogdan Skoitovich eingelassen, der wegen seiner Verbindungen zur Drogenszene vom Landeskriminalamt beschattet wurde. Und angeblich hatte sie diesen Typen über Interna informiert. Zu allem Überfluss waren einer Boulevardzeitung auch noch Fotos von ihr und Skoitovich
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