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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
Autoren: Anne Holt
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nicht gerade vorteilhaft.
    Der Schock hatte sich gelegt, und sie empfand statt dessen eine steigende Irritation.
    Es war wirklich ein ungeheuer unpassender Zeitpunkt zum Sterben. Ihr paßte es jedenfalls überhaupt nicht.
    Das braune Velourskleid war da ja wohl gut genug.

Samstag, 5. April 1997
    0.50, vor der Odins gate 3
    Der Redakteur würde zwar stocksauer darauf reagieren, daß sie gegangen war, aber das spielte keine Rolle. Sie wollte nicht verraten, was sie sich bei der ganzen Sache dachte. Das war ihre Angelegenheit. Ihr Fall. Falls es denn ein Fall war.
    »Something in the way he moves, tells me na-na-nana-na-na-na«, summte sie leise und zufrieden vor sich hin.
    In Benjamin Grindes Wohnung brannte jedenfalls kein Licht. Natürlich konnte das auch bedeuten, daß er schlief. Andererseits schlief jetzt im Königreich Norwegen vermutlich kaum jemand, es war Freitagnacht, und der Mord an Ministerpräsidentin Birgitte Volter hatte wie eine Atombombe eingeschlagen. Im Fernsehen liefen stündliche Sondersendungen, obwohl es im Grunde nur wenig zu berichten gab. Die Sendungen bestanden vor allem aus nichtssagenden Kommentaren und Nachrufen, denen anzumerken war, daß Birgitte Volter ihr Amt erst vor sechs Monaten angetreten hatte, weshalb das Material nicht abrufbereit in den Redaktionen lag.
    Sie schaute sich nach allen Seiten um und überquerte die Straße. Die Wagen standen am Bürgersteig so dicht hintereinander, daß sie sich nicht zwischen einem Volvo und einem BMW hindurchquetschen konnte und schließlich kehrtmachen mußte, um anderswo eine etwas größere Lücke zu suchen.
    Irgend etwas stimmte nicht mit dem Schloß der Haustür in der Odins gate 3. Oder mit der Tür, die sich nicht richtig schließen ließ; das Türblatt schien sich verzogen zu haben. Hervorragend. Dann würde sie nirgendwo klingeln müssen. Vorsichtig öffnete sie die schwere, massive Holztür und betrat das Haus.
    Im überraschend großen Hausflur roch es nach Mörtel und Putzmitteln, ein Fahrrad war vor der Kellertür am Treppengeländer angeschlossen. Das Treppenhaus war gut in Schuß und elegant, mit gelben Wänden und einer grünen Zierleiste, und die ursprünglichen Bleiglasfenster über den Treppenabsätzen waren noch erhalten.
    Auf halber Höhe der zweiten Treppe blieb sie stehen.
    Stimmen. Leise Stimmen, die einen Dialog führten. Leises Lachen.
    Erstaunlich schnell zog sie sich zur Wand zurück und segnete das Schicksal, das ihr gerade an diesem Abend lautlose Ecco-Schuhe beschert hatte. Sie ging weiter nach oben, drückte sich dabei jedoch so dicht wie möglich an der Wand entlang.
    Auf der Treppe saßen zwei Männer. Zwei uniformierte Polizisten. Sie saßen genau vor Benjamin Grindes Wohnung.
    Sie hatte recht gehabt.
    So vorsichtig, wie sie gekommen war, schlich sie wieder nach unten. Vor der defekten Haustür zog sie ein Mobiltelefon aus ihrem Mantel. Sie wählte eine der wertvolleren Nummern aus ihrer Liste. Die Nummer von Hauptkommissar Konrad Storskog, einem durch und durch unsympathischen Streber von fünfunddreißig Jahren. Sie wußte als einzige, daß er mit zweiundzwanzig Jahren den Wagen seiner Eltern zu Schrott gefahren hatte, mit einem Alkoholpegel, der nie gemessen worden war, jedoch zweifellos knapp unter drei Promille gelegen hatte. Sie hatte in dem Auto hinter seinem gesessen, es war dunkel gewesen und die Straße menschenleer, und sie hatte die Eltern informiert, die auf bemerkenswerte Weise die Situation und die Karriere des jungen Polizisten gerettet hatten. Liten Lettvik hatte das alles zur späteren Verwendung archiviert und niemals bereut, damals vor dreizehn Jahren ihre Pflichten als Staatsbürgerin vernachlässigt zu haben.
    »Storskog«, meldete sich am anderen Ende eine harte Stimme; auch Storskog benutzte ein Mobiltelefon.
    »Hallo, Konrad, altes Haus«, grinste Liten Lettvik. »Viel zu tun heute nacht?«
    Schweigen.
    »Hallo? Hörst du mich?«
    Es rauschte nicht, und sie wußte, daß er am anderen Ende war.
    »Konrad, Konrad«, sagte sie nachsichtig. »Spiel jetzt nicht den Spröden.«
    »Was willst du?«
    »Nur die Antwort auf eine winzigkleine Frage.«
    »Und die wäre? Ich hab verdammt viel zu tun.«
    »Ist Richter Benjamin Grinde zur Zeit bei euch?«
    Abermals Schweigen.
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte er nach einer langen Pause.
    »Unsinn. Natürlich hast du eine Ahnung. Sag einfach ja oder nein, Konrad. Ja oder nein.«
    »Warum sollte er hier sein?«
    »Wenn er nicht bei euch ist, handelt es
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