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Kabale und Liebe

Kabale und Liebe

Titel: Kabale und Liebe
Autoren: Friedrich Schiller
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Der erste Puls dieser Leidenschaft!—Auf dem unberührten Clavier der erste einweihende Silberton—Nichts ist verführender—Setz dich, ich bin dir gut, liebes Mädchen—Und auch er liebt zum ersten Mal—Was Wunder, wenn sich die Strahlen eines Morgenroths finden? (Sehr freundlich und ihre Hand ergreifend.) Es bleibt dabei, ich will dein Glück machen, Liebe—Nichts, nichts als die süße, frühe verfliegende Träumerei. (Luisen auf die Wange klopfend.) Meine Sophie heirathet. Du sollst ihre Stelle haben—Sechzehn Jahr! Es kann nicht von Dauer sein.
    Luise (küßt ihr ehrerbietig die Hand). Ich danke für diese Gnade,
Milady, als wenn ich sie annehmen dürfte.
    Lady (in Entrüstung zurückfallend). Man sehe die große Dame!—Sonst wissen sich Jungfern Ihrer Herkunft noch glücklich, wenn sie Herrschaften finden—Wo will denn Sie hinaus, meine Kostbare? Sind diese Finger zur Arbeit zu niedlich? Ist es Ihr Bischen Gesicht, worauf Sie so trotzig thut?
    Luise. Mein Gesicht, gnädige Frau, gehört mir so wenig, als meine
Herkunft.
    Lady. Oder glaubt Sie vielleicht, das werde nimmer ein Ende nehmen?—Armes Geschöpf, wer dir das in den Kopf setzte—mag er sein, wer er will—er hat euch Beide zum Besten gehabt. Diese Wangen sind nicht im Feuer vergoldet. Was dir dein Spiegel für massiv und ewig verkauft, ist nur ein dünner, angeflogener Goldschaum, der deinem Anbeter über kurz oder lang in der Hand bleiben muß—Was werden wir dann machen?
    Luise. Den Anbeter bedauern, Milady, der einen Demant kaufte, weil er in Gold schien gefaßt zu sein.
    Lady (ohne darauf achten zu wollen). Ein Mädchen von Ihren Jahren hat immer zween Spiegel zugleich, den wahren und ihren Bewunderer—die gefällige Geschmeidigkeit des letztern macht die rauhe Offenherzigkeit des erstern wieder gut. Der eine rügt eine häßliche Blatternarbe. Weit gefehlt, sagt der andere, es ist ein Grübchen der Grazien. Ihr guten Kinder glaubt jenem nur, was euch dieser gesagt hat, hüpft von einem zum andern, bis ihr zuletzt die Aussagen beider verwechselt—Warum begaffen Sie mich so?
    Luise. Verzeihen Sie, gnädige Frau—Ich war so eben im Begriff, diesen prächtig blitzenden Rubin zu beweinen, der es nicht wissen muß, daß seine Besitzerin so scharf wider Eitelkeit eifert.
    Lady (erröthend). Keinen Seitensprung, Lose!—Wenn es nicht die
Promessen Ihrer Gestalt sind, was in der Welt könnte Sie abhalten,
einen Stand zu erwählen, der der einzige ist, wo Sie Manieren und
Welt lernen kann, der einzige ist, wo Sie sich Ihrer bürgerlichen
Vorurtheile entledigen kann?
    Luise. Auch meiner bürgerlichen Unschuld, Milady?
    Lady. Läppischer Einwurf! Der ausgelassenste Bube ist zu verzagt, uns etwas Beschimpfendes zuzumuthen, wenn wir ihm nicht selbst ermunternd entgegen gehn. Zeige Sie, wer Sie ist. Gebe Sie sich Ehre und Würde, und ich sage Ihrer Jugend für alle Versuchung gut.
    Luise. Erlauben Sie, gnädige Frau, daß ich mich unterstehe, daran zu zweifeln. Die Paläste gewisser Damen sind oft die Freistätten der frechsten Ergötzlichkeit. Wer sollte der Tochter des armen Geigers den Heldenmuth zutrauen, den Heldenmuth, mitten in die Pest sich zu werfen und doch dabei vor der Vergiftung zu schaudern? Wer sollte sich träumen lassen, daß Lady Milford ihrem Gewissen einen ewigen Skorpion halte, daß sie Geldsummen aufwende, um den Vortheil zu haben, jeden Augenblick schamroth zu werden?—Ich bin offenherzig, gnädige Frau—Würde Sie mein Anblick ergötzen, wenn Sie einem Vergnügen entgegen gingen? Würden Sie ihn ertragen, wenn Sie zurückkämen?—O besser, besser, Sie lassen Himmelsstriche uns trennen—Sie lassen Meere zwischen uns fließen!—Sehen Sie sich wohl für, Milady—Stunden der Nüchternheit, Augenblicke der Erschöpfung könnten sich melden—Schlangen der Reue könnten Ihren Busen anfallen, und nun—welche Folter für Sie, im Gesicht Ihres Dienstmädchens die heitre Ruhe zu lesen, womit die Unschuld ein reines Herz zu belohnen pflegt. (Sie tritt einen Schritt zurück.) Noch einmal, gnädige Frau. Ich bitte sehr um Vergebung.
    Lady (in großer innrer Bewegung herumgehend). Unerträglich, daß sie mir das sagt! Unerträglicher, daß sie Recht hat! (Zu Luisen tretend und ihr starr in die Augen sehend.) Mädchen, du wirst mich nicht überlisten. So warm sprechen Meinungen nicht. Hinter diesen Maximen lauert ein feurigeres Interessen, das dir meine Dienste besonders abscheulich malt—das dein Gespräch so erhitzte—das ich
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