Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual
Autoren: Adam Nevill
Vom Netzwerk:
hätte die Auseinandersetzung ihn nicht weiter berührt, wandte Dom sich jetzt, genau wie Hutch, wieder dem Haus zu. Er lachte sogar vor sich hin. »Das würde dir wohl gefallen, einem strammen Jungen im Wald den Hintern zu bearbeiten. «
    »Genau. Und ich würde so weit ausholen, dass ich dich mit der Rückhand gleich mit erwische.«
    »Es ist kein Schloss dran, aber die Tür klemmt«, sagte Phil.

    Hutch setzte seinen Rucksack ab. »Nicht mehr lange. Geh mal zur Seite.«
    Luke nahm eine Zigarette aus dem Päckchen, das er in die Seitentasche seiner durchnässten Regenhose gesteckt hatte. Seine Hände zitterten. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um die Situation genauer zu analysieren, aber er konnte einfach nicht anders. Er konnte nicht aufhören, über sich und seine Freunde nachzudenken. Das lag vor allem daran, dass diese Reise ein völliger Fehlschlag war. Nicht nur wegen des Wetters. Er wäre auch hierher gekommen, wenn er gewusst hätte, dass es jeden Tag regnet. Er war sofort begeistert gewesen, als es hieß, sie würden zusammen eine Wanderung unternehmen, und hatte sich die ganzen sechs Monate, seit sie auf Hutchs Hochzeitsfeier den Plan ausgeheckt hatten, darauf gefreut. Leider war die Reise ab dem Moment schiefgelaufen, als er gemerkt hatte, dass die anderen gar nicht so waren, wie er erwartet hatte. Er fragte sich ernsthaft, ob er sie jemals wirklich gekannt hatte. Fünfzehn Jahre waren eine lange Zeit, aber ein Teil von ihm klammerte sich immer noch an den Gedanken, dass dies doch seine besten Freunde waren.
    In Wahrheit war er ganz allein hier draußen. Mit den anderen hatte er überhaupt nichts mehr gemeinsam.

6
    Als die Tür endlich auf war, durchsuchten Dom, Phil und Hutch ihre Rucksäcke nach Taschenlampen. Durch das Loch, das Hutch in das Holz getreten hatte, indem er mit den dicken Sohlen seiner Stiefel rund um den eisernen Türgriff hämmerte, war nichts zu sehen.
    Bei jedem Tritt gegen das splitternde Holz war Luke zusammengezuckt. Der Gedanke, diese Hütte aufzubrechen, machte ihn nervös. Sein Unwillen, sich zu den anderen vor der Tür zu gesellen, wurde noch verstärkt durch seine schlechte Laune nach der Auseinandersetzung mit Dom, was ihm nun wiederum lächerlich erschien. Aber er schämte sich auch für den Akt des Vandalismus. Er blieb auf der Wiese vor dem Haus im Regen stehen, während die anderen sich vor der Tür versammelten und sich gegenseitig anfeuerten.
    Genau wie die anderen drei war er vollkommen erschöpft. Außerdem komplett durchnässt, schrecklich hungrig und in elender Stimmung. Er wollte einfach, dass das alles aufhörte – das quälende Herumlaufen, der Regen, der unangenehme düstere Wald –, aber er wollte dennoch nicht, dass es auf die Zerstörung fremden Eigentums hinauslief. An einem Ort, der irgendwie unheimlich wirkte. Hatten sie denn gut darüber nachgedacht? Diese Hütte war nur wenige Kilometer von dem Kadaver im
Baum entfernt. Von diesem Ding, auf das sie sich keinen Reim machen konnten, vor dem sie aber vor Einbruch der Nacht so weit wie möglich entfernt sein sollten.
    Die Urteilskraft jedes Einzelnen war längst gestört. Nichts, was gesagt wurde, war noch vertrauenswürdig. Dennoch würde nichts vergessen oder vergeben werden.
    Ganz langsam bewegte Luke sich auf das uralte Haus zu. Dabei hörte er ihre Stimmen. Sie waren jetzt im Inneren und redeten alle durcheinander. Einer lachte. Phil. Luke warf seine Zigarette ins Gestrüpp und überlegte, ob er zu ihnen gehen sollte; es war sicher besser, sich wieder der Gemeinschaft anzuschließen.
    Ein lautes Krachen ertönte hinter ihm. Ein ungeheures Splittern von Holz. Inmitten der Bäume.
    Er wirbelte herum und starrte die Wand aus dunklem Holz an, aus der sie gerade gekommen waren. Abgesehen von den silbrigen Regentropfen, die aus den Bäumen auf das chaotisch wuchernde Unterholz zwischen den dicken Stämmen tropften, bewegte sich nichts. Aber das laute, gewaltsame Zersplittern von frischem Holz hallte noch in seinen Ohren wider. Die Spur eines Echos, ein hohles Dröhnen wie von einem Stein, der gegen die Stämme pochte, schien sich in der Weite des Waldes zu verlieren.
    Was konnte das gewesen sein, das einen ganzen Baum zum Zersplittern brachte? Irgendwo dort im Dickicht, nicht weit entfernt, glaubte er, die blassen zerschlissenen Fasern sehen zu können, die aus der Borke eines dicken umgeknickten Stammes ragten. Abgerissen von einem tiefschwarzen mächtigen Baum wie ein Arm vom Torso eines
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher