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Irrweg Grundeinkommen

Irrweg Grundeinkommen

Titel: Irrweg Grundeinkommen
Autoren: Volker Meinhardt und Dieter Vesper Friederike Spiecker Heiner Flassbeck
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den besagten Widerspruch natürlich auch andersherum aufzulösen versuchen und nach einem anderen Wirtschaftssystem Ausschau halten, das sich als demokratie-kompatibler als die Marktwirtschaft erweist. Doch fündig wird man seit dem Untergang des real existierenden Sozialismus derzeit offenbar nicht. Dass die Ideen zum Grundeinkommen hier ebenfalls keine neuen Wege weisen, dazu weiter unten mehr.
    Beantwortet man die Frage nach der Zwangsläufigkeit der gesellschaftlichen Spaltung durch Marktprozesse mit nein, wie das die Autoren dieses Buches tun, bedarf es der Analyse, warumdiese Entwicklung dennoch de facto so gekommen ist und ob und wie sie wieder abgestellt werden kann. Wäre eine andere, nämlich von vornherein »gleichere« Primäreinkommensverteilung auch unter den Bedingungen der Globalisierung systemkonform oder für das System Marktwirtschaft sogar notwendig, dann läge hier der Schlüssel zur Lösung der Armutsprobleme. Dann stünde es um die Dringlichkeit der Armutsbekämpfung durch staatliche Umverteilung ganz anders. Und dann würden sich auch die Vorwürfe, unser bisheriges Umverteilungssystem habe sich überlebt, da es nicht mehr finanzierbar sei, sehr stark relativieren.
    Da auch die Finanzierung jeder Variante des Grundeinkommens letzten Endes auf dem beruht, was produziert wird, ist es reine Augenwischerei zu behaupten, man habe eine Art »dritten Weg« gefunden, die Bedürfnisse der von den Märkten Benachteiligten in Einklang zu bringen mit den Ergebnissen ebendieser Märkte. Die Schwerkraft kann niemand per Beschluss abstellen, und auch die grundlegende Budgetrestriktion des Wirtschaftens, dass nur verbraucht werden kann, was produziert worden ist, lässt sich nicht mit schlaraffenlandähnlichen Ideen außer Kraft setzen, egal, wem die Früchte dieser Ideen zugedacht sind.
    Es spricht jedoch nichts dagegen, die oft beherrschende Stellung der »Marktkräfte« in unserem Denken zu hinterfragen. Die Budgetrestriktion zu beachten erfordert nicht, sich über ihr Zustandekommen und ihre konkrete Höhe keine Gedanken zu machen. Allzu oft wird vergessen, dass Marktergebnisse selbst zu erheblichen Teilen Ergebnisse politischer Entscheidungen und keinesfalls Folgen eines unabänderlichen Naturgesetzes sind. Denn die Wirtschaftspolitik setzt mit der Ordnungspolitik den institutionellen Rahmen für die Märkte und wirkt mit der Lohn-, Fiskal- und Geldpolitik massiv auf die Abläufe innerhalb der Märkte ein. Wie die Wirtschaftspolitik besser – und zwar vor allem besser im Sinne der Armen in unserer Gesellschaft und im Sinne des Erhalts unserer Demokratie – auf diese Marktergebnisse einwirken kann und dringend sollte und wie sie es nicht tun kann, darum geht es in diesem Buch.

2   Das Grundeinkommen
    Ansätze eines bedingungslosen Grundeinkommens
    In der öffentlichen Diskussion werden unter dem Begriff »Grundeinkommen« ganz unterschiedlich motivierte und sehr verschieden konstruierte Ansätze verstanden. Undifferenziert werden Bürgergeld, Grundsicherung und (bedingungsloses) Grundeinkommen in einen Topf geworfen. Zudem werden leicht modifizierte, als solche aber nur schwer erkennbare Hartz-VI-Ansätze zu den Grundeinkommensmodellen hinzugezählt. Eine präzise Definition ist daher notwendig, will man die Grundprinzipien dieser Vorschläge vorstellen und auf ihre Vor- und Nachteile hin untersuchen.
    Unter einem sozialen Absicherungssystem mit einem bedingungslosen Grundeinkommen wird ein System verstanden, in dem alle Menschen eines Staates Anspruch auf eine monetäre Leistung haben, die folgende Kriterien erfüllt: 3
    1. Die Höhe der Leistung muss existenzsichernd sein.
    2. Es besteht ein individueller Rechtsanspruch auf sie.
    3. Es erfolgt keine Überprüfung der Bedürftigkeit.
    4. Es besteht kein Zwang zur Arbeit.
    Ein großer Teil der Modelle eines Grundeinkommens, die in der Bundesrepublik Deutschland diskutiert werden, ist nach diesen Kriterien nicht als »bedingungslos« zu bezeichnen. Eine Zusammenstellung der diversen Ansätze ergibt 24 Modelle, zwölf davonwerden nach Ronald Blaschke zu der Gruppe der bedingungslosen Grundeinkommensmodelle gezählt. Allerdings erfüllen nur drei Modelle die oben genannten Kriterien vollständig. Blaschke unterstellt mittels Berechnungen auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und der Ausgaben für Unterkunft, dass die Mindesthöhe für die Existenzsicherung derzeit 850 Euro pro Monat beträgt. Modelle, die die oben genannten
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