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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis
Autoren: Cay Rademacher
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mir seltsam zu klingen,
     ganz leise und gar nicht menschlich. Stumm betete ich zum HERRN, dass er
     uns behüten möge. Ich sah einen Schatten am Rande einer
     Seitenkapelle.
    »Halt!«, schrie
     ich da, sprang auf und hob den eisernen Haken. Ein Fauchen antwortete mir,
     eine rasche Bewegung, ein Schatten - dann war nichts mehr zu sehen.
    Es war nur eine große
     schwarze Katze gewesen, ein Tier des Satans. Mein Herz schlug mir im
     Halse, Schweiß klebte auf meiner Haut. »Wir müssen
     weitersuchen!«, keuchte ich.
    Doch so genau Lea und ich
     auch jede Kapelle und jeden Altar, jede Pforte und jeden Winkel
     erkundeten: Wir fanden nichts, das den Verschwörern als Versteck hätte
     dienen können. Nach wohl einer Stunde - es dunkelte schon und die
     Gewitterwand, die sich quälend langsam der Stadt näherte, stand
     endlich drohend über uns am Himmel - gaben wir die Suche im Innern
     auf.
    Wir gingen nun draußen
     um die Kathedrale und wagten uns ins steinerne Dickicht der Strebepfeiler
     und Filialen, welches die Chorkapellen umhüllte. Es waren dies die
     Verstecke der Schönfrauen und ich musste unweigerlich an Jacquette
     denken.   
    Allerdings war hier kein sündiges
     Weib mehr, kein Bettler, überhaupt kein lebendes Wesen war mehr zu
     sehen. Nur Tote auch hier, doch war mein Blick schon so abgestumpft, dass
     ich nicht einmal mehr genau hinsah.
    Schließlich standen wir
     wieder vor dem Portal unter der prachtvollen, steinernen Rosette, und
     sahen uns ratlos und verzweifelt an. »Wo mögen sich die Verschwörer
     verstecken?«, fragte ich. Da gab GOTT Lea ein Zeichen.
    Denn sie blickte nach oben,
     da sie fürchtete, dass es gleich aus den düsteren Wolken regnen
     würde.
    »Seht, Bruder Ranulf!«,
     rief sie da und deutete in den Himmel. Und dann bemerkte auch ich das
     Zeichen SEINES Zorns: Am finsteren Himmel kreisten wohl einhundert Raben.
     In großen Zirkeln flogen sie um die Kathedrale, als wären sie
     ruhelose Seelen, die noch an die Kirche gekettet waren. Wir sahen ihnen
     schreckensstarr zu, dann erkannten wir, dass sie um den südlichen
     Turm kreisten. Immer wieder stieß einer der schwarzen Vögel
     dort durch die steinernen Bögen ins Innere. Andere kamen heraus und
     flatterten davon, mit Fetzen im Schnabel. Ich konnte nicht sehen, was die
     Raben dort raubten — doch ich konnte es mir denken. »Dort oben
     liegen Tote«, flüsterte Lea. »Hinauf in den Turm!«,
     rief ich.                  
    *
    Wir eilten wieder hinein in
     die Kathedrale, wandten uns dort nach rechts und fanden eine Pforte. Als
     wir sie öffneten, entdeckten wir eine schmale, steinerne
     Wendeltreppe, die sich im rechten Turm der Kathedrale nach oben wand. Da
     keine der Fackeln, die in den eisernen Halterungen steckten, mehr brannte
     und nur ein paar schmale Fenster in großen Abständen in die Wände
     eingelassen waren, drang nur wenig Licht ins Innere. Wir mussten
     vorsichtig sein, dass wir nicht stürzten und uns die Glieder brachen.
    Trotzdem rannte ich so rasch
     nach oben, wie es meine Kräfte zuließen. Den Schürhaken
     hielt ich umklammert. Lea folgte mir dichtauf. Irgendwann, vielleicht auf
     halber Höhe des Turms, hielten wir inne, um Atem zu schöpfen.
     Auch nutzte ich die kurze Pause, um zu lauschen.
    Nichts. Im Treppenhaus selbst
     schien alles still - so glaubte ich zumindest, denn draußen kündigte
     sich das Gewitter nun in Böen an, welche in unregelmäßigen
     Abständen um den Turm heulten und es mir schwer machten, ungewöhnliche
     Geräusche auszumachen. Ich konnte die gewundene Treppe nur einige
     Stufen weit hinaufsehen, sodass sich weiter oben eine Hundertschaft
     Landsknechte hätte verstecken können, ohne dass ich sie gewahrt
     hätte. Vorsichtiger schlichen wir weiter. So gelangten wir in einen
     überwölbten Raum, der zur Linken eine offene Pforte aufwies. Sie
     führte zur Galerie hinaus, die in schwindelnder Höhe die beiden
     Türme miteinander verband. Ich spähte kurz hinaus, da ich
     glaubte, dort einen entweichenden Schatten gesehen zu haben. Doch
     entdeckte ich niemanden auf dem schmalen, steinernen Gang. Nur ein paar
     Raben flatterten auf und krächzten böse. Selbst hinaustreten
     oder gar bis zum anderen Turm gehen wollte ich allerdings nicht —
     aus Angst, dass jemand, der sich oben unter der Spitze verbarg, mich auf
     dieser Galerie entdecken mochte.
    Ich atmete tief durch —
     denn nun konnte, wer immer dort oben sein mochte, mir nicht
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