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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land
Autoren: Patricia Shaw
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Belastungen zusammengebrochen waren und sich erschossen hatten. »Ich bin sicher nicht der Einzige hier, der so etwas schon einmal aus nächster Nähe erleben musste.«
    Es heißt immer, diese hätten in einem Zustand geistiger Verwirrung Selbstmord begangen. Mrs. Price jedoch hat sich gewehrt. Sie gab nicht auf: Irgendetwas tief in ihr kämpfte weiter. Sie war allein im Wasser, dem Ertrinken nahe, und niemand war da, um ihr zu helfen.
    Mrs. Price kann sich an ihre Tat nicht erinnern. Kein Wunder, sie stand unter Schock. Normalerweise würde es ihr nie in den Sinn kommen, auf jemanden zu schießen, doch sie hatte gerade erst von den nichtswürdigen Aktivitäten ihres Mannes erfahren.
    »Befand sie sich in einem Zustand geistiger Verwirrung, als sie diese Tag beging?«, fragte er schließlich. »Ja. So ist es. Meine Mandantin ist nicht die Dämonin, zu der sie die Anklage so gerne machen möchte …«
    George seufzte. Also Wahnsinn. Die arme Thora. Was sollte nun aus ihr werden? Man würde sie nie wieder freilassen.
    »Befand sie sich in einem Zustand geistiger Verwirrung? Ja«, fuhr Conway fort. »Kein Wunder, denn sie wurde in diese Verwirrung hineingetrieben. Sie können ihr nicht noch weiteres Leid zufügen, denn Mrs. Price ist nicht schuldig.«
    Ein Raunen ging durch den Saal. Der Verteidiger konzentrierte sich weiterhin nur auf die Geschworenen. »Sie wurde zu einer Tat getrieben, an die sie sich kaum noch erinnern kann. Sie ist von tiefer Reue erfüllt. Ihr Ehemann wurde verletzt, weiß aber, dass auch seine Frau tief verletzt wurde. Sie haben ihn gehört, meine Herren. Er selbst weist ihr keine Schuld zu, nein, er bittet sie stattdessen um Vergebung. Endlich bricht sich das Ehrgefühl Bahn! Das war ein erhebender Augenblick! Denken Sie daran zurück, wenn Sie sich beraten, denn ich bitte Sie um Vergebung für Mrs. Price. Das Ansehen der Gesellschaft steht auf dem Spiel. Folgen Sie Ihrem eigenen Ehrgefühl, und vergeben Sie Mrs. Price, denn sie ist keine Verbrecherin, sondern ein Opfer. Sie können nicht eine Frau für schuldig erklären, die unter der Last ihrer Probleme zusammengebrochen ist. Sie müssen Mitleid zeigen. Das Urteil muss ›nicht schuldig‹ lauten.«
     
    Als Clem und Thora sich wiedersahen, spürte selbst der wackere George einen Kloß im Hals. Er hatte Clem in die Kaserne begleitet, wo Thora die Entscheidung der Geschworenen und damit ihr Schicksal erwartete.
    Ihrer beider Schicksal
, dachte George, als Clem seine Frau in die Arme nahm. Beide waren dem Zusammenbruch nahe und klammerten sich aneinander fest. George verließ mit der Wache zusammen die Zelle und blieb verlegen vor der offenen Tür stehen. Ihm fiel nichts ein, worüber er mit dem fremden Mann hätte sprechen können, und er machte sich Gedanken über das bevorstehende Urteil.
    Als er sich umschaute, sah er die beiden vor dem vergitterten Fenster stehen, schweigend, vorübergehend sicher in den Armen des anderen. George seufzte. Es waren schon zu viele Worte gefallen.
    Beim Verlassen des Gerichtsgebäudes war Lil Cornish nervös auf Clem zugegangen. »Es tut mir sehr leid, Mr. Price. Wirklich.«
    »Danke«, murmelte er und wollte weitergehen, doch sie hielt ihn zurück.
    »Ich möchte bei Gelegenheit mit Ihnen sprechen.«
    »Worüber?«
    »Über Lydia.«
    »Ihr geht es gut, Mrs. Cornish. Machen Sie sich keine Sorgen.«
    »Ich weiß. Wir müssen uns dennoch unterhalten.«
    »Jetzt nicht«, erwiderte er zornig und stieß sie beiseite. George sah neue Wolken am Horizont aufziehen. Würde dieser Alptraum je ein Ende nehmen?
     
    »Thora hält sich besser, als ich dachte«, sagte George zu Clem, als sie aus dem finsteren Gemäuer in das gleißende Sonnenlicht traten.
    »Ich weiß nicht, wie sie da drin überlebt hat«, stöhnte Clem.
    »Sie hat es noch immer nicht ganz begriffen«, warnte ihn George, doch Clem schien ihn nicht zu hören. Forbes hatte George erzählt, dass sie dem Gericht ein medizinisches Gutachten vorgelegt hatten, um zu verhindern, dass Thora in den Zeugenstand gerufen wurde, denn sie waren sich ihrer Aussage keineswegs sicher.
    »Sie ist nicht berechnend«, hatte der Anwalt gesagt, »und könnte sich eben deshalb noch tiefer hineinreiten.«
    »Sie wäre ohnehin zusammengebrochen«, meinte George. »Sie weint so viel, dass sie es gar nicht durchgestanden hätte.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher. Mrs. Price hat ab und an noch Anfälle von Geistesabwesenheit, und es wäre sicher nicht von Vorteil gewesen,
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